Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)

Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)

Titel: Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
Autoren: Youya Lo
Vom Netzwerk:
Schmerz in ihrem
aufgerissenen Körper schon sehr viel milder geworden war. War das ein Zeichen
dafür, dass sie starb?
    Das war okay, wenn der Racheengel in Gestalt eines
Halbwüchsigen das tun würde, was Julian vorausgesagt hatte. Aber er nahm sich
Zeit. Er legte seine Hand auf das blutige Loch in Nikas Bauchdecke und sie
spürte, wie ein warmes Prickeln sich in ihr ausbreitete und den Restschmerz sofort
darin auflöste.
    Als er die Hand wieder hob, klebte überhaupt kein Blut
daran. Der Junge strich über Nikas Gesicht, so wie man die Gesichter von
Kindern wäscht, nur ohne Wasser und vielleicht noch vorsichtiger. Der
Restschmerz, den die verheilenden Fragmente ihrer Gesichtsknochen noch ausstrahlten,
verschwand.
    Das konnte doch nicht richtig sein. Musste sie
wirklich erst zusammengeflickt werden, bevor sie starb?
    „Was tust du denn da?“, fragte sie verwirrt.
    Der Engel lächelte.
    „Du bist echt die Allererste, die so was Bescheuertes
fragt.“ Er stand auf und zog sie und Daniel mit sich. Weit und breit war kein
einziger Tropfen Blut zu sehen. Sogar Meejaels Kleidchen war wieder wie neu.
    „Es tut mir so leid, was ´jael angerichtet hat. Aber
dein Körper ist jetzt wieder okay. Alles wie vorher, inklusive Uterus und so,
alles kein Problem. Nur… nur das Mädchen kann ich dir nicht zurückgeben. Glaub
mir, ich würde es tun, wenn es ginge, aber nicht mal unsere Kräfte reichen so
weit.“ Er holte Luft und musterte Nika. „Es wird ihr gut gehen, bei uns. Versprochen.“
    Nika runzelte die Stirn. Sie verstand beim besten
Willen nicht ein einziges Wort.
    „Wie meinst du das? Wem wird es gut gehen? Von welchem
Mädchen redest du?“
    Aber er sagte nichts weiter.
    Aus irgendeinem Grund ergossen sich eisige Schauer über
ihrem Nacken und brachen bis in ihre Brust. Sie umspülten ihr Herz und froren
es ein. Noch mal und noch mal. Im Takt ihres Herzschlags.
    „Welches Mädchen-“ Ihre Stimme war nur das Echo des
einen, einzigen Gedanken, der durch ihren Kopf dröhnte. Der Engelsjunge hatte
sie nicht zusammengeflickt, um sie dann sterben zu lassen. Daniel griff nach
ihrer Hand.
     
    Wie konnte das sein? Der Junge musste sich irren.
    Aber er war nicht irgendwer, er war ein Bote Gottes!
Und er hatte Nika eröffnet, was Daniel schon gewusst hatte, das konnte sie
jetzt deutlich in den traurigen, grauen Silberseen erkennen. Natürlich, ja, Nika
hatte ein paar Veränderungen an und in ihrem Körper bemerkt. Vor allem am
Anfang. Und dann wieder, vor einer Weile. Nika hatte das für normal gehalten,
für einen Teil der Umwandlung. Sie hatte geglaubt, alles müsste so sein. Alles
würde für immer so sein, denn jetzt war sie eine Engelsblüterin, und die wurden
nicht einfach so schwanger. Die genetisch veränderten Körper erlaubten das
nicht. Der Selbstheilungsprozess verhinderte die Einnistung neuen Lebens,
genauso wie er ein Krebsgeschwür ausmerzen würde. Krankheiten perlten von den Umgewandelten
ab, wie Dreck von einer Lotusblüte. Und trotzdem stimmte, was der Junge gesagt
hatte.
    Nika hatte es gerade in Daniels Augen gesehen.
    Sie rechnete nach. Rechnete noch einmal. Ihre Lippen
bewegten sich stumm. Sieben Wochen? Sie bekam kaum noch Luft. Sie tastete nach
dem wiederhergestellten, glatten Bauch, als könnte sie es dann fühlen und
leichter glauben. Aber da war nichts zu fühlen.
    Nur ein Puls unter der Bauchdecke. Ihrer.
    Exakt 49 Tage. Soviel Zeit war vergangen, seit Beckys
Schuss in Nikas Herz. Seit der Umwandlung. Seit Daniel. 49 Tage, seit Miami.
Sie schwankte, aber Daniel fing sie auf. Nika machte sich los.
    „Ich werde dich in Stücke reißen, du…!“
    Der Hass auf Meejael schwoll so in ihr an, dass er
Nika erstickte und verstummen ließ. Sie sprang auf das Monster los.
     
    „Lass mal, ich regle das.“
    Die Kinderhand des Racheengels schloss sich wie eine
Eisenkette um Nikas Handgelenk. Eine Eisenkette, die mit Valium getränkt war,
denn sie betäubte Nika. Außer einer stumpfen Leere blieb nichts in ihr zurück.
Von Wut und Trauer blieb nur die Erinnerung.
    Die Augen des Jungen durchdrangen sie. Wenn er ihr
eben noch vorgekommen war wie ein Zwölfjähriger, dann war er das jetzt nicht
mehr.
    „Heute ist ein Glückstag, Nika, lass das Kind gehen.
Wir nehmen es auf als eines von uns, verstehst du?“
    Ja.
    „Ich weiß.“ Trotzdem füllten Nikas Augen sich mit
Tränen. Er nickte.
    „Also dann.“
    Sein Leuchten verstärkte sich, als er seine Hand
ausstreckte. Das Schwert erhob sich aus dem Gras
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher