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Gefährliches Spiel der Versuchung

Gefährliches Spiel der Versuchung

Titel: Gefährliches Spiel der Versuchung
Autoren: Andrea Pickens
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war bewusst, dass viele behaupteten, er habe die schlechtesten Eigenschaften beider Eltern auf sich vereint. Durch seinen zynischen Blick auf das Leben und den ätzenden Witz fühlten viele Menschen sich angegriffen. Er war der Erste, der bereitwillig eingestand, dass er nichts anderes war als ein prinzipienloser Erzschurke, ein raubeiniger Schuft. Aber ein Mann mit feinem Ehrgefühl geriete in Schwierigkeiten, müsste er die Dinge tun, für die man ihn in Anspruch nahm: lügen, stehlen, verführen - und, ja, auch morden. Sein Gewissen, falls er je eins besessen hatte, war schon lange taub für Vorwürfe und Bedauern.
    »Noch ein Drink?« Yussapov musterte ihn seltsam unter den struppigen silberfarbenen Brauen. »Du scheinst mir ... wie sagt man auf Englisch? ... heute Abend irgendwie voller Wehmut zu stecken.«
    »Was der Nüchterne im Kopf hat, trägt der Betrunkene auf der Zunge, Yuri.« Orlov zwang sich zu einem sarkastischen Lächeln und hob das Glas. »Sprich Russisch, wenn du eine Prise Sarkasmus einstreuen willst. Sie geht sonst in der Übersetzung verloren.«
    »Moi? Ich und Sarkasmus?« Der Prinz gab die gekränkte Unschuld und spielte an der Kette seiner Taschenuhr herum. »Ich mache mir nur Sorgen um dich, tvaritsch. Als dein Freund bin ich der Meinung, dass wir dir in letzter Zeit zu viel abverlangt haben.«
    Orlov verschluckte sich beinahe an seinem Gelächter. »Ich bin zutiefst gerührt von deinen zärtlichen Gefühlen!«, erwiderte er nach einem Schluck Port. »Nicht, dass ich mich in die Irre führen lasse ... Ich nehme an, dass es einen Auftrag für mich gibt?«
    Kurzes Zögern, und Orlov durchzuckte ein warmes Gefühl. Er schob es rasch auf das flackernde Kerzenlicht, tat es als Erfindung seiner eigenen überhitzten Einbildung ab. Denn als Yussapov das Wort ergriff, sprach er wieder mit der üblichen unbarmherzigen Offenheit. »Um die Wahrheit zu sagen: Ja. Der neue Auftrag verlangt allerdings nicht nach deinem berühmten Charme im Umgang mit Frauen.«
    »Du bewegst dich auf dünnem Eis, Yuri!«, brummte Orlov. »Der Witz ist reichlich strapaziert.«
    »In der Tat, du bist in merkwürdiger Stimmung.« Der Prinz faltete die Hände auf dem Tisch. »Aber ich sollte die Warnung ernst nehmen und das Thema fallen lassen ...«
    Orlov stellte das Glas dumpf neben den abgelegten Dolch.
    »Du liebe Güte, heute Abend ist deine Haut wirklich dünn, tvaritsch! Aber gut, ich werde mir weiteren Unsinn verkneifen.« Seine Miene wurde nüchtern. »Denn schließlich ist der nächste Auftrag alles andere als amüsant.«
    »Was soll das heißen?«
    »Letzte Woche ist der Kopf unseres Geheimdienstes in Brüssel ermordet worden. Wir haben guten Grund anzunehmen, dass D'Etienne dahintersteckt, derselbe Kerl, der den preußischen Gesandten nach Warschau geschickt hat.«
    »Ich habe von ihm gehört«, murmelte Orlov, »man behauptet, er sei der gefährlichste Agent in französischen Diensten. Und sehr gut in dem, was er tut.« Er verzog die Lippen zu einem trockenen Lächeln. »Offenbar sind die Gerüchte nicht einmal besonders übertrieben.«
    »Gut, ja, das ist er.« Yussapov wirbelte den rubinroten Port in seinem Glas herum. »Aber nicht so gut wie du, wie ich annehmen darf.«
    Angespannt richtete er sich im Stuhl auf. »Was soll ich tun?«
    »Ihn umbringen. Was sonst?«
    »Was sonst«, wiederholte Orlov sanft.
    »Wie du weißt, haben wir mit England wieder Verhandlungen darüber aufgenommen, ein Bündnis zwischen uns und unseren westlichen Landsleuten zu schließen. Mit dem Mord und anderen Störmanövern hoffen die Franzosen, die Verständigung zwischen unseren Ländern zu verhindern.«
    »Wo hält D'Etienne sich zurzeit auf?«
    »In Irland. Für ein paar Wochen, um dort Ärger unter den irischen Nationalisten zu schüren. Wir glauben, dass er von dort aus für die Reise nach Britannien vorgesehen ist, mit dem Auftrag, Angus McAllister zu töten.«
    »Den schottischen Ballistik-Experten?« Orlov zog die Stirn kraus. »Das wäre in der Tat ein schwerer Schlag gegen die britischen Anstrengungen, ihre Artillerie zu verbessern.«
    »Dann steht dir der Ernst der Lage also klar vor Augen.«
    Er starrte auf die blutroten Widerspiegelungen des Lichts im Kristallglas. »Du musst dir nicht die Mühe machen, mir den Auftrag moralisch zu erläutern. Ich bin noch lange kein Hasenfuß.«
    »Du bist ein Mensch, Alexandr. Genau wie ich. Ich verlange nicht, dass du das Leben auf die leichte Schulter nimmst«, bemerkte Yussapov
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