Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewige Nacht

Ewige Nacht

Titel: Ewige Nacht
Autoren: Ilkka Remes
Vom Netzwerk:
bedeutete …
    Inzwischen hatte er mit Ralf und der Ladung den schmalen Gang durchquert und die Garage erreicht.
    »Es fällt mir schwer, das zu sagen, aber wir brauchen außer dem Piloten einen weiteren Freiwilligen. Einer muss den Abwurf vornehmen. Der Pilot kann nicht zwei Dinge gleichzeitig tun. Falls der Helikopter ins Meer stürzt, kommt die Ladung nicht in den freien Fall und kann nicht tief genug sinken.«
    »Der Helikopter hat eine Autopilot-Funktion«, sagte Ralf. Sie stellten die Ladung ab und machten den Kofferraum des Rolls-Royce auf. »Der Pilot kann das Ganze bis zum Schluss alleine durchziehen.«
    »Zwei ist sicherer. In jeder Hinsicht.«
    Timo verstand, was der Chef des Entschärfungsteams meinte. Eine SADM, die bald explodierte, durfte nicht den Entscheidungen und dem Handeln eines einzigen Menschen überlassen werden.
    Timo und Ralf hoben die Bombe in den Kofferraum, dessen cremefarbene Veloursauskleidung aussah wie in einem Neuwagen.
    »Ich fliege mit«, sagte Ralf.
    Timo setzte sich ans Steuer und ließ den Motor an. Das Armaturenbrett war altmodisch und vornehm. Ralf sprang auf der anderen Seite in den Wagen, der schon losfuhr, kaum dass Ralf die Tür zugezogen hatte.
    »Hast du gehört?«, fragte Ralf. »Im Notfall kann ich fliegen.«
    Timo fuhr mit Vollgas rückwärts aus der Garage. Er verstand Ralfs Angebot. Er hatte diese Katastrophe verursacht, sollte er dafür zahlen. Einer von ihnen beiden musste in den Hubschrauber. Aber konnte man diesem Irren vertrauen?
    Timo bremste etwas, da sich das Garagentor als schmaler erwies, als er es in der Eile eingeschätzt hatte. Die rechte Seite des Wagens geriet zu dicht an den Rahmen, aber der Fehler war jetzt nicht mehr zu korrigieren, weshalb Timo weiter aufs Gas trat. Der Seitenspiegel wurde abgerissen, aber der schwere Wagen fuhr ungehindert rückwärts die steile Rampe hinauf in den Garten.
    »Bist du einverstanden, dass ich mitfliege?«, fragte Ralf.
    Timo fuhr über den Rasen auf das geschlossene Tor zu. Der starke Motor gehorchte seinem Gasfuß nur zu gut, das Heck des Wagens scherte aus und traf auf eine Löwenstatue.
    »Wenn du so weitermachst, sprengst du die Ladung selbst in die Luft«, sagte Ralf und hielt sich an dem Griff über dem Fenster fest.
    »Bis zur Küste sind es 90 Kilometer«, sagte die Stimme aus dem Telefon in Timos Tasche. Er wich der Bambuspflanzung aus, und die Vorderräder pflügten durch die Rosenrabatten.
    »Ihr müsst die Ladung so weit wie möglich wegbringen. Mit jeder Sekunde vergrößert ihr den Abstand zu bewohntem Gebiet. Erst kurz vor der Explosion dürft ihr sie abwerfen. Dann sinkt sie immer noch einige hundert Meter in die Tiefe …«
    »Und der Schiffsverkehr?«
    »Die Lage wird gerade geklärt. Lasst das unsere Sorge sein. Die Schiffe in der Gegend werden bereits umgeleitet.«
    Vor dem schmiedeeisernen Tor reduzierte Timo das Tempo auf Schrittgeschwindigkeit. Der Bug des Wagens stieß gegen das Tor, und die Scheinwerfer zerbrachen klirrend. Aber auch das Schloss, das die beiden Torhälften zusammenhielt, barst, und die Torflügel schwangen auf. Eine schwarz gestrichene Kette hielt sie jedoch nach wie vor zusammen.
    » Der EMP-Puls stellt den Helikoptermotor aus«, tönte es aus dem Telefon.
    Timo schaltete das Automatikgetriebe auf R und stieß mit Vollgas zurück.
    »Und spätestens die Druckwelle oder die Strahlung wird die Insassen töten …«
    Timo schaltete wieder auf Dauerfahrt, trat aufs Gas und rammte das Tor auf. Er drehte heftig am Steuer, um das schlingernde Auto auf der Straße zu halten. Ein Vorderlicht hing an den Kabeln heraus und schleifte über den Asphalt.
    »Auf dem Festland wird die Strahlung aufgrund der Entfernung und der Wassermasse keine gravierenden Probleme erzeugen. Die Dosis entspricht einigen überflüssigen Röntgenaufnahmen. In der Atmosphäre sind schon Hunderte von Atomversuchen vorgenommen worden …«
    Timo beschleunigte auf der kurzen Geraden, die an einem kleinen Kreisel endete. Dort drang das Geräusch der Hubschrauberrotoren in den lautlos fahrenden Wagen. Der angeschlagene Rolls-Royce sprang so heftig und schwer über die Verkehrsinsel, dass die eine Vorderfelge auf das Pflaster schlug. Der Wagen schoss über die Fahrbahn hinaus und prallte gegen einen Briefkasten, der eine tiefe Narbe in die Seite des Fahrzeugs zog.
    »Kannst du nicht fahren?«, stöhnte Ralf auf.
     
    Die Metro setzte sich in Bewegung. Mit beiden Händen hielt Aaro die Haltestange umklammert. Durch
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher