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Grappas Gespuer Fuer Schnee

Titel: Grappas Gespuer Fuer Schnee
Autoren: Gabriella Wollenhaupt
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und Frankreich.«
    »Ab und zu mal ein Grappa ist auch okay«, lachte Nagel.
    Nach dieser Kurzlektion über Politik durch den OB rief ich bei den Grünen an. Fraktionssprecher Moritz Ritter-Mensch war gewillt, mit mir zu reden, aber nicht am Telefon. Er lud mich zu einem Kräutertee ins Fraktionsbüro.

    Das Bierstädter Rathaus lag mitten in der Stadt – ein fast quadratischer Block aus rosa Stein. Eine breite Treppe führte in die Halle. Von dort aus konnte man in den Himmel sehen, denn das Dach war aus Glas. Neben dem Eingangsportal thronten die Pförtner und Pförtnerinnen. Sie gaben Auskünfte und hatten den Überblick, wer hier ein und aus ging.
    In der ersten Etage hatte der Oberbürgermeister seine Büros – umzingelt von den Geschäftsräumen der Ratsfraktionen. Die Zimmer wurden ihnen entsprechend der Mitgliederzahl zugeteilt. Noch hatten die Sozialdemokraten die meisten Sitze im Stadtparlament, gefolgt von der CDU. Da die Sozis nicht allein regieren konnten, hatten sie eine Koalition mit den Grünen gebildet. Die FDP arbeitete mit der Bürgerliste zusammen. Dann gab es noch ein paar Ratsmitglieder, die den Linken und einer rechtsradikalen Splittergruppe angehörten, die mit viel Lärm um Aufmerksamkeit buhlte.
    Zurzeit kämpften die Rechten gegen die Errichtung eines Minaretts im Bierstädter Norden. Die Typen nannten solche Gebäude ›orientalische Machtsymbolik‹ und verteufelten die Islamisierung.
    Hinter der Informationstheke im Rathaus saß ein einzelner Mann – vertieft in eine Illustrierte.
    »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte er mich mit prüfendem Blick.
    »Zu den Grünen. Ich kenne den Weg.«
    Ich verschwendete keine Worte und nahm die Freitreppe nach oben.
    Ritter-Mensch erwartete mich schon. Das Tee-Ei war auf den Grund der Kanne gesunken. Es duftete nach Pfefferminze.
    »Mal ehrlich«, begann ich. »Warum lasst ihr euch von Madig gegen den OB aufhetzen? Habt ihr denn gar kein Rückgrat mehr?«
    Ritter-Mensch nippte an seinem Tee. Dann lächelte er schräg. »Wer sagt denn so was?«
    »Nagel.«
    »Nagel spinnt. Der soll lieber mal seinen Laden in Ordnung halten.«
    »Worauf spielst du an?«
    Ich kannte Moritz Ritter-Mensch schon seit ein paar Jahren. Seine Frisur ähnelte der Haartracht des Struwwelpeters – auch die Farbe passte.
    »Was ist da nebenan los?« Ich deutete mit dem Kinn in die Himmelsrichtung, in der die Büros des Oberbürgermeisters lagen.
    »Na ja, das ist so …«, dehnte der Grüne.
    »Nun sag schon!«, drängelte ich.
    »Es gibt im OB-Büro eine Frau. Die ist für die Repräsentationsaufgaben von Nagel zuständig. Also – Bewirtungskosten, Blumengebinde für Gesellschaften oder hundertjährige Geburtstage, Geschenke für offizielle Anlässe und so weiter. Die holt sich das Geld dafür direkt bei der Stadtkasse ab.«
    »Na, und?«
    »Im Büro gibt es auch einen Mann.«
    »Ach was! Das ist ja ein Hammer!«, grinste ich. »Ein Mann!«
    »Dieser Mann ist Mitglied bei den Grünen«, erklärte er. »Er ist ein Kollege von Frau Brühl.«
    »Die Frau heißt Brühl?«
    »Jessica Brühl. Und unser Mann hat sich gewundert, dass Frau Brühl auch dann Geld bei der Stadtkasse geholt hat, wenn sie krank oder in Urlaub war. Er hat sie darauf angesprochen.«
    »Und was hat das Ganze mit Kokain zu tun?« Ich war leicht verwirrt.
    »Warte ab. Der Kollege hat seine Beobachtung dem Rechnungsprüfungsamt gemeldet. Die haben erste Ermittlungen aufgenommen. Frau Brühl wurde befragt.«
    Moritz schenkte mir eine weitere Tasse Tee ein.
    »Sie ist zusammengebrochen und hat gestanden, Bewilligungen und Belege gefälscht zu haben. Sie sei kokainsüchtig und habe das Geld gebraucht, um das Zeug zu kaufen.«
    »Hat denn niemand die Geldgeschäfte kontrolliert?«, fragte ich.
    »Offenbar nicht. Sonst wäre es ja aufgefallen.«
    »Und um wie viel tausend Euro geht es da?«, fragte ich.
    Ritter-Mensch grinste. »Keine Ahnung! Die Rechnungsprüfer untersuchen die Sache noch. Und die Brühl ist seit einer Woche beurlaubt.«
    Mehr wusste er nicht – auch nicht, ob die Polizei eingeschaltet worden war. Immerhin hatte ich den Namen der Frau erfahren. Ihre Adresse herauszubekommen, würde kein Problem sein.
    Fliegen lügen nicht
    Jessica Brühl wohnte im Westen der Stadt. Das Mehrfamilienhaus war ein dunkelgraues, renovierungsbedürftiges Ungetüm. Vor dem Gebäude gab es immerhin einen schmalen Streifen Grün mit abgeblühten Beetrosen.
    Der Eingang befand sich seitlich am Haus. Ich betrachtete die
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