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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot
Autoren: Iain McDowall
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stimmte ihm zu und erinnerte ihn daran, dass er seine Handynummer habe: Jacobson werde sofort benachrichtigt, wenn es zu einer Veränderung der Situation komme. Welcher Art auch immer. Jacobson dankte ihm und drückte den Knopf neben der automatischen Glastür der Intensivstation. Er fühlt sich langsam wie ein ehrenamtlicher Krankenbesucher, wie jemand, der seine Sonntagnachmittage damit verbrachte, Patienten zu besuchen, die sonst niemanden hatten. Er wechselte ein paar Worte mit dem jungen uniformierten Constable, der draußen auf dem Korridor saß. Der Constable musste gemäß den Vorschriften dort sitzen, die besagten, dass ein »gefährlicher« Gefangener nicht ohne Wache im Krankenhaus liegen durfte, was in diesem Fall völliger Unsinn war. Aber zumindest konnten die Bürokraten im Präsidium so die richtigen Haken auf den richtigen Formularen machen. Mit dem richtigen Stift, versteht sich. Tatsächlich war »Brady« nicht länger eine Gefahr. Auch vierundzwanzig Stunden nach seiner Einlieferung war er immer noch bewusstlos und atmete nur, weil er an eine Beatmungsmaschine angeschlossen war. Jacobson hätte ihn gerne verhört, seine Studentenüberheblichkeit Stück für Stück auseinandergenommen und ihn mit der Wirklichkeit seiner Taten konfrontiert. Aber die medizinischen Fakten sprachen dagegen. Nach der letzten Prognose des behandelnden Arztes hatte »Brady« nur sehr geringe Aussichten zu überleben, und sollte er es schaffen, blieb er höchstwahrscheinlich gelähmt und sein Gehirn auf Dauer schwer geschädigt. Läge ich da, erklärte Jacobson dem jungen Beamten, wäre es mir am liebsten, wenn sie möglichst bald den Stecker zögen.
    Er ging den gelb gestrichenen Flur hinunter und nahm den Aufzug ins Erdgeschoss. Vielleicht war es ja an der Zeit, endlich nach Hause zu gehen und sich noch etwas vom Wochenende zu gönnen. January Shepherd war in Sicherheit, die Leichen der drei anderen Bandenmitglieder lagen gekühlt in der Leichenhalle, und es gab nichts, das nicht bis Montagmorgen warten konnte.
    Nach Birgit Kruijsdijk hatte er bereits gesehen. Sie stand unter schweren Beruhigungsmitteln und lag in einem einzigen großen Streckverband. Sie würde eine Weile brauchen, sagten die Ärzte, bis sie wieder ganz in Ordnung käme. Aber das Wichtige war, dass an ihrer vollständigen Genesung offenbar kein Zweifel bestand. Genau wie bei Perry Harrison. Er konnte sich bereits wieder aufsetzen, sein Körper befand sich auf dem Weg der Besserung, und den ersten Testergebnissen zufolge schienen auch seine geistigen Fähigkeiten keinen Schaden erlitten zu haben. Harrison durfte noch nicht besucht werden, allerdings hatten DC Williams und Mick Hume gestern Abend eine kurze Aussage aufnehmen können. Etwa zur gleichen Zeit hatten Jacobson und Emma Smith mit January Shepherd gesprochen. Die Ärmste hatte einiges einstecken müssen, und das nicht nur in körperlicher Hinsicht, aber jeder Quadratzentimeter ihres geschwollenen Gesichts hatte, so schien es Jacobson, Kraft und Überlebenswillen ausgestrahlt.
    Plötzlich müde geworden, ging er ins Besuchercafé beim Haupteingang. Vielleicht sollte er Kerr anrufen, der draußen im Cottage war und als CID-Mann Websters umfangreicher Spurensicherungsaktion beiwohnte. Aber Kerr wusste, was er tat, und würde sich schon melden, wenn es nötig war. Vielleicht dann Steve Horton? Horton hatte den Laptop der Bande in seine Obhut genommen, durchsuchte ihn nach Hinweisen auf die wahre Identität der einzelnen Bandenmitglieder und den Verbleib von Shepherds Geld. Zusammen mit Kerr hatte Jacobson Shepherd morgens in Boden Hall aufgesucht. Shepherd hatte gesagt, dass ihm das überwiesene Geld ziemlich egal sei. Damit sind wir schon zwei, hatte Jacobson gedacht. Aber wenigstens war Shepherd sauber rasiert und nüchtern, und die Art, wie er Jacobson dafür dankte, ihm seine Tochter zurückgebracht zu haben, hörte sich durch und durch aufrichtig an. Er saß mit seiner Freundin Kelly am Pool. Alles schien wieder mehr oder minder normal. Im tropischen Gewächshaus trafen sie January Shepherd und Nick Bishop, die bereits dabei waren, die Tour von Alice Banned neu zu planen.
    Jacobson setzte sich an einen Tisch beim Fenster, trank eine Tasse Kaffee und griff zum Handy, um Alison anzurufen, nicht Kerr oder Horton. Er hoffte, dass er nicht zu spät kam und sie noch keine anderen, verlässlicheren Pläne für den Rest des Tages gemacht hatte.
     

Informationen zum Buch
    Brady, Annabel, Maria und
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