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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung
Autoren: Andrea Pickens
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1. Kapitel
 
    D er Wind peitschte über ihre Wangen. Die beißende Kälte drang ihr bis ins Mark, doch Shannon schenkte dem Schmerz keine Beachtung. Sie duckte sich tief in den Sattel, gab dem schweißbedeckten Hengst die Sporen und trieb ihn auf die hohe Mauer zu.
    »Flieg, Ajax, flieg!«, flüsterte sie. Ihre Muskeln spannten sich an, als sie die steinerne Silhouette durch die dahinjagenden Nebelschwaden erblickte. »JETZT!«
    Das mächtige Tier sprang hoch in die Luft. Einen Herzschlag lang schwebte es über dem schroffen Gestein, bevor es donnernd auf dem regennassen Boden landete. Shannon straffte die Zügel und lenkte den Hengst auf den schmalen Pfad, der durch den Eichenhain führte.
    Schneller. Schneller! Der Bruchteil einer Sekunde konnte zwischen Leben und Tod entscheiden.
    Trotz der Kälte war ihr Gesicht schweißüberströmt. Die Pistole. Bestimmt lauerte die Gefahr nicht weit voraus, dort wo das Gehölz sich zu einer kleinen Lichtung weitete. Da fiel ihr Blick auf ein verräterisches Schimmern unter dem herabgefallenen Laub.
    Shannon beugte sich vor. Mit einer Hand griff sie nach dem ledernen Sattelknauf, befreite einen Fuß aus dem Steigbügel und schwang den Oberkörper tief nach unten. Dornen zerkratzten ihre Hände, aber es gelang ihr, nach der Waffe zu greifen. Nach einer harten Hüftdrehung saß sie wieder aufrecht im Sattel.
    Ruhig Blut! Keine Fehler. Nicht jetzt. Nicht bei allem, was auf dem Spiel stand. Ihr Puls raste beinahe so schnell wie der Hengst galoppierte. Ihr Herz pochte feurig gegen ihre Rippen, wie ein Echo der stampfenden Hufe und peitschenden Zweige. Shannon atmete tief durch und zwang sich, nur auf das anzüglich grinsende Gesicht zu achten, das vor ihr auftauchte: auf die kohlenschwarzen Augen, das bedrohliche Zähnefletschen, die breiten, massigen Schultern, ganz in Schwarz gekleidet ...
    Shannon zielte. Ohne zu zögern feuerte sie einen Schuss ab.
    Ein heiserer Schrei fuhr auf, als die Kugel explodierte und der Gestalt ein klaffendes Loch in die Brust riss. Sie zügelte das Pferd in den Trab, wendete und ritt zurück. Der beißende Pulverdampf hing noch immer schwer in der Luft. Aus den Augenwinkeln erhaschte sie eine leichte Bewegung in den Bäumen. Ein junger Mann trat aus dem schützenden Geäst hervor.
    »Ist er tot?«, wollte Shannon wissen, als der Mann sich über die zerfetzte Kleidung beugte.
    »Mausetot!« Grinsend stach Giovanni Marco Musto - seine Freunde nannten ihn Marco - in das versengte Stroh. Der große muskulöse Mailänder stand dem Reit- und Fechtlehrer an Mrs. Merlins Academy for Select Young Ladies bei. »Bravissimo! Sie haben ihn direkt in die Brust getroffen.«
    »Der Schaden hält sich in Grenzen.« Sie unterdrückte das Zucken ihrer Lippen. »Schon in der Frühe wird Jem ihm ein neues Gesicht gemacht haben.«
    »Sí. Aber der Himmel möge dem Feind aus Fleisch und Blut beistehen, der Ihnen in die Quere kommt.« Marcos perlenweiße Zähne blitzten noch mehr auf, als er einen Blick auf seine Taschenuhr warf. »Die Zeit ist magnifico, Signorina Shannon.« Er salutierte übermütig, während er den goldenen Deckel der Uhr wieder zuschnappen ließ. »Sie haben den Rekord der Academy um eine Sekunde unterboten. Keine andere Schülerin kann sich mit Ihren Fähigkeiten im Sattel messen.« Er wandte ihr sein Profil zu. Sein dunkles Haar schmiegte sich in weichen Wellen um den offenen Kragen und wirkte im Kontrast zu den wohlgeformten Muskeln seiner breiten Schultern so weich wie Seide ... Er war ein Bild von einem Mann.
    Und er weiß es nur zu gut, dachte Shannon trocken. Die Academy - eine kleine Schule, die versteckt in einer ländlichen Gegend außerhalb von London lag - verlangte sowohl von ihren Lehrern als auch von ihren Schülerinnen einzigartige Fähigkeiten. Marco war nicht nur wegen seiner ausgeprägten Talente mit Schwert und Sporen ausgewählt worden, sondern ebenfalls wegen seines perfekten Körpers. Der junge Italiener wurde oft in die fortgeschrittenen Klassen gerufen, um beim Zeichnen als Modell zur Verfügung zu stehen. Eine Aufgabe, die er mit schamloser Angeberei erledigte.
    Marco verharrte noch ein paar Sekunden in seiner Pose, bevor er sich mit einem anzüglichen Hüftschwung umdrehte. »Nun, wenn Sie in der Kunst des Schwertkampfes unterrichtet werden möchten, kommen Sie nach dem Abendessen in mein Quartier. Ich stehe Ihnen für private Unterweisungen zur Verfügung.«
    »Dann machen Sie sich auf eine Enttäuschung gefasst. Wenn wir die
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