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Die Legende der Wächter 8: Die Flucht

Die Legende der Wächter 8: Die Flucht

Titel: Die Legende der Wächter 8: Die Flucht
Autoren: Katharina Orgaß
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Doch auch dieser Wunsch würde so schnell nicht in Erfüllung gehen, das war Nyroc klar. Zufriedenheit und Glück würden ihm erst vergönnt sein, wenn er seine Aufgabe erfüllt hatte. Aber wie lautete sie eigentlich? Seit er die Reinen verlassen hatte, war so viel passiert, dass ihm alles wie ein wirrer Traum vorkam. Das Feuer im Wald von Silberschleier – todbringend und zugleich wunderschön. So schön, dass Nyroc, der in den Flammen zu lesen verstand, dem Feuerbann erlegen war. Die Flammen hatten ihn eingeschlossen, aber er konnte die Flügel nicht mehr bewegen. Erst im letzten Augenblick hatten sie ihm wieder gehorcht und er hatte sich retten können. Ein Name hatte den Bann gebrochen, ein Name, den er schon einmal im Traum vernommen hatte. Es war der Name einer Eule: „Otulissa“. Nyroc kannte keine Otulissa. Trotzdem wusste er, dass sie eine Fleckenkäuzin sein musste.
    Nachdem er den Flammen entkommen war, hatte sich eine Geisterschnabel-Eule zu ihm gesellt und ihn zu einem seltsamen Wald geführt. Nyroc hatte sich immer vor Geisterschnäbeln gefürchtet, aber diese Geistereule meinte es gut mit ihm, das hatte er gleich gespürt. Sie war ebenfalls eine Fleckenkäuzin, aber deutlich älter als die geheimnisvolle Otulissa aus seinem Traum. Nyroc und die Geisterkäuzin hatten sich auf einem Baum mit silberweißer Rinde niedergelassen. Der Baum stand auf einer Landzunge, die ins Hoolemeer hinausragte. Noch nie war Nyroc dem Großen Ga’Hoole-Baum so nah gewesen. Am liebsten wäre er sofort zur Insel Hoole hinübergeflogen, aber die Geisterkäuzin hatte gemeint, er müsse vorher noch eine Aufgabe erfüllen. Leider hatte sie sich in Luft aufgelöst, bevor Nyroc sie nach dem Inhalt der Aufgabe fragen konnte.
    Wo war er eigentlich? Er war ungefähr eine halbe Stunde geflogen. Als er über seinen Steuerbordflügel nach unten schaute, erblickte er einen Wald. Dieser war nicht so prächtig wie der Silberschleier-Wald, aber er gefiel Nyroc trotzdem. Es gab viele verschiedene Baumarten und der Boden war von dickem leuchtend grünem Moos bedeckt. Bestimmt gab es in den Bäumen zahlreiche Höhlen. Nyroc hatte es gründlich satt, sich in morschen Baumstümpfen oder Erdlöchern zu verkriechen. Er wollte auch nicht mehr in einer Felsspalte wohnen wie mit seiner Mutter Nyra. Er sehnte sich nach einer Höhle hoch oben in einer Baumkrone. Er wollte den Himmel sehen und das Laub im Wind rauschen hören. Er würde seine neue Höhle mit Moos auspolstern, am besten mit Hasenohr-Moos, denn das war am weichsten. Danach würde er endlich auf die Jagd fliegen wie alle anderen Eulen. Er würde seine Beute in seine gemütliche Höhle tragen und in aller Ruhe verzehren.
    Nyroc hatte den Schnabel voll davon, sich vor den Häschern seiner Mutter verstecken zu müssen. Er wollte nicht mehr tagsüber jagen. Und er wollte sich nicht länger von anderen Eulen fernhalten, nur weil er seinen überall verhassten Eltern wie aus dem Gesicht geschnitten war.
    Er war jetzt erwachsen. Er war stark, klug und mutig. Er würde den anderen Eulen gegenübertreten und ihnen erklären, dass er ganz anders war als seine Eltern.
    Eins nach dem anderen , dachte er. Ich will mich nicht vor meiner Aufgabe drücken, wie immer sie lauten mag. Aber erst einmal brauche ich einen Unterschlupf.
    Unter sich sah er eine Gruppe Tannen. Er hatte gehört, dass es in Tannenstämmen oftmals geräumige Höhlen gab. Er kreiste und hielt Ausschau nach einem geeigneten Baum. Doch als er zum Sinkflug ansetzte, kamen drei riesige Eulen direkt auf ihn zugeflogen. Nyroc wurde es flau im Magen. Die drei waren Bartkäuze. Sie gehörten zu den größten Eulen und galten als besonders kampfeslustig. Ein Bartkauz war es auch gewesen, der Nyrocs Vater getötet hatte.
    „Wie heißt du?“, fragte der vorderste Bartkauz knapp, als er und seine Begleiter in Hörweite waren.
    „Nyr…“ Nyroc hatte noch nicht ausgesprochen, da rief der zweite Bartkauz schon: „Was habe ich dir gesagt, Silberfeder? Er ist es! Er sieht genauso aus wie seine Mutter. Er hat sogar die gleiche Narbe im Gesicht!“
    Glaux, hilf! , dachte Nyroc bang.
    „Verschwinde und lass dich hier nie wieder blicken!“, rief der dritte Bartkauz. Doch er und seine beiden Gefährten kreisten Nyroc so dicht ein, dass der junge Schleiereulerich gar nicht wegfliegen konnte.
    „Ich will euch nichts Böses. Ich bin allein hier“, versicherte Nyroc ihnen.
    „Dein Glück!“, lautete die barsche Entgegnung. „Es heißt, deine
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