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Black Jack: Bei Anruf Mord!

Black Jack: Bei Anruf Mord!

Titel: Black Jack: Bei Anruf Mord!
Autoren: Christiane Heggan
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1. KAPITEL
    „H e, he, he!“ Kelly Robolo riss das Steuer ihres hellblauen VW-Käfers herum und drückte auf die Hupe, als ein Linienbus von der Haltestelle losfuhr und sie so rücksichtslos schnitt, dass sie eine Vollbremsung machen musste.
    Ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen, drängte der Fahrer mit seinem Bus weiter in die verstopfte Straße vor. Damit brachte er den Berufsverkehr an diesem Montagabend auf der viel befahrenen Broad Street von Philadelphia vollends zum Stillstand. Wieder hupte Kelly, außer sich vor Wut.
    „Idiot!“ schrie sie, obwohl sie wusste, dass der Fahrer sie nicht hören konnte. „Deinen Monatslohn bezahle immer noch ich, klar?“
    Als der Bus weiterfuhr und die Ampel auf Rot sprang, lehnte Kelly sich in den Sitz zurück und seufzte frustriert. Sie war ja schließlich selbst schuld, dass sie während der Rushhour in der Innenstadt festsaß. Aber Dr. Brady hatte wie immer seine Sprechstunde überzogen, und obwohl Kelly zunächst erwogen hatte, sich einen neuen Termin geben zu lassen, hatte sie es sich dann doch anders überlegt und geduldig gewartet, bis sie an die Reihe kam. Je früher der Doktor sie gesundschreiben würde, desto eher konnte sie wieder zur Arbeit. Dass er sie statt dessen weitere zwei Wochen für arbeitsunfähig befunden hatte, trug wesentlich zu ihrer schlechten Stimmung bei.
    Während sie auf grünes Licht wartete, nahm sie die Finger vom Steuerrad und entspannte sich. Trotz des lärmenden Verkehrs, der rücksichtslosen Busfahrer und der Unannehmlichkeiten, mit denen sich die Einwohner von Philadelphia täglich herumschlagen mussten, liebte Kelly diese Stadt. Sie liebte ihre Geschichte, den unbeugsamen Optimismus ihrer Einwohner, den Abwechslungsreichtum ihrer Bezirke. Sie mochte sogar das Klima – besonders in dieser Jahreszeit, wenn der Himmel bedeckt war und eine Ahnung von Schnee in der Luft lag.
    Nachdem sie dem Tod von der Schippe gesprungen war, hatte sie eine Weile lang überlegt, Philadelphia den Rücken zu kehren und irgendwo anders neu anzufangen, vielleicht in New York oder Chicago. In beiden Städten gab es ausgezeichnete Zeitungen, und mit ihren Referenzen als hartnäckige Reporterin, die auf Enthüllungsfälle spezialisiert war, wäre es ihr sicher nicht schwer gefallen, eine neue Stelle zu bekommen.
    Aber schließlich hatte sie sich doch nicht dazu durchringen können. Sie hatte hier ihre Wurzeln, ihre Mutter, Freunde und einen Beruf, den sie liebte – wenn er sie auch fast das Leben gekostet hätte.
    Plötzlich hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden, und sie schaute aus dem Seitenfenster. Neben ihrem VW stand ein Streifenwagen, aus dem sie zwei Beamte unverhohlen anstarrten. In ihren Mienen spiegelte sich eine Mischung aus Wut und Verachtung. Noch vor fünf Wochen hätten sie ihr zugewinkt, denn Kelly Robolo war auf allen Polizeirevieren der Stadt bekannt. Nach dreizehn Jahren beim
Philadelphia Globe
hatte sie den Respekt und sogar die Bewunderung von einigen der zähesten Polizisten Philadelphias gewonnen.
    Aber das hatte sich gründlich geändert.
    Als die Ampel wieder auf Grün sprang, fuhr der Streifenwagen nicht los, sondern fädelte sich hinter ihren VW ein. Sie stellte fest, dass die Beamten ihr folgten. Möglicherweise wollten sie ihr wieder einen Strafzettel verpassen, den sie nicht verdiente. Allein in den letzten drei Wochen hatte sie drei Verwarnungen bekommen – eine, weil sie angeblich bei Rot über eine Ampel gefahren, eine weitere, weil sie zu schnell gefahren und eine dritte, weil sie an einem Stoppschild nicht stehen geblieben war. Die Polizisten hatten mit Gleichmut auf ihre heftigen Proteste gegen die falschen Anschuldigungen reagiert und lediglich gesagt, dass sie die Protokolle ja vor Gericht anfechten könnte.
    Es hatte noch andere Vorfälle gegeben, direkt vor ihrer Haustür – der zerstörte Briefkasten, das Wort „Nutte“, das in großen, blutig roten Buchstaben auf die Eingangstür gesprüht worden war, die beiden zerstochenen Reifen an ihrem Wagen. Sie konnte zwar nicht beweisen, dass die Polizei von Philadelphia diese Taten begangen hatte, aber wer sonst hasste sie so sehr, dass er zu solchen Racheakten fähig war?
    Sie hatte diese Vorfälle nur einem Menschen gegenüber erwähnt – ihrer besten Freundin Victoria Bowman. Da Victoria nicht zu denen gehörte, die leichtfertig ein Risiko eingingen, hatte sie Kelly gedrängt, eine Anzeige beim Polizeipräsidenten zu erstatten, den sie sehr gut kannte.
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