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Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)

Titel: Zauberflötenrache: Meranas dritter Fall (German Edition)
Autoren: Manfred Baumann
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Prolog
     
    »Mord?« fragte eine Frau in der
ersten Reihe erstaunt. »Aber der wird doch gar nicht ausgeführt!«
    »Das ist
richtig«, erwiderte der Mann am Podium. »Aber es gibt immerhin einen eindeutigen
Auftrag dazu.« Auf der großen Leinwand hinter dem Vortragenden erschien ein Kollier
mit wertvollen Preziosen. Über den Freiraum in der Mitte der Halskette blendete
sich ein alter vergilbter Theaterzettel mit der Ankündigung der Uraufführung.
    »Die Zauberflöte,
meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Schmuckstück aus vielen unterschiedlichen
Perlen. Sie ist ein Sammelsurium, ein Mosaik, und zugleich ein genialer Wurf der
Operngeschichte. Und zudem zeigt sie auch Facetten einer Kriminalstory, nämlich
Entführung, Nötigung, versuchte Vergewaltigung und Anleitung zum Mord. Ich habe
diesen Aspekt auch nur deshalb angesprochen, weil ich eben unter uns einen Herrn
ausgemacht habe, den ich persönlich sehr schätze, und den man in einem Vortrag über
die kulturgeschichtlichen Wesenszüge der Zauberflöte nicht unbedingt vermuten würde.
Ich freue mich aber, dass er hier im Saal sitzt. Es ist der Leiter der Abteilung
Mord/Gewaltverbrechen der Bundespolizeidirektion Salzburg, Kommissar Martin Merana.«
Der Mann auf dem Podium hob die Hand zum Gruß. Nahezu alle Köpfe der Zuhörenden
in der gut gefüllten Großen Aula der Salzburger Universität drehten sich nach hinten.
Merana saß in der vorletzten Reihe und fühlte sich ein wenig unbehaglich. Er kannte
Professor Ulrich Peterfels, Dozent für Kunstgeschichte und Semiotik, aus einem seiner
Fälle. Er war beeindruckt vom Fachwissen des Mannes. Aber er hätte auf diese wohl
nett gemeinte Geste der Aufmerksamkeit gerne verzichtet. Zum Glück erschien auf
der Leinwand ein neues Bild, welches das Interesse der Zuschauer wieder nach vorne
lenkte. Man sah den Ausschnitt einer Theaterbühne. Ein junger Mann in reich besticktem
Kostüm stand etwas unbeholfen neben einem hingestreckten drachenähnlichen Riesenwurm.
An der Seite des Jünglings zeigten sich drei Frauen in langen bunten Gewändern und
ein Kerl mit Federn am ganzen Leib. Die fünf Personen hatten ihren Blick nach oben
gerichtet. Über der Gruppe schwebte eine weitere Frau mit einem sternenbesetzten
Diadem auf dem Kopf. Sie hielt den Fuß majestätisch auf eine Mondsichel gestützt.
    »Auf den
ersten Blick haben wir ein Märchen vor uns.« Ulrich Peterfels deutete zur Leinwand.
»Tamino, ein Prinz aus fernen Landen, gelangt unversehens ins Reich der sternflammenden
Königin der Nacht. Diese bittet ihn, ihre Tochter zu retten, die von einem bösen
Dämon namens Sarastro entführt wurde. Tamino macht sich auf die Reise, begleitet
von Papageno, einem kauzigen Naturburschen und Vogelfänger.« Ein neues Bild ersetzte
das vorige. Der junge Mann, Prinz Tamino, hielt nun eine Flöte in der Hand. Der
Vogelmensch schlug mit einem Stab auf ein silberfarbenes Glockenspiel. Im Hintergrund
war eine große gläserne Pyramide zu erkennen, hinter der die Sonne aufging. Vor
der Pyramide, bestrahlt vom hellen Licht des Gestirns, stand eine Gruppe von Männern.
An der Spitze war der große graubärtige Oberpriester auszumachen, der in seiner
weißen Toga fürstliches Gehabe zur Schau stellte. »Schon bald nach dem Anfang kippt
die Zauberflöten-Geschichte,« fuhr der Vortragende in seinen Erklärungen fort. »Die
Dinge verkehren sich ins Gegenteil. Sarastro, so stellt sich heraus, ist kein Bösewicht
sondern der Erste einer Gruppe priesterähnlicher Männer, die im Tempel der Weisheit
wohnen. Er hat Pamina nur entführen lassen, um sie vor ihrer Mutter zu schützen,
die sich in der zweiten Hälfte der Oper als die Böse entpuppt. Tamino und Pamina
bestehen die ihnen abverlangten Prüfungen und werden ein Paar. Der Waldmensch Papageno
findet seine gleichgesinnte Papagena. Tamino wird als zukünftiger Herrscher in die
Runde der Weisen aufgenommen. Die rachsüchtige Königin der Nacht wird am Schluss
vernichtet.«
    Die Leinwand
zeigte nun eine riesige Sonne, die über einem kleinen verblassenden Mond dominierte.
    »Schon in
der Anlage der Zauberflötengeschichte als Märchen steckt das Prinzip der uralten
mythologischen Auseinandersetzung von Gut und Böse, von Tag und Nacht, von Licht
und Dunkelheit. Sarastro ist der Vertreter des Lichtes, symbolisiert durch die Sonne.
Die Königin der Nacht steht für das Dunkle, ihr Zeichen ist der sich wandelnde Mond.
Es ist nicht weit hergeholt, wenn wir am Bruch innerhalb der
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