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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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ohne Rückfrage Genüge getan werden.«
    Das war mir neu. »Oha. Das ist ja wie eine Generalvollmacht. Da rieseln die Banknoten wie aus einer Quelle. Wenn das wirklich jemand so angeordnet hat, dann steht der jetzt aber im Regen. Wer war es denn?«
    »Daran will sich niemand erinnern. Aber es könnte sich lohnen, da nachzubohren.« Damit drehte er sich weg, nicht ohne mir zuvor ein Auge zugekniffen zu haben. Er ging leicht gebeugt und schlurfte etwas. Komischer Typ, dachte ich.
    Als er außer Sicht war, war mein Kaffee kalt. Ich stellte den Becher in die Mikrowelle, um die Brühe wieder auf Temperatur zu bringen. Irgendwie misstraute ich Gies. Ich musste mehr über den Kerl herausbekommen. Und dass er mit den Phönix-Typen verbandelt war, gefiel mir ganz und gar nicht.
    In meiner Mailbox fand ich die Pressemitteilung von Polizei und Staatsanwaltschaft zum Tod von Jessica Brühl vor. Kleist hatte schnell gearbeitet. Ich überflog die Fakten.
    Jessica Brühl war achtundvierzig Jahre alt geworden und von Verwandten identifiziert worden. Über Todesursache und Todeszeitpunkt gab es keine Angaben, die Obduktion war erst für den Abend angesetzt: Die Leiche befand sich im Stadium fortgeschrittener Verwesung. Deshalb hat die Mordkommission einen forensischen Entomologen des Landeskriminalamtes um Amtshilfe gebeten.
    Interessant, dachte ich. Kriminalbiologie war zurzeit sehr modern. Jede Woche flimmerten einschlägige amerikanischen Serien auf den Mattscheiben – meistens waren es junge, schöne Frauen, die – durchgestylt wie Models – ihre Befriedigung darin fanden, in vergammeltem Fleisch herumzuwühlen. Keine von ihnen verzog jemals eine Miene wegen des Geruchs. Vermutlich waren sie alle bei Jack Klugman in die Schule gegangen, der mit Quincy die Welt auf das Thema Gerichtsmedizin vorbereitet hatte.
    Durch die Entscheidung, einen Entomologen anzufordern, hatte Kleist die nationalen Medien aufgeschreckt. Ich musste aufpassen, dass mir niemand mein Revier streitig machte.
    Eine Stunde später hatte ich meinen Artikel fertig. Er war betont sachlich gehalten und warf zum Schluss folgende Frage auf:

    Ob Jessica B.s Tod etwas mit ihrer Stellung als Sachbearbeiterin im Büro des Oberbürgermeisters zu tun hat – darüber kann derzeit nur spekuliert werden. Es gibt amtsinterne Ermittlungen gegen die Tote. Sie wird verdächtigt, Geld unterschlagen zu haben, um ihre Kokainsucht zu finanzieren. Jessica B. war vor zwei Wochen vom Dienst suspendiert worden.
    Jansen begutachtete den Artikel und hatte nichts auszusetzen. »Da kommt noch einiges auf uns zu«, prophezeite er. »Bierstadt wird nach der Kommunalwahl nicht mehr so sein, wie es mal war.«
    »Wäre ja vielleicht gar nicht schlecht«, meinte ich. »Auch wenn die Alternative zum sozialdemokratischen Filz nicht sehr prickelnd ist. Und jetzt muss ich nach Hause – ich habe noch was vor.«
    »Aha. Bekommst du Besuch?«
    »Nein. Ich habe aus der Papiertonne der Brühl ein bisschen Altpapier mitgehen lassen – das schaue ich noch durch.«
    »Bezahle ich dich nicht anständig? Musst du schon im Abfall wühlen?«
    Ich zeigte ihm mein süßestes Lächeln. »Darüber reden wir ein andermal. Es handelte sich um eine haptische Recherche. Man gönnt sich ja sonst nix.«
    Papier ist so geduldig wie das Fernsehen
    Das Regionalmagazin des Fernsehens brachte am Abend einen kurzen Bericht über Jessica Brühls Tod. Die Staatsanwältin wurde im Blitzlichtgewitter interviewt, doch sie sagte nichts, was über den Inhalt der Pressemitteilung hinausging. Neben ihr stand Friedemann Kleist, doch er hielt sich im Hintergrund. Wieder grummelte es warm in meinem Magen.
    Ich schaltete die Kiste ab, zog die Papierfetzen aus meiner Handtasche und verteilte sie auf dem Esstisch. Reklame und anderes sinnloses Zeug sortierte ich aus, Papiertaschentücher mit Blutflecken fasste ich mit einer Pinzette an und deponierte sie in einem Plastikbeutel. Jessica Brühl hatte wohl häufiger Nasenbluten gehabt – bei Koksern war das üblich, weil die Droge die Nasenscheidewände angriff.
    Übrig blieben zerrissene Belege über Auszahlungen der Stadtkasse an das Amt des Oberbürgermeisters. Es waren erkennbar die Durchschriften für den Empfänger des Geldes. Nach einer Weile hatte ich einige der Zettel zusammengesetzt. Jetzt wurde es spannend. Es handelte sich um relativ kleine Summen: Unter einem Datum von vor drei Monaten gab es ein Hundert-Euro-Geldgeschenk an Hermine Klein, wohnhaft in einem städtischen
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