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Gleich bist du tot

Titel: Gleich bist du tot
Autoren: Iain McDowall
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zu tun haben wollte, vielleicht kam Tracey dann in ein, zwei Tagen zu ihm zurück. Was ihm allerdings immer noch Sorgen machte, war, dass er Tracey ganz allein im »Club Zoo« zurückgelassen hatte, als willkommene Beute für irgend so ’nen Großkotz-Yuppie, der mit Geldbündeln vor ihr rumwedelte, um ihr unter den Rock zu kommen. Klar, es war sein eigener Fehler, das begriff er, aber es hätte, ernsthaft betrachtet, keine Möglichkeit gegeben, noch mal in den Club zu kommen, nicht, ohne dass sie ihn hopsgenommen hätten. Was ’ne satte Runde Knast bedeutet hätte, wie es ihm der Richter beim letzten Mal eindringlich erklärt hatte. So stand er jetzt da, völlig abgebrannt, und schloss die Tür zur Wohnung seiner Mutter auf, ohne Freundin, ohne Action, und das an einem Samstagabend. Er war fast schon wieder nüchtern und längst nicht mehr so neben der Kappe. Er ging in die Küche, schaltete das Licht ein und suchte im Kühlschrank nach einem kleinen Imbiss. Morgen früh würde er nach ihr sehen und sich vergewissern, dass sie gut nach Hause gekommen war. Nicht, dass er sich wegen ihr wirklich Sorgen machen musste, oder? Mann, Tracey war schließlich in Woodlands aufgewachsen, Scheiße noch mal, genau wie er. Da wusste man auf sich aufzupassen, oder? Natürlich wusste sie das, verdammt. Er zog ein paar Scheiben Speck aus einer Vorratspackung und suchte nach einem Ei. Ein bisschen was aus der Pfanne würde seiner Laune guttun.
     
    Brady und Adrian brachten den Sarg aus einem der Nebenräume herein. Er war einigermaßen leicht, von der selbstgemachten Sorte. Trotzdem schien es für die beiden nicht ganz einfach, ihn durch die Türe zu kriegen, ohne anzuecken. Sie stellten ihn mit feierlicher Miene mitten im Wohnzimmer ab. Brady hob den Deckel und zeigte auf ein Halbrund kleiner Löcher, die er tagsüber ins Holz gebohrt hatte.
    »Atemlöcher, Tracey. Du wirst erst zur ausgemachten Zeit sterben. Nicht vorher. Nicht aus Versehen.«
    Tracey kam irgendwie auf die Füße, aber Annabel stieß sie zurück aufs Sofa.
    »Ich glaube, die kleine Nutte will nicht sterben.«
    »Das hätte sie sich vorher überlegen sollen«, sagte Maria.
    »Genug, meine Damen«, verkündete Brady. »Sperren wir den Teufel in die Kiste.«
    Brady und der Neue namens Adrian fassten sie bei Schultern und Armen, und Annabel und Maria nahmen ihre Beine. Langsam trugen sie Tracey hinüber zum Sarg und legten sie hinein. Sie wehrte sich vergeblich und versuchte sich auf die Ellbogen zu stemmen. Aber dann schob einer von ihnen, sie sah nicht, wer es war, den Deckel auf den Sarg. Tracey hörte, wie die Riegel geschlossen wurden. Sie konnte immer noch alles hören, doch abgesehen von den kleinen, nutzlosen Lichtpunkten, die durch die Atemlöcher stachen, nichts mehr sehen. Rein gar nichts mehr, und mit einem Mal war kein Halten mehr. Aller Mut und aller Widerstandsgeist waren verflogen, und da war nur noch Panik. Nichts, rein gar nichts war mehr zu sehen.
     

5
    Jim Hallam parkte seinen Vectra auf dem Parkplatz am Fuß von Crow Hill. Es war halb acht Uhr morgens, Sonntag, und sonst war kein Auto zu sehen. Hallam hatte eine wuchtige Figur und ging auf die vierzig zu. Fett war er nicht, eher muskulös. Er verbrachte etliche seiner Wochenenden außerhalb von Crowby und fuhr zu Bergläufen nach Wales oder in den Lake District. Im College hatte er mit dem Sport angefangen und seitdem nicht wieder damit aufgehört. Hallam war ein Glückspilz: Er mochte seine Arbeit, führte eine glückliche Ehe und hatte darüber hinaus in der Lauferei eine Leidenschaft gefunden, die sein Leben erfüllte. An diesem Wochenende gab es jedoch besondere, das heißt familiäre Gründe, warum er hatte hierbleiben müssen. Um es beim Namen zu nennen: Die Heirat seiner Schwester, es war ihre dritte, hatte den gestrigen Nachmittag in Beschlag genommen, der anschließende Empfang den Abend. Das Ganze war der sprichwörtliche Triumph der Hoffnung über die Erfahrung, hatte er gedacht, aber er war nicht der Mensch, der seine Familie oder seine Verwandten im Stich ließ. Diane, seine Frau, hatte vorgeschlagen, er solle heute Morgen doch mal ausschlafen, schließlich seien sie erst nach zwei nach Hause gekommen, aber Hallam hatte der Versuchung widerstanden. Ende des Monats sollte es einen großen Wettkampf in den Brecons geben, und bis dahin wollte er sich, wenn eben möglich, seine Fitness erhalten.
    Er stieg aus dem Vectra, schloss ihn ab und verstaute den Schlüssel in seinem geliebten
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