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Jäger der Nacht (German Edition)

Jäger der Nacht (German Edition)

Titel: Jäger der Nacht (German Edition)
Autoren: Nalini Singh
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Wahnsinn
    Geisteskrankheit.
    Vor Silentium war das die Haupttodesursache für V-Mediale.
    Vom Wahnsinn in den Tod getrieben. So sah damals die raue Wirklichkeit für einige V-Mediale aus. Sie verloren sich in den Zukunftsbildern, die ihnen ihr Geist vorgaukelt e – vergaßen zu essen, zu trinken, und in extremen Fällen vergaßen sie sogar, ihr Herz weiterschlagen zu lassen. Denn der Verstand bestimmt das Leben der Medialen, und wenn sie den verlieren, versagen auch ihre Körperfunktionen.
    Und die Toten hatten noch Glück gehabt. Wer unter dem Druck der Visionen zusammengebrochen war, aber dennoch überlebte, hatte keinerlei Empfindungen mehr, nichts, was einer Empfindung auch nur entfernt ähnlich war. Er war in einer Welt eingeschlossen, in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ständig aufeinanderprallten und in tausend Stücke zersprangen. Und wie die Zeit zerbrach auch der Verstand der Medialen.
    Überraschenderweise herrschte jedoch unter den V-Medialen keine Einigkeit in Bezug auf die Einführung von Silentium. Einige glaubten, es wäre ein Geschenk, nichts mehr zu fühlen, denn dann könnten ihnen die grässlichen Trugbilder ihres Verstandes nicht mehr gefährlich werden, müssten sie nicht mehr fürchten, dem Wahnsinn zu verfalle n … wären endlich in Sicherheit. Andere hielten Silentium für einen Verrat an ihren ureigensten Gaben. Als mitfühlende Wesen hatten die V-Medialen unzählige Massaker verhindert, unzählige Leben gerettet und unendlich viel Gutes getan. Ohne Gefühle wären ihre Fähigkeiten zwar unter Kontrolle, aber sie wären auch eingeschränkt.
    Nach zehn Jahren gewannen die Befürworter von Silentium die geistige Schlacht der unzähligen Gehirne im Medialnet. Die V-Medialen verloren in der Folge die Fähigkeit, die dunklen Seiten der Zukunft zu sehen, und zogen sich in den geschützten Bereich der Geschäftswelt zurück. Sie retteten keine Unschuldigen mehr, sondern stiegen in die wichtigsten Positionen vieler medialer Unternehmen auf. Der Rat erklärte schließlich, ihre Arbeit sei zu wertvoll, um sie mit anderen Rassen zu teilen, und so verschwanden die V-Medialen allmählich aus der Öffentlichkeit. Man sagte, sie zögen es vor, nicht im Rampenlicht zu stehen.
    Nur wenige wissen, was der Rat seit über einem Jahrhundert unter Verschluss hält: Die ehedem so belastbaren V-Medialen sind zwar wohlhabend und werden verwöhnt, aber sie sind auch äußerst zerbrechliche Wesen geworden. Etwas an ihren Fähigkeiten, die verworrenen Fäden der Zukunft zu entwirren, hindert sie daran, sich in der wirklichen Welt zurechtzufinden. Sie müssen ständig überwacht und versorgt werden.
    V-Mediale reisen selten, gehen kaum Verbindungen ein und sind vorwiegend auf der geistigen Ebene tätig. Manche von ihnen sind beinahe stumm und gerade noch fähig, ihre Visionen durch abgehackte Laute, in besonders schweren Fällen sogar nur durch Gesten und Zeichnungen mitzuteilen. Die meiste Zeit sind sie in ihrer stummen Welt gefangen.
    Doch der Rat ist der Ansicht, genau das sei ihre Aufgabe.

1
    Faith NightStar aus dem NightStar-Clan wusste, dass sie als mächtigste V-Mediale ihrer Generation galt. Sie war erst vierundzwanzig, hatte aber schon mehr verdient als die meisten Medialen in ihrem ganzen Leben. Allerdings arbeitete sie auch schon seit ihrem dritten Lebensjahr, seit sie den ersten verständlichen Satz von sich gegeben hatte. Erwartungsgemäß hatte es bei ihr länger gedauert als bei anderen Kinder n – sie war schließlich eine kardinale V-Mediale mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Niemand wäre erstaunt gewesen, wenn sie nie gesprochen hätte.
    Der Grund, warum V-Mediale immer zu einem Clan gehörten, der ihnen alles abnahm, wofür sie nicht selbst sorgen konnte n – von der Anlage ihres Vermögens bis hin zur medizinischen Überwachung, damit sie nicht verhungerte n – , war, dass V-Mediale in praktischen Dingen nicht besonders gut waren. Sie vergaßen sie einfach. Obwohl sie seit über hundert Jahren keine Morde oder Unfälle, Katastrophen oder Kriege mehr vorhersagten, sondern nur noch Branchenentwicklungen, vergaßen sie manches Praktisches Betreffende immer noch.
    In letzter Zeit hatte Faith vieles vergessen. Gerade hatte sie drei Tage hintereinander nichts gegessen. Deshalb hatten sich Angestellte von NightStar eingeschaltet, die das T3-Computersystem des Hauses benachrichtigt hatte. Drei Tage waren erlaub t – manchmal versetzten sich V-Mediale in einen Trancezustand. In diesem Fall
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