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Federschwingen

Federschwingen

Titel: Federschwingen
Autoren: Lena Seidel
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und jederzeit begehrte.
    „Ich würde sagen, dies ist ein geeigneter Zeitpunkt für uns, um aufzubrechen. Ihr seid sicher auch ... müde“, sagte Erael.
    „Schon?“ Morten wirkte ein wenig enttäuscht. „Ihr könnt jetzt nicht losfliegen. In ein paar Minuten gehen die Raketen hoch. Das ist viel zu gefährlich.“
    Erael schaute zu Seere, der ebenfalls nickte. „Morten hat recht. Wartet wenigstens das Feuerwerk ab.“
    „Okay“, erwiderte Erael, überrascht über Seeres Fürsorge. „Aber danach seid ihr uns los.“
    Wie auf Kommando krachten die ersten Knaller und man hörte das Zischen der Raketen, die buntflirrende Sterne an den Nachthimmel zauberten.
    Die vier stellten sich an Mortens Panoramafenster und schauten nach draußen. Erael schlang seine Arme genauso um Dantalion, wie Seere das mit Morten machte. Nur war der Größenunterschied zwischen den beiden nicht so groß wie bei Dantalion und ihm. Er küsste Dantalion auf den Scheitel, während er mit ihm das Lichterspektakel da draußen betrachtete.
    Sie würden viele, viele weitere dieser Feiern erleben. Mehr als Morten. Sie würden jedes Jahr erleben, wie er sich veränderte, während sie ewig gleich blieben. Wie würde es wohl in zwanzig Jahren sein, hier zu stehen? Oder in fünfzig?
    Zerbrich dir nicht den Kopf über anderer Leute Probleme, hörte er Dantalions Stimme in seinem Geist. Sie werden die Zeit nutzen, die sie haben.
    Ja, aber ...
    Nein. Und jetzt hör auf, dir darüber Gedanken zu machen.
    Erael spürte förmlich, wie Dantalion sich aus seinem Hirn ausklinkte. So würde er ihm seinen Einwand später mitteilen müssen. Er hatte da nämlich so eine Idee.
    Der Gedanke, der ihm gekommen war, verließ ihn für den Rest des Feuerwerks nicht und auch nicht, als sie sich danach von Morten und Seere verabschiedeten. Zu Eraels absoluter Verwunderung reichte Seere ihm zum Abschied die Hand. Das freundliche Lächeln dazu machte aus der höflichen Geste eine herzliche.
    „Danke für die Einladung“, wandte er sich anschließend an Morten. Mit tiefer Aufrichtigkeit schüttelte er ihm die Hand. Das hier bedeutete ihm viel, denn es schloss die Kluft zwischen ihm und Seere ein wenig.
    Dantalion breitete zuerst seine mächtigen Schwingen aus und stürzte sich in die Nacht, die nach dem Feuerwerk noch dunkler wirkte. Erael folgte ihm eine Sekunde später, in Gedanken nach wie vor bei Morten und der damit zusammenhängenden Idee.
    „Es riecht ziemlich unangenehm“, meinte Erael. Der Wind wehte durch sein offenes Haar und zerrte an seiner dünnen Tunika.
    Dantalion grinste ihn im Flug an. „Finde ich gar nicht. Dieser Duft ist toll.“
    „Dass du den Geruch von Schwefel und Verbranntem toll findest, hätte ich mir ja denken können“, erwiderte Erael.
    „Es geht nicht um das Verbrannte. Sondern um die Ruhe nach dem Sturm. Die Menschen haben sich ausgetobt und dieser Geruch von entladener Energie ist es, der mir gefällt.“
    „So kann man es auch sehen “, entgegnete Erael und verdrehte leicht die Augen. Für ihn war das nicht so angenehm, wie es für Dantalion war, aber das lag wohl in der Natur eines Engels.
    Den Rest des Weges brachten sie schweigend hinter sich, doch es war wie so oft zwischen ihnen ein vertrautes Schweigen, das nichts Negatives an sich hatte. Und so konnte Erael weiter über das nachdenken, was ihm seit der Unterhaltung bei Morten im Kopf herumspukte.
    Es war keine Frage, dass er mit zu Dantalion in die Villa kam. Sie war sozusagen sein zweites Zuhause geworden, wenn man es genau nahm, obwohl er stets darauf achtete, nicht unbedingt Leonard über den Weg zu laufen. Bislang hatte er das auch sehr gut geschafft. Jelial war zwar nicht gerade begeistert, einen ihrer Untergebenen ständig ausgerechnet beim ‚Feind‘ zu wissen, doch so lange Erael seinen Pflichten nachkam – und Dantalion hinderte ihn nicht daran – konnte sie nichts dagegen unternehmen.
    Er landete sicher auf dem Fensterbrett von Dantalions Zimmer und machte einen kleinen Sprung ins Innere des Raums.
    Erael schloss das Fenster hinter sich und dematerialisierte seine Flügel, als Dantalion ihn von hinten umarmte.
    „Nein, lass sie draußen“, bat der leise und kuschelte sich in die kleinformatigen Flügelchen, auf die Eraels prächtige Schwingen geschrumpft waren.
    „Halbe Größe muss reichen“, meinte er, denn er hatte schon einmal eine Tischlampe im Eifer des Gefechts herunter geworfen.
    „Ich mag deine weißen Federn“, murmelte Dantalion und strich
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