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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung
Autoren: Andrea Pickens
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aus dem Sattel glitt. Ihre Beine fühlten sich ein wenig wacklig an, als sie mit den Sohlen ihrer Stiefel den Boden berührte. Den ganzen Nachmittag über hatte sie sich zu anstrengenden Tätigkeiten gezwungen - Fechten, Karate und anschließend in den Schießstand auf dem Gelände. Als ob der Schmerz irgendetwas wiedergutmachen würde. Aber immerhin hielten Schmerz und Erschöpfung sie davon ab, sich ständig über ihre Zukunft den Kopf zu zerbrechen.
    Ihre Finger waren steif vor Kälte, als sie die Schnallen des Zaumzeugs öffnete. »Die Gerste wird dir viel besser schmecken als Hafer«, murmelte sie und strich über die samtigen Nüstern, die sie sachte anstupsten. Ajax wieherte leise. Weiße Wölkchen stiegen in die dämmrig kalte Luft auf, während Shannon die lockeren Strähnen ihres Haarknotens wieder feststeckte.
    Anschließend striegelte sie dem Hengst das kastanienbraune Fell, bis es glänzte, schob ein paar Forken Heu in die Box und verriegelte die Tür. Damit war die Pflicht erledigt; jetzt sprach nichts mehr dagegen, sich zu ihren Kameradinnen im Esszimmer zu gesellen. Dennoch war Shannon unschlüssig. Sie verspürte nicht das Bedürfnis, Mitgefühl in den Augen der anderen zu sehen. Das würde ihren Stolz nur noch mehr verletzen.
    Shannon tauchte die Hände in die steinerne Zisterne und platschte sich das kalte Wasser ins Gesicht, fest entschlossen, die weinerliche Stimmung abzuwaschen, zusammen mit dem grauen Schießpulver, das ihr immer noch auf den Wangen klebte.
    »Brauchst du Hilfe?«
    Sie beobachtete, wie ihre Zimmergenossin sich aus dem Schatten löste. Sofia bewegte sich mit einer natürlichen Würde, die wunderbar in die Ballsäle in Mayfair gepasst hätte. Sie wirkte immer so selbstsicher, so elegant - abgesehen von dem Florett und dem Säbel, die sie sich unter den Arm geklemmt hatte.
    »Sieht so aus, als hättest du einen rauen Nachmittag gehabt«, fügte Sofia hinzu.
    »Nicht schlecht geraten.«
    »Mach dich nicht selbst fertig. Du hast genau die Entscheidung getroffen, die du für richtig gehalten hast. Und die du jederzeit wieder genauso treffen würdest.«
    »Danke, dass du nicht gesagt hast, ich wäre doch selbst schuld an allem.« Shannon lächelte bemüht.
    Sofia stieß einen wenig damenhaften Fluch aus. »Ich bin keine Schönwetter-Freundin.« Sie verzog die Lippen zu einem trockenen Lächeln. »Übrigens bin ich nicht ganz unschuldig an deinem Fehltritt. Marco hat mir immer noch nicht verziehen, dass ich deinen Hengst aus dem Stall geholt habe.«
    »Fifi, du bist meine beste Freundin! Und du hast dir mehr auf die Schultern geladen als nur deinen Teil an der Schuld. Es tut mir sehr leid, dass man dir so viele Strafen aufgebrummt hat.«
    Shannons Freundin fuhr mit einer übermütigen Handbewegung durch die Luft. »Ich habe unendlich viel über die Feinheiten der Waffenkunde gelernt. Schließlich bin ich verurteilt worden, den gesamten verdammten Waffenschrank zu reinigen.«
    Sie zuckte zusammen. »Da Rimini ist ein Dreckskerl ...«
    »SHANNON!«
    Sie nahm Haltung an, als sie den schallenden Ruf des Stallmeisters hörte. Hopkins sprach nur selten lauter als mit Gebrumm. »Hier, Sir!«, antwortete sie.
    Konnte es sein, dass Mrs. Merlin zu einer Audienz rief? Ihr Herz überschlug sich beinahe, Hoffnung mischte sich in Beklemmung.
    »SOFORT!«
    Dreckige Stiefel und verklebte Hirschlederhosen verhalfen ihr nicht zu stärkerem Selbstvertrauen. Shannon hätte es vorgezogen, gepflegt und vorbereitet zu erscheinen - nicht schmutzig wie eine Kanalratte.
    »Viel Glück«, murmelte Sofia, »und gute Reise! Du hast den Befehl gehört. Marsch, auf den Weg!«
    Zackig machte Shannon kehrt, behielt ihren militärischen Schritt bei, bis sie das Scheunentor hinter sich gelassen hatte, und rannte dann los, was das Zeug hielt.
 
    »Za Zdorovie.«
    Alexandr Orlov hob das Glas. »Prost«, murmelte er und stürzte den hochprozentigen Wodka in einem Zug hinunter.
    Prinz Yuri Feodor Yussapov, der Kopf des Geheimdienstes im Kaiserlich-Russischen Kriegsministerium, lachte, als er zu einer Flasche mit rubinrotem Portwein wechselte und ihnen noch eine Runde einschenkte. »Ich darf annehmen, dass du deinen Aufenthalt in England genossen hast?«
    »Er hatte durchaus seine Höhepunkte, Yuri.«
    Und auch seine Tiefpunkte. Orlov schürzte die Lippen. Trotz des lieblichen Weins hatte er einen bitteren Geschmack im Mund. Die verdeckte Mission war nicht ganz nach Plan verlaufen. Um die Wahrheit zu sagen: Er hatte sie
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