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Naminé - Liebe Deinen Feind

Naminé - Liebe Deinen Feind

Titel: Naminé - Liebe Deinen Feind
Autoren: Bettina Auer
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Prolog
     
    Der Regen ergoss sich wie tausend Liter Eimer Wasser über das Land. In der Ferne hörte die Elbin es donnern und ein Blitz schlug am Horizont ein.
    Naminé aber blieb ruhig, denn in ihr selbst tobte ein Sturm. Sie hielt ihr Pferd fest am Zügel, während sie im Sattel saß und sich ihr brauner Reiseumhang mit Wasser vollsog. Sie war froh, dass sie ihre Kapuze aufgesetzt hatte und so wenigstens ihre Haare vor dem Unwetter verschont blieben. Als erneut ein Blitz einschlug, schloss sie die Augen.
    Cyon, wo mag dein Mörder nur sein? , fragte sie sich in Gedanken und hatte immer noch das Bild ihres toten Bruders vor Augen: Ein Pfeil hatte aus seiner Brust geragt und an der Leiche waren mehrere Einstiche von einem Dolch zu erkennen gewesen. In der linken Hand ihres toten Bruders hatte eine schwarze Rose gelegen - das Zeichen der Elbenjäger.
    Erneute Trauer – vermischt mit Hass - durchströmte sie und sie zwang sich, ihre Tränen zurückzuhalten. Als sie ihren Bruder mit dem Zeichen der Elbenjäger in der Hand gefunden hatte,  hatte sie sich eines geschworen: Rache!
    Plötzlich hörte Naminé Hufschläge hinter sich. Sie blieb sitzen und wartete mit geschlossenen Augen, bis das fremde Pferd neben ihr zum Stehen kam.  »Du wirst es wirklich tun?«, fragte eine ihr sehr vertraute Stimme.
    Naminé öffnete ihre hellblauen Augen und sah neben sich. Aryl, eine Freundin ihres Elternhauses, war ihr nachgeritten und sah sie aus grünen Augen besorgt an. Ihr braunschwarzes Haar schaute unter ihrer Kapuze hervor. Die junge Elbin nickte nur knapp. Aryl seufzte hörbar auf. »Deine Eltern sind dagegen, Naminé. Du wirst seinen Mörder niemals finden; du weißt selbst, wie viele es von ihnen gibt!«
    »Warum töten sie uns Waldelben eigentlich?«, fragte Naminé stattdessen und ein erneuter Blitz war am pechschwarzen Himmel zu sehen. Geistesabwesend starrte sie in seine Richtung.
    »Sie geben uns die Schuld daran, dass sie den Krieg vor fünfundsiebzig Jahren verloren haben, weil unser damaliger Herrscher ihnen keinen Beistand leistete, als sie darum baten«, erklärte Aryl schließlich. Eine Weile sagte keine der beiden Elbinnen etwas. »Du wirst dich nicht davon abbringen lassen?« , fragte Aryl erneut. Naminé schüttelte stumm den Kopf. »Nein. Ich werde solange suchen, bis ich ihn gefunden und getötet habe.« Aryl legte ihr die linke Hand auf die Schulter. Sie biss sich auf die Unterlippe. »Versprich mir nur eines: Pass gut auf dich auf und mach keine Dummheiten.« Naminé lächelte still und umarmte Aryl.  »Nein. Das werde ich nicht tun«, sagte sie zum Abschied zu der Elbin, bevor sie ihrem Pferd sanft gegen die Flanke drückte und dieses den schmalen Weg von dem Vorsprung zum dichten Wald hinunterlief. Als Aryl ihr nachsah, rann ihr eine Träne über die Wange. Die Waldelbin hatte das mulmige Gefühl, Naminé zum letzten Mal gesehen zu haben.
     
    ***
     
    Der Regen hatte sich beruhigt, als Naminé endlich den Wald durchquert hatte. Die Bäume wurden weniger und in der Ferne sah sie die Stadtmauer von Vale, einer Stadt nahe der Grenze zum Waldelbenreich. Es war eine der wenigen Städte, in der sich Waldelben und Menschen freundlich begegneten. Wenn man tiefer ins Land hineinritt, wurde man als Waldelb mehr und mehr von den Menschen verachtet.
    Seit sie aufgebrochen war überlegte Naminé fieberhaft, was sie machen sollte, wenn sie mit dieser Situation konfrontiert wurde. Plötzlich hatte sie die Idee, sich als Hochelbin auszugeben. Die Hochelben waren bei den Menschen gern gesehen. Da sich sowieso so wenige Waldelben ins Menschenreich trauten, hoffte sie, dass i hre Lüge nicht auffallen würde. Sie fackelte nicht lange und beschloss, ihren Plan in die Tat umzusetzen, sobald sie in der Menschenstadt war.
    Als Naminé in Vale ankam, bemerkte sie sofort, dass der Sturm hier nicht spurlos vorübergegangen war. Viele Häuser waren zerstört: Fensterscheiben waren in tausende kleine Glasteile zersprungen, Bäume waren umgefallen und begruben vieles unter sich. Soweit Naminé sehen konnte, gab es keine Toten.
    Die Waldelbin ritt auf einen, wie ihr schien, noch intakten Gasthof zu.  Sie stieg von ihrer Stute und gab diese einem Stalljungen, der draußen schon auf sie wartete. Naminé wollte sich in dem Gasthof umhören, ob in der letzten Zeit ein Elbenjäger durchgekommen war, denn für diese war die Stadt Vale das reinste Paradies.
    Das Gasthaus war innen sehr gepflegt und einige Waldelben nickten Naminé zu,
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