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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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Affäre mit dem Chefermittler. Also beste Voraussetzungen für eine heiße Story. Warum hat die BILD dann die bessere Geschichte?«
    »Ich horche meine Freunde nicht aus«, sagte ich lahm. »Und die Leiche hab ich zwar entdeckt, aber nie gesehen. Und darüber bin ich sogar froh. Und jetzt hör auf, meine Arbeit an der BILD-Zeitung zu messen.«
    »Grappa! Es geht nicht um den Schreibstil! Woher weiß die Frau das mit den Fotos auf dem Handy? Von deinem Freund vielleicht?«
    »Frag sie doch selbst«, blaffte ich. »Kleist hat es ihr nicht erzählt – da bin ich mir sicher. Vielleicht hat sie andere Kontakte ins Präsidium. Ich werde mich heute um die Obduktionsergebnisse kümmern und mit dem Kriminalbiologen reden.«
    »Dann pass auf, dass die Grandi nicht wieder schneller ist als du«, sagte mein Chef.

    Meine Laune war am Boden. Jansens Kritik hatte mich gekränkt. Ich gab zu, dass Grandis Artikel munter und frech geschrieben war und für Aufsehen sorgen würde. Drogen- und Sexpartys – festgehalten auf einem Foto-Handy.
    Ich rief Kleist an. »Gibt es dieses Handy wirklich, von dem die BILD-Tussi geschrieben hat?«
    »Ja.«
    »Und woher weiß die das?«, fragte ich leicht angesäuert.
    »Maria, ich habe keine Ahnung.«
    »Ich hab mich jedenfalls schwarz geärgert. Du scheinst eine undichte Stelle in deiner Truppe zu haben. Was ist auf den Bildern zu sehen?«
    »Das kann ich dir nicht sagen. Das weißt du doch!«
    »Herzlichen Dank, Herr Dr. Kleist«, schnippte ich. »Dann werde ich mal die Pressestelle anrufen.«
    »Manchmal steht dir dein Sarkasmus nicht. Ich bedaure sehr, dass Frau Grandi nicht zurückhaltender war.« Ich atmete durch. »Du kennst die Frau?«
    »Ich kenne alle Journalisten, die sich mit Mordfällen befassen.«
    »Aha. Und wie gut kennst du diese spezielle Journalistin?«
    Er lachte. »Nicht so gut wie dich. Bist du etwa eifersüchtig?«
    »Eifersucht? Was ist das?«
    »Ein unschönes und zerstörerisches Gefühl«, antwortete er. »Wollen wir heute Abend zusammen essen? Ich bestelle einen Tisch und hole dich ab.«

    Ich grummelte vor mich hin. Vielleicht machte ich den Job schon zu lange, um ihn gut zu machen. War mein Elan verbraucht? Sah ich den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr?
    Auf dem Weg zur Kaffeeküche bemerkte ich Simon Harras, der in der Raucherklause stand. Der Verlag hatte im Flur einen Glaskäfig aufstellen lassen, der über ein Absaugrohr entlüftet wurde. Leider nur unzureichend. Der Qualm zog trotzdem durch den Gang. Es roch wie im Raucherraum des Betriebsrestaurants von Reemtsma.
    Harras drückte die Kippe aus und folgte mir in die Küche. Sein Pullover war mal wieder waffenscheinpflichtig: ein unglaublich wirres Gemenge von Farben und Formen.
    »Wie isses?«, fragte er.
    Jetzt imitierte er auch noch die Bäckerin!
    »Muss.«
    I Stay In Love … Aus dem Radio triefte der Song von Mariah Carey.
    »Mach dir nichts draus«, meinte er.
    »Wovon redest du?«
    »Milva Grandi. Die Neue bei der BILD.«
    »Keine Sorge, meine Leiche lebt noch«, meinte ich. »Und ein blindes Huhn wie Frau Grandi findet auch mal ein Korn.«
    »Klasse, dass du es so locker siehst«, grinste er. »Nur die Harten kommen in den Garten.«
    »Ich bin Profi.«
    Der Kaffee schmeckte bitter. Ich hatte ihn zu stark aufgebrüht.
    »Wenn du mal reden willst, sag Bescheid«, bot Simon an. »Ich hab immer ein Ohr für dich.«
    Verbreitete ich eine so schwache Aura, dass der im Ernst meinte, ich müsste mich an seiner Schulter ausweinen? Wütend goss ich den ungenießbaren Kaffee in den Ausguss und ließ Simon stehen. Aber meine Tür schloss ich lautlos.
    Eine Fliege kommt selten allein
    Das Gespräch mit dem Kriminalbiologen brachte mich auf andere Gedanken, obwohl es letztendlich nur ein telefonischer Grundkurs über den Lebenszyklus der Schmeißfliege war. Seine Ergebnisse wollte mir der Mann nicht verraten. Er verwies darauf, dass die Staatsanwaltschaft gerade dabei war, seine Stellungnahme zu veröffentlichen. Und wirklich erhielt ich eine Stunde später eine E-Mail. Das wichtigste Resultat: Jessica Brühl war vor etwa zwei Wochen erwürgt worden. Der Kriminalbiologe hatte den Todeszeitpunkt trotz des Zustandes der Leiche einigermaßen genau bestimmen können.
    Auszüge aus seinem Gutachten waren der Pressemitteilung beigefügt. Mir war bis dahin nicht klar gewesen, wie schnell sich Insekten auf totem Fleisch niederließen.
    Schmeißfliegen sind die ersten. Sie legen ihre Eier schon fünfzehn Minuten nach dem Tod
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