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Schach mit einem Vampir

Schach mit einem Vampir

Titel: Schach mit einem Vampir
Autoren: D Krüger
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Die riesigen Hochhaustürme Manhattans zu beiden Seiten der Fahrbahn wirkten auf FBI Special Agent Josef Harris wie die Seitenwände einer riesigen Schlucht, in deren tiefem Abgrund er sich mit seinem Wagen fortbewegte. Die Straßenbeleuchtung und einige Neonreklamen erhellten die Nacht. Je weiter der Wagen aus der Mitte der Insel in Richtung Norden raste, umso mehr nahm die Höhe der Hochhäuser ab und die hellen Reklametafeln wurden spärlicher. Hätte er in einem Hubschrauber gesessen und einen Blick zurück nach Süden geworfen, so hätte er die gewaltigen Wolkenkratzer am Südende Manhattans sehen können, das Markenzeichen New Yorks. Doch von seinem Wagen aus nahm er nur Wände aus Stein und Beton wahr. Der Verkehr war zu dieser späten Stunde dünn gesät. Der Fahrer des Einsatzfahrzeugs, ein Nachkomme schwarzafrikanischer Sklaven, wischte sich mit einer fahrigen Bewegung den Schweiß von seiner Stirn. Die Hitze zu dieser Jahreszeit war unerträglich. Eine Hitzewelle hatte New York mit ihrer ganzen Wucht getroffen und behielt die Stadt fest im Griff. Tagsüber erreichten die Temperaturen die Vierzig-grad-Marke. Und selbst jetzt, um drei Uhr nachts, fiel das Thermometer nicht unter achtundzwanzig Grad Celsius. Und die Wetteraussichten für die nächsten Tage verhießen auch keine großartige Abkühlung.
    Verdammte Hitze! , schoss ein Gedanke durch den Kopf des fünfunddreißigjährigen, sportlichen Singles. Sein strenger Blick und seine harten Gesichtszüge wiesen ihn als gradlinigen, kompromisslosen Menschen mit eisernem Willen aus. Harris war ein Vollblutkriminologe. Und als FBI-Agent verfuhr er treu nach dem Motto der Bundesbehörde: Fidelity, Bravery, Integrity – Treue, Mut, Rechtschaffenheit. Doch in diesem Moment verfluchte er seine Tätigkeit als Gesetzeshüter.
    Warum werden nur so viele Menschen in der Nacht getötet? Auch ein Special Agent braucht seinen Schlaf! Er zog aus seiner leichten Anzughose ein Stofftaschentuch und rubbelte sich den Schweiß aus seinem kurzen, lockigen Haar. Dann wischte er sich über sein Gesicht und trocknete seinenschmalen Oberlippenbart. Diese Handlung lief nebensächlich ab, ohne Harris von seiner primären Tätigkeit, dem Fahren, abzulenken. Er steuerte den Ford Crown Victoria mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit die 57te Straße hinunter, um sein Ziel, den Tatort eines Mordfalls, zu erreichen. Der graue Stoff des Taschentuchs war mittlerweile so vom Schweiß durchnässt, dass es keine große Hilfe mehr leisten konnte, die Haut zu trocknen. Harris warf den nassen Lappen in den Fußraum der Beifahrerseite und fluchte leise, denn ausgerechnet bei der größten Hitze des Jahres hatte die Klimaanlage des Einsatzfahrzeugs ihren Geist aufgegeben. Harris rann nun der Schweiß unaufhaltsam an Schläfen und Körper hinunter. Aber war daran nur die starke Hitze des ungewöhnlich heißen Sommers schuld, oder war es nicht vielmehr darauf zurückzuführen, dass Harris vor gut einer halben Stunde zu Hause eine Nachricht erhalten hatte, die seinen Herzschlag beschleunigte und ihn sofort hellwach aus seinem Bett springen ließ? Der Afroamerikaner überholte geschickt ein Taxi. Der gelbe Wagen hupte daraufhin und der Fahrer drohte Harris wütend mit seiner Faust, die er ruckartig aus dem Fenster stieß und seinen Mittelfinger zeigte. Wie konnte der Mann auch wissen, dass in dem zivilen Crown Victoria, der ihn soeben mit einem wahnsinnigen Tempo überholt hatte, ein Bundesbeamter im Einsatz saß und kein waghalsiger Raser oder ein Betrunkener den Wagen steuerte. Denn nichts wies äußerlich an dem Einsatzfahrzeug auf die Tatsache hin, dass dieses zum Fuhrpark des FBI gehörte. Außerdem hatte Harris darauf verzichtet, das Rotblaulicht sowie die Sirene einzuschalten. Zu dieser Uhrzeit waren die Straßen der riesigen City relativ leer. Viele Menschen schliefen. Auch wenn die Riesenmetropole niemals richtig zur Ruhe kam, so war das nächtliche Verkehrsaufkommen doch im Vergleich zum Tage extrem gering. Dann stand man mehr auf den Straßen, als dass man fuhr. Doch nun konnte Harris seinen Wagen gut durch den dünnen Verkehr manövrieren, ohne die Aufmerksamkeit der New Yorker Bevölkerung unnötig durch das Sirenengeheul und das flackernde Rotblaulichtauf sich zu lenken. Harris schlug das Lenkrad ein und bog mit quietschenden Reifen in die Amsterdam ein. Sein Ziel war ein Gebäudekomplex an der Nord-Westseite Manhattans. Genau genommen befand sich das Haus an der 190ten Straße,
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