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Federschwingen

Federschwingen

Titel: Federschwingen
Autoren: Lena Seidel
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zwangen sie in Verträge, die oft mit illegalen Geschäften zu tun hatten. Ein Großteil der Verbrechen auf dieser Welt ging auf ihre Rechnung. Leonard war der Anführer der Gruppe, die diese Region, die den halben Staat umfasste, bearbeitete, sofern man es so ausdrücken konnte. Leider waren sie damit sehr erfolgreich. Das war der Grund, warum sie, die Engel, hier zu viert stationiert waren, anstatt wie sonst üblich zu dritt.
    „Er hat mich gerufen und mir einen Vorschlag gemacht.“ Jelial machte eine kunstvolle Pause, die vermutlich die Spannung erhöhen sollte. Mühsam hielt sich Zamael davon ab, die Augen zu verdrehen. Welche Vorschläge konnte ein Dämon schon machen? Allein dass Jelial in Betracht zog, mit diesen Dämonen zu verhandeln, grenzte haarscharf an Verrat.
    „Ihr kennt doch alle Seere, oder?“
    „Wer kennt ihn nicht, diesen Bastard?“ Yashiel gelang es, zugleich ärgerlich und ängstlich zu klingen. Er wusste um die Ereignisse, die dazu geführt hatten, dass sich die beiden abgrundtief hassten. Diese Angelegenheit lag Jahrtausende zurück, und Yashiels Zorn war noch nicht abgeflaut. Wer konnte es ihm verübeln, obwohl er sonst eigentlich kein nachtragender Typ war?
    „Nun, Leonard hat mir verraten, dass Seere mit einem Menschen liiert ist.“
    „Was ist daran besonders?“, fragte Zamael gelangweilt. „Es ist allgemein bekannt, dass er jeden ins Bett zerrt, mit dem er einen Vertrag schließt.“
    „Diesmal ist es anders“, erwiderte Jelial mit einem unwahrscheinlich boshaften Grinsen, bei dem Zamael sich unwillkürlich fragte, ob sich eine solche Grimasse mit der menschlichen Vorstellung eines Engels deckte. Nein, sicher nicht.
    „Seit er Morten Rykers unter Vertrag genommen hat, gibt es für ihn keinen anderen mehr. Was uns in die glückliche Lage bringt, ihm einen derben Schlag zu verpassen. Leonard wird mir mitteilen, wann Seere das nächste Mal in der Hölle weilt, um seine Kräfte zu regenerieren. In der Zeit holen wir uns seinen kleinen Liebling. Leonard hofft darauf, dass Seere nach seiner Rückkehr verzweifelt in seine Arme sinken wird.“
    „Du willst mit Dämonen zusammenarbeiten?“, fragte Zamael entgeistert. „Warum?“
    „Wenn er weg ist, ist Seere am Boden zerstört. Leonard wird ihn trösten und damit den Blick für das Wesentliche verlieren. Bleibt also nur noch Dantalion übrig, und der ist allein so gut wie handlungsunfähig. Damit hätten wir die Wächter eine Weile vom Hals. Wenn sie dann endlich wieder aus ihren Löchern kommen, haben wir ihre Verträge aufgelöst.“
    „Das wird nicht klappen.“ Yashiels Prophezeiung klang düster. „Ihr kennt Seere nicht so gut . Der ist viel zu stur, um kampflos aufzugeben.“
    „Jelial?“ Diesmal war es Erael, der um das Wort bat. „Du erwartest von uns, dass wir einen Menschen töten, nur um Seeres Position zu schwächen?“ Er schien schockiert zu sein.
    Zamael biss sich auf die Lippe. Niemand durfte es wagen, einen Befehl von Jelial infrage zu stellen. Erael war inzwischen lange genug bei ihnen, um das verstanden zu haben. Erael war ein Menschenfreund, was an sich nichts Schlechtes war, immerhin waren sie ursprünglich zum Schutz von Gottes Ebenbild abgestellt worden. Allerdings hielten die meisten Engel die Menschen nicht für wertvoll, sondern für eine lästige Pflicht oder einen lustigen Zeitvertreib. Sicherlich keine besonders lobenswerte Sichtweise für Engel, aber durchaus eine gängige, seit der Allmächtige von der Bildfläche verschwunden war. Zumindest betraf das die Engel, die im Himmel residierten, auch wenn ihnen durchaus klar war, dass die Menschen allein wegen des Gleichgewichts zwischen Himmel und Hölle geschützt werden mussten. Der Einzelne war dabei nicht wichtig, es ging um die Menschheit im gesamten.
    „Niemand redet von Töten“, erwiderte Jelial prompt kühl. „Das ist nicht der Deal. Wir schaffen ihn aus Seeres Reichweite, das ist alles.“
    Zamael biss die Zähne zusammen. ‚ Das ist alles‘. Als wäre das so einfach ! Immerhin redeten sie hier von Seere. Leonard musste verzweifelt sein, sollte er glauben, dass sein Untergebener sich damit ohne Weiteres abfinden würde.
    „Das klappt nicht“, murmelte Yashiel erneut. „Nie und nimmer. Seere lässt es sich nicht gefallen, dass wir Morten Rykers holen, sofern er ihn wirklich liebt. Er wird sich nicht schluchzend in Leonards Arme werfen, auch wenn der sich das vielleicht wünscht. Das wird nicht klappen, Jelial.“
    Auch Zamael hatte
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