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Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht
Autoren: Ilkka Remes
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fragte ihn Ralf: »Hast du irgendwas, das man als Schraubenzieher benutzen kann?«
    Timo reichte Ralf sein Leatherman Multitool, während er hörte, wie Wilson das Entschärfungsteam anforderte. Dann bekam Timo die Satellitentelefonnummer des NEST-Teams.
    Der Gammadetektor jaulte. Mit dem Schraubenzieher des Leatherman schraubte Ralf die Klappe an der Seite der Kernladung auf.
    »Setzt die Evakuierung von Boitsfort aus strahlenförmig fort«, sagte Timo ins Telefon, wobei er auf Ralfs Finger starrte, die gerade die Schutzklappe von der Größe einer Handfläche zur Seite schoben.
    Darunter kam ein Text zum Vorschein: ÏÐÈ ÐÅÃÓËÈÐÎÂÊÅ ÑÈÑÒÅÌÛ ÓÏÐÀÂËÅÍÈß ÍÅÎÁÕÎÄÈÌÎ Ó×ÅÑÒÜ ÑËÅÄÓÞÙÅÅ …
    Neben der Aufschrift war eine Flüssigkristallanzeige mit einer Zeitangabe, die von Sekunde zu Sekunde abnahm: 41:26 … 41:25 …
    Timo wischte sich den Schweiß vom Gesicht.
     
    Aus der Luft sah man in Boitsfort und in Auderghem Busse, die vor den Auffahrten zur Autobahn in Richtung Namur und zum Autobahnring im Stau standen. An den größeren Kreuzungen regelten Polizisten in orangefarbenen Westen den Verkehr, so dass die voll beladenen Fahrzeuge möglichst zügig vorankamen.
    Von Everen im Nordwesten her raste ein Chrysler-Van in Richtung Boitsfort, auf dessen Dach ein Blaulicht befestigt war. Unter der Motorhaube heulte die Sirene. Das Auto fuhr gegen den heftigsten Verkehrsstrom und wich Engpässen auf der Straßenbahntrasse aus. Auf der Geraden von Auderghem beschleunigte der Wagen auf 150 Stundenkilometer.
    Aus einer Querstraße schoss ein Bus. Der Chrysler konnte nicht mehr bremsen, deshalb trat der Fahrer noch fester aufs Gaspedal. Sie verfehlten sich nur um Haaresbreite.
    Auf dem Beifahrersitz sagte der Chef des NEST-Teams in sein Satellitentelefon: »Die Zeit reicht nicht.«
     
    Timo presste im Keller der Villa Eden das Telefon ans Ohr. »Was sagst du?«
    »Die Zeit reicht nicht«, wiederholte der Chef des Entschärfungsteams. Im Hintergrund hörte man die Sirene des Autos heulen. »40 Minuten reichen nicht aus, um eine SADM zu entschärfen. Dafür braucht man mindestens anderthalb Stunden, das ist absolutes Minimum. Wir müssten die Ladung an einen Steuerungsprozessor anschließen.«
    Timo holte tief Luft und versuchte, ruhig zu bleiben: »Ihr könnt die Ladung nicht mehr entschärfen?«
    Ralf stand neben ihm, die Augen starr vor Entsetzen. Der Alte hatte endlich aufgehört zu reden.
    »Sie fliegt einem um die Ohren, wenn man ohne sachgerechten Prozessor daran herumfummelt.«
    »Das wird sie ohnehin bald«, sagte Timo mit rauer Stimme. »Was sollen wir denn tun, verdammt noch mal?«
    »Tut, was ich sage, jede Sekunde ist wichtig. Ihr bringt jetzt die SADM zum Helikopter.«
    Timo stellte die Freisprechfunktion ein und sah auf die Uhr. »Der Pilot ist schon weg.«
    »Nein. Wir haben Kontakt zu ihm aufgenommen und ihm befohlen, auf euch zu warten.«
    »Wo sind die Autoschlüssel?«, fragte Timo den Alten.
    Der reagierte nicht.
    Timo packte ihn am Kragen und kam mit seinem wütenden Gesicht ganz dicht an das Gesicht des Greises heran. »Die Autoschlüssel.«
    Der Alte sah Timo herausfordernd an. »In der Nachttischschublade.«
    »Hol sie!«, befahl Timo Ralf. »Wir bringen das Ding zum Wagen.«
    Ralf verschwand durch die Tür, und Timo packte das Gehäuse an den Griffen. Mit Mühe gelang es ihm, einen Teppich darunter zu schieben, auf dem er es durch den Raum zog, ohne noch auf den Schmerz in seinem Fingerstumpf zu achten.
    » Diables d’idiots! Wollt ihr mich hier sitzen lassen?«
    »Was hast du denn gedacht?«, zischte Timo.
    Der Chef des Entschärfungsteams sprach weiter: »Der Helikopter wird mit der Ladung an Bord in vollem Tempo zur Küste fliegen.«
    Timo nahm alle Kraft zusammen, um den Kasten über die Schwelle zu heben. »Wir könnten sie in Zaventem in den Jet umladen«, keuchte er und zog die Ladung weiter durch den Keller.
    »Wir haben keine Zeit für einen Flugzeugwechsel. Jede Sekunde muss darauf verwendet werden, die SADM möglichst weit weg von bewohntem Gebiet zu bringen. Im letzten Moment wird sie über dem Meer abgeworfen.«
    Ralf kam mit den Schlüsseln in der Hand die Treppe herunter und packte die Kiste an einem Ende an. Die Zahlen auf der Flüssigkristallanzeige zuckten: 39:02 … 39:01 … 39:00 … 38:59 …
    »Der Helikopter ist startklar, hoffentlich auch der Pilot. Er wird der Held dieser Tragödie sein.«
    Erst da begriff Timo, was das
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