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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung
Autoren: Andrea Pickens
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Klingen kreuzen, werden Sie am Ende niemals obenauf sein.«
    »Umso besser, bella.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie in der derselben Tonlage wie ein castrato singen möchten.«
    Marco nahm seine Niederlage im Wortgefecht mit gut gelauntem Gelächter hin. »Ich kann nichts dagegen tun, cara. Uns Italienern liegt nun mal ein lebhafter Sinn für Schönheit im Blut.«
    »Dann sollten Sie diesen lebhaften Sinn besser zugeknöpft in Ihren Reithosen verbergen. Mr. Gravely wäre überhaupt nicht begeistert, wenn ihm zu Ohren käme, dass Sie versuchen, seine Studentinnen der Reihe nach ...«
    Der schelmische Ausdruck in seiner Miene verflüchtigte sich ein wenig. »Porca miseria! Sie werden doch nicht ... Sie werden doch nicht ...?«
    Shannon verbiss sich das Lachen. »Nein, Marco, ich werde Sie nicht verpetzen. Niemals würde ich einen Freund im Stich lassen. Selbst wenn diesem Freund die Schlafzimmerprahlereien manchmal aus der Hand zu gleiten drohen.«
    »Sí. Wir alle wissen Ihre unerschütterliche Loyalität zu schätzen.« Plötzlich hatte er eine ernste Miene aufgesetzt und kickte mit dem Fuß gegen das Strohbündel. »Es ist ein Jammer, dass Signorina Siena sich aus unseren Kreisen verabschiedet hat.«
    Shannon schluckte schwer. Sie versuchte, nicht daran zu denken, dass ihr eigener Abschied von der Academy ebenfalls kurz bevorstehen mochte. Nur dass ihre Freundin und frühere Zimmergenossin Siena inzwischen eine ganz andere Stellung bekleidete. Sie hingegen ...
    Angestrengt richtete sie den Blick auf die Schatten. Niemand sollte den Schmerz in ihren Augen bemerken. Immerhin gehörte sie zu den wenigen Auserwählten, die es geschafft hatten, die Meisterklasse zu absolvieren. Das Abzeichen - ein Falke mit schwarzen Flügeln, der ihr genau über der linken Brust eintätowiert worden war - gab sie als unerbittliche Kriegerin zu erkennen, als ausgebildeten Killer.
    In diesem Arsenal an Fähigkeiten gab es keinen Platz für zartere Gefühle.
    »Ich vermisse sie«, gestand Marco.
    »Genau wie ich.«
    Er warf ihr einen forschenden Blick zu. »Ich brauche ein wenig mehr Zeit, um hier aufzuräumen. Warten Sie, damit wir zusammen zurückreiten können.«
    »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, möchte ich mich lieber allein auf den Weg machen.«
    Bevor er widersprechen konnte, schnalzte Shannon mit den Zügeln und trieb den Hengst in Richtung der Stallungen. Ihr Körper entspannte sich, passte sich dem leichten Galopp unwillkürlich an. Wenn ich meinen Geist doch auch nur so einfach bezwingen könnte, dachte sie. Waghalsige Akrobatik fiel ihr leicht; der stählerne Griff einer Pistole oder ein Schwert schmiegten sich ihr in die Hand wie eine zweite Haut. Aber wenn es darauf ankam, ihre Zunge oder das überschäumende Temperament zu zügeln, wirkte sie unsicher und unbeholfen. Diese verfluchten Dämonen in ihrem Innern schienen mit eigenem Willen begabt zu sein.
    »Verdammt noch mal!« Der Fluch glitt ihr über die Lippen, als die gekalkten Mauern und spitzen Schieferdächer der Ställe aus dem Nebel auftauchten. Ihre Furcht war förmlich mit Händen zu greifen, so wie die Wetterfahne auf dem mittleren Kuppeldach. Sie krallte sich in ihre Seele wie die Fänge des verwitterten kupfernen Falken und ließ sie nicht mehr los.
    Würde Lord Lynsley sie aus der Schule abberufen? Denn mit ihrer Einmischung in eine andere Mission der Merlins hatte sie gegen beängstigend viele Vorschriften verstoßen. Bis zur Stunde hatte der Marquis sich allerdings in geheimnisvolles Schweigen gehüllt, was ihre Zukunft betraf.
    Shannon blickte sich um und spürte, wie das Bedauern und die Selbstvorwürfe in ihr noch drängender wurden. Der Schießstand, der Fechtboden, die kargen Klassenzimmer und Schlafräume, all das war ihr längst auf schmerzliche Weise vertraut. Es war schwer, sich ein Leben außerhalb der efeubedeckten Mauern vorzustellen. Schließlich war es ihr Zuhause, seit ... seit einer Zeit, an die sie sich nicht zu erinnern wünschte.
    Nicht an die Angst, den Dreck und die Gewalt, die sie mit den Armenvierteln von London hinter sich gelassen hatte. Selbst ihr wahrer Name, falls sie jemals einen besessen hatte, lag in den Schatten der Vergangenheit begraben. Wie alle neuen Schülerinnen war sie in das Büro der Leiterin gedrängt worden, ein dürres, eingeschüchtertes Mädchen, das nicht wusste, womit es zu rechnen hatte. Es hatte zu Mrs. Merlins - deren Name tiefgründigerweise »Falke« bedeutete - ersten Handlungen gehört, ihr
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