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Verliebt in einen Fremden

Verliebt in einen Fremden

Titel: Verliebt in einen Fremden
Autoren: Brown Sandra
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    Als Bridal Wreath vor ihr auftauchte, brachte Camille ihren kleinen Wagen abrupt zum Stehen. Sie war den Hinweisen des Tourismusbüros gefolgt, das seinen Sitz in der altehrwürdigen Stanton Hall hatte, und über die Homochitto Street aus der Innenstadt von Natchez gekommen. Die Dame am Infoschalter hatte ihr erklärt, dass die Allee zu dem alten Herrensitz linker Hand liege, kurz bevor die Landstraße den Highway 65 kreuze.
    Das verwitterte und von wilden Ranken überwucherte Schild, das auf den unbefestigten Weg hinwies, war so unscheinbar, dass sie es fast übersehen hätte. Während sie über tiefe Schlaglöcher ruckelte, bestaunte sie die riesigen, moosbewachsenen Eichen zu beiden Seiten, die späten Magnolien mit ihren duftenden, pastellfarbenen Blüten und die üppigen Spiersträucher, die der Plantage ihren Namen gegeben hatten. Die schneeweißen Blüten waren in der sommerlichen Hitze längst verblüht, die Zweige jedoch wogten von zartgrünem Laub.
    Camille stieg aus dem Wagen, während sie den Motor weiterlaufen ließ. Fachmännisch betrachtete sie die großzügige Anlage, die sich vor ihr erstreckte. Das Haus war 1805 im Kolonialstil erbaut worden und hatte zwei Stockwerke. Die Räume in der ersten Etage gingen auf einen Balkon hinaus, der auf sechs majestätisch weißen Säulen ruhte und das Erdgeschoss auf drei Seiten wie ein Vordach umgab. Das rote Ziegelmauerwerk war im Laufe der Jahre zu
einem matten Rosaton verblichen. Drei hohe Fenster mit jagdgrünen Läden schlossen sich jeweils links und rechts des eindrucksvollen weißen Hauptportals an. Und über der Tür hing an einer schweren Kette eine Messingleuchte.
    Camille Jameson schwang sich hellauf begeistert wieder auf den Autositz. Während sie erneut Gas gab, rief sie laut lachend: »Scarlett O’Hara, zieh dich warm an!«
    Einfach himmlisch, dass man ausgerechnet sie zur Restaurierung des Herrensitzes engagiert hatte. Sie hoffte nur, dass sie der Aufgabe gewachsen wäre und die frühere Schönheit wieder herstellen könnte. Für ihre Karriere als Innenarchitektin wie für ihre finanzielle Zukunft war das immens wichtig.
    Camille und ihrer Mutter Martha gehörte in Atlanta ein Einrichtungshaus. Martha Jameson hatte es nach dem Tod ihres Mannes weitergeführt. Zu der Zeit jedoch, als ihre Tochter schließlich das Universitätsdiplom in der Tasche hatte, war das Geschäft auf das Niveau eines Geschenkladens mit preiswertem Kunsthandwerk und ziemlichem Krimskrams herabgesunken. Camille begann umgehend, moderne und qualitativ hochwertige Ausstattungsstücke ins Sortiment aufzunehmen. Sie beriet Kunden bei der Wahl der Tapeten, Teppiche, Gardinen, Möbel und Wohnaccessoires. Ihr guter Geschmack und ihr umgängliches, freundliches Auftreten brachten ihr einen ausgezeichneten Ruf und eine anspruchsvolle Klientel ein. Inzwischen beschäftigte sie zwei weitere Mitarbeiterinnen in ihrem »Studio«, ihre Mutter kümmerte sich um den Ladenverkauf und die Buchhaltung.
    Als Mr. Rayburn Prescott aus Natchez, Mississippi, an die junge Innenausstatterin herangetreten war, hatte sie ohne lange zu überlegen zugesagt. Die Renovierung seiner Luxusvilla war ihr bislang lukrativster Auftrag. Sie kannte die
historischen Bauten von einem gemeinsamen Urlaub mit ihrer Mutter. Schon damals, als ganz junges Mädchen, war Camille von den prachtvollen Anwesen schwer beeindruckt gewesen.
    Rayburn Prescott, ein typischer Südstaaten-Gentleman, behandelte Camille und Martha mit ausgesuchter Höflichkeit. Die beiden Mitarbeiterinnen im Studio hatten heimlich über seinen ungewohnt gedehnten Akzent geschmunzelt. Er war groß, stattlich und unterhaltsam. Dichtes, weißes Haar wellte sich über seiner breiten, hohen Stirn. In den blauen Augen lag ein übermütiges Funkeln, obwohl er um die siebzig sein musste.
    Nachdem sie eine Weile miteinander geplaudert hatten, erzählte er Camille von seinem Haus in Natchez. »Ich muss mich schämen, Miss Jameson. Nach dem Tod meiner Frau«, er seufzte tief, »und das ist jetzt über zwanzig Jahre her, habe ich das Anwesen regelrecht vernachlässigt. Es ist zu einem Junggesellenhaushalt verkommen. Mein Sohn verbringt die meiste Zeit auf der Plantage, ist aber mit mir einer Meinung, dass Bridal Wreath wieder ein Schmuckstück werden muss.«
    Â»So ein schöner Name«, sinnierte Camille, die
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