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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot
Autoren: Iain McDowall
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bestand aus einem Raum mit einer riesigen Tanzfläche, einer großen Neon-Bar und ein paar kleineren Räumen zum Abhängen. So früh am Abend war nur in der Bar was los. Casper holte sich noch ein Bier und einen Red Bull mit Wodka für Tracey.
    »Genau, Kumpel, gib ’n Doppelten rein.«
    Tracey suchte einen Tisch aus und steckte sich eine Lambert & Butler an, während sie wartete. Gut, dass der verlogene Sack flüssig ist, dachte sie, sonst hätte sie ihn gestern Abend schon rausgeschmissen. Er konnte sagen, was er wollte, sie wusste, wo er gestern Nachmittag gewesen war, als er behauptet hatte, er müsste weg, weil es da für einen Job gut was bar auf die Hand gäbe. Das hat sich ganz plötzlich ergeben, Süße. Der verlogene, falsche Sack. Da hatte sich was ergeben, genau. Traceys Mutter hatte ihn selbst gesehen – und er hatte gesehen, dass sie ihn gesehen hatte. Um halb vier, hatte ihre Mutter gesagt. Da war Casper aus einer Haustür am Shelley Court gekommen, und nicht aus irgendeiner, nein, natürlich nicht, aus Nummer neunundzwanzig war er gekommen. Da wohnte sie, Dirty Laura, die Schlampe, bei der er am Ende immer wieder landete, als schaffte er es einfach nicht, ihr von der Wäsche zu bleiben, als hätte die ihm so ’ne Art Rückführautomatik ans Ende seines dicken, blöden Schwanzes gebaut. Natürlich hatte er es lachend abtun wollen und gesagt, ihre Mum müsse sich getäuscht haben. Aber ihre Mum brauchte noch keine Brille, und Tracey hatte noch nie erlebt, dass sie von ihr wegen was Wichtigem angelogen worden wäre. Sie nahm einen tiefen Zug und sah, wie Casper mit den Drinks zu ihr rüberkam. Sollte Laura, das Dreckstück, sich ihn doch einpökeln. Gott sei Dank war sie, Tracey, ihn damit verdammt noch mal los. Aber erst wollte sie das Wochenende genießen, um die Häuser ziehen und nicht in Woodlands vorm Fernseher hocken und ihrer Mutter durch die dünne Wand bei ihrem ekelhaften Altweibersex zuhören müssen.
    Sie steckte ihm eine Zigarette an, als er sich zu ihr setzte, nippte an ihrem Glas und hörte nur mit halbem Ohr seinem üblichen Gesülze zu, über Geschäfte, die gut gelaufen waren, größere Geschäfte, die nur auf ihn warteten, und die irre tolle Zukunft, die er für sie beide plante. Tracey hatte auch ihre Pläne, oder wenigstens einen, und zwar gleich für heute Abend: Wenn Casper sein Geld ausgegeben hatte, vielleicht so um zwölf, wollte sie sich nach einem besseren Angebot umsehen.
    »Ich hab dir gesagt, ich war da nicht«, versuchte Casper es wieder, »was immer deine Alte sagt, da liegt sie falsch.«
    Tracey machte sich nicht die Mühe, ihm zu antworten. Sollte er doch ins Grübeln kommen. Noch sechs Bier, und er dachte wahrscheinlich, dass sie drüber weg wäre und ihn damit durchkommen ließe. Es wäre schließlich nicht das erste Mal. Aber Tracey war längst eins weiter, sie beobachtete einen Typen hinten in der Ecke. Der Bursche war fit. F-I-T. Die Haare hatte er ein bisschen so wie der Sänger von Coldplay. Zu blöde, dass er nicht allein war. Er hatte gleich zwei Tussen dabei und nicht nur eine. Vielleicht hatte ihn sich ja noch keine von beiden so richtig gekrallt. Die Mädels schienen ihm echt jedes Wort von den Lippen zu lesen, und was immer er sagte, brachte sie zum Gackern. Tracey konnte es nicht hören, aber die Körpersprache war eindeutig. Da bestand kein Zweifel. Die drei waren natürlich top angezogen. In den Laden hier kam das bessere Publikum, weshalb sie ja unbedingt hergewollt hatte: um den überflüssigen Casper loszuwerden und sich was Annehmbares zu angeln. Und damit meinte sie nicht nur das Aussehen. Casper sah auch gut aus, aber was half ihr das? Was sie wollte, und da stand ihr Entschluss fest, war ein anspruchsvoller Typ mit einem Auto, das nicht geklaut war, und richtigen Kreditkarten. Warum denn auch nicht? Bloß weil sie in Woodlands aufgewachsen war, musste sie doch nicht ewig da bleiben. Sie war gerade mal achtzehn, das war verdammt zu früh für einmal lebenslänglich.
    Sie tranken weiter, und der Laden wurde langsam voller und lauter. Da ging was ab. Zwischendurch, wenn sie sicher war, dass Casper es nicht merkte, sah sie zu dem Typen rüber. Schnell und unauffällig. Die waren immer noch da. Alle drei. Und sie wusste, dass auch sie dem Typen aufgefallen war. Er hatte sie gesehen. Sie wusste, dass er ihr zulächelte, wenn sie ihn ansah. Sie wusste es einfach.
     

2
    Gegen Mitternacht, da war Casper bei seinem zehnten Bier und spülte schon seit
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