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Sündige Rache

Sündige Rache

Titel: Sündige Rache
Autoren: J. D. Robb
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    S ie stand im Purgatorium und betrachtete den Tod. Das vergossene Blut, die hervorquellenden Gedärme, die ein Zeichen waren für die grausam wilde Schadenfreude, mit der er über einen Menschen hereingebrochen war. Mit dem Jähzorn eines Kindes, voller Hitze, blinder Leidenschaft und gleichgültiger Brutalität.
    Mord war kaum jemals ein sauberes Geschäft. Egal, ob der Täter planvoll vorgegangen war oder wild und impulsiv. Er hinterließ jedes Mal Unordnung und Dreck, den zu beseitigen die Aufgabe von anderen war.
    Ihre Aufgabe war es, den Trümmerhaufen zu besteigen, die Einzelteile aufzuheben, sorgfältig zu prüfen, wie sie zueinander passten, und ein Bild des Lebens zusammenzusetzen, das gestohlen worden war. Weil sich nur auf diesem Weg ein Bild des Mörders finden ließ.
    Jetzt, in den frühen Morgenstunden eines Frühlingstags im Jahr 2059, knirschte unter ihren Stiefeln ein Meer aus gesplittertem Glas. Ihre kühlen, braunen Augen nahmen die geborstenen Spiegel, die zerbrochenen Flaschen, das gesplitterte Holz, die eingeschlagenen Wandbildschirme und die verkratzten, verbogenen Trennwände zwischen den Tischen wahr. Das kostbare Leder und die teuren Stoffe, mit denen die Barhocker und die bequemen Stühle bezogen gewesen waren, hingen in bunten Fetzen auf den Boden herab.
    Was einmal ein luxuriöses Striplokal gewesen war, war nur noch ein wirres Durcheinander teuren Mülls.
    Was einmal ein Mensch gewesen war, lag als Opfer hinter der breiten, geschwungenen Bar in seinem eigenen Blut.
    Lieutenant Eve Dallas ging neben ihm in die Hocke. Sie war Polizistin, und deswegen gehörte er jetzt ihr.
    »Männlich. Schwarz. Ende dreißig. Massive Traumata an Kopf und Körper. Mehrfache Knochenbrüche.« Sie nahm ein Thermometer aus dem Untersuchungsbeutel und maß die Körpertemperatur des Toten sowie die Temperatur im Raum. »Sieht aus, als hätte ihn schon der Schädelbruch das Leben gekostet, aber das hat dem Täter offensichtlich nicht genügt.«
    »Er hat regelrechtes Kleinholz aus dem armen Kerl gemacht.«
    Eve quittierte diesen Einwurf ihrer Assistentin mit einem leisen Knurren. Sie schaute auf die Überreste eines gut gebauten Mannes in den besten Jahren, der einen guten Meter fünfundachtzig groß, um die hundert Kilo schwer und anscheinend ziemlich durchtrainiert gewesen war.
    »Was sehen Sie, Peabody?«
    Automatisch wechselte der Officer das Standbein, blickte nachdenklich auf das Tohuwabohu und erklärte: »Das Opfer … nun, es hat den Anschein, als wäre das Opfer von hinten angegriffen worden. Wenn er nicht bereits beim ersten Schlag umgefallen ist, war er zumindest betäubt. Dann hat der Killer weiter auf ihn eingedroschen, unkontrolliert. Dem verspritzten Blut und der Hirnmasse zufolge wurde er zunächst mit Schlägen auf den Kopf traktiert. Dann, während er vermutlich ohnmächtig am Boden lag, weiter malträtiert. Ein paar von den Verletzungen wurden ihm auf jeden Fall nach Eintreten des Todes zugefügt. Wahrscheinlich ist der Metallschläger, der auf dem Boden liegt, die Mordwaffe gewesen. Der Täter muss sehr stark gewesen sein und stand möglicherweise unter Drogen. Leute, die zum Beispiel Zeus genommen haben, neigen zu Gewaltexzessen, wie hier anscheinend einer stattgefunden hat.«
    »Ungefährer Todeszeitpunkt war vier Uhr«, erklärte Eve, wandte den Kopf und musterte ihre Assistentin.
    Wie üblich war Peabodys Uniform frisch gestärkt und ordentlich gebügelt, und ihre Kopfbedeckung saß genau im rechten Winkel auf ihrem dunklen Haar. Sie hat gute Augen, dachte Eve, und obwohl sie angesichts der Szene, die sich ihnen nach Betreten des Lokals geboten hatte, etwas bleich geworden war, hielt sie tapfer durch.
    »Motiv?«
    »Sieht wie ein Raubmord aus.«
    »Warum?«
    »Die Kasse wurde aufgebrochen, und es ist nichts mehr drin.«
    »Mmm-hmm. Wahrscheinlich wird an einem schicken Ort wie diesem überwiegend mit Kreditkarte bezahlt, aber ein bisschen Bargeld war bestimmt im Haus.«
    »Zeus-Süchtige begehen schon für ein paar Münzen einen Mord.«
    »Das ist natürlich richtig. Aber was hat unser Opfer in einem Privatclub allein mit einem Süchtigen gemacht? Weshalb hätte er jemanden, der auf Zeus ist, hinter die Theke lassen sollen? Und …« Sie hob mit ihren versiegelten Fingern eine kleine Silbermünze auf, die in der Blutlache neben dem Toten schwamm, »weshalb hätte ein Süchtiger das hier liegen lassen sollen? Rund um das Opfer sind eine ganze Reihe Münzen auf dem Fußboden
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