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Das blaue Feuer - Roman

Titel: Das blaue Feuer - Roman
Autoren: Bastei Lübbe
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Prolog
 
    S o viele Dinge in meinem Leben endeten im Feuer.
    Meine Eltern, in Seide gehüllt auf dem Scheiterhaufen. All meine Habe verbrannt von den Soldaten, nachdem sie unser Haus gestohlen und meine kleine Schwester Tali und mich auf die Straße geworfen hatten. Und jetzt meine Stadt, Geveg. In Flammen, weil Menschen den Verstand verloren haben.
    Gestern hat uns der Erhabene belogen. Er hat behauptet, dass die Heiler in der Gilde der Heiler gestorben seien, obwohl er sie in Wirklichkeit gefangen hielt. Mit ihnen experimentierte. Sie mit Schmerzen vollstopfte, um zu sehen, ob sie spezielle Fähigkeiten entwickelten, wie die, über die ich verfüge.
    Gestern habe ich diese Lügen entlarvt.
    Aber ich habe auch meine Geheimnisse preisgegeben.
    Schon bald wird der Herzog von Baseer von mir erfahren. Man wird ihm von meinen Fähigkeiten berichten und dass ich es war, die die Experimente der Gilde zunichte gemacht hat, welche sie an meiner Schwester - und an meinem Volk - auf seinen Befehl hin durchführten.
    Noch schlimmer, man würde ihm auch berichten, wie ich das geschafft hatte.
    Ich schloss die Augen, aber die Bilder von dem roten Nebel an den Wänden verschwanden nicht. Wahrscheinlich würden sie nie verschwinden. Ein Leben - ausgelöscht durch mich.
    »Nya?«, flüsterte Aylin und legte mir die Hand auf die Schulter. »Wir können hier nicht viel länger bleiben. Die Menschen fangen an, uns anzustarren.«
    Ich schaute auf, fort von der Marmorstatue der heiligen Saea. Das Heiligtum war gefüllt, aber still. Die Menschen im Gebet versunken. Nun, nicht alle. Augen betrachteten mich, flüsterten hinter vorgehaltenen Händen. Ich konnte mir vorstellen, was sie sagten.
    Sie ist es. Die Schifterin. Das Mädchen, das Schmerz leiten kann, von einem Menschen zum anderen. Das die Lehrlinge gerettet hat. Das den Erhabenen getötet hat.
    Mehr konnte ich mir nicht vorstellen. War ich für sie eine Heilige oder eine Sünderin? Ich war mir selbst nicht sicher.
    Ich stand von der Bank auf und zog Tali mit. Wir folgten Aylin zur Tür und warteten, während sie die Straße überprüfte.
    »Alles sauber«, sagte sie und steckte den Kopf wieder herein. Rauch quoll herein.
    Draußen stand Danello und hielt Ausschau nach Soldaten. Er lächelte und nahm meine Hand, dann strich er mit dem Daumen über meine Fingergelenke. »Bist du-« er zögerte, »hungrig?«
    Er fragte nicht »Alles in Ordnung?«, wie mich jeder seit gestern Nacht fragte. Erleichtert seufzte ich. Hungrig war eine Frage, die ich beantworten konnte.
    »Ich könnte etwas essen.«
    »Dann wollen wir dich mal nach Hause bringen.«
    Zuhause war Aylins Zimmer in einer Herberge. Es war kaum groß genug für sie, ganz zu schweigen von mir und Tali, aber es musste genügen, bis wir ein sichereres Versteck fanden.
    Draußen war der Rauch dichter geworden, und der Wind trug das Prasseln des Feuers sowie Asche herüber. Die Soldaten des Generalgouverneurs patrouillierten die Straßen auf und ab und trieben jede Gruppe, die aus mehr als fünf Menschen bestand, auseinander. Wer sich wehrte, bekam Schläge. Heilige, sie schlugen sogar diejenigen, die nichts Schlimmeres verbrochen hatten, als dazustehen und die Flammen zu betrachten. Derartige Schläge hatten bisher einen Aufruhr verhindert, aber das würde wohl nicht so bleiben. Mein Bauch sagte mir, dass Geveg noch vor Ende der Woche in Flammen stehen würde.
    Und dann würden die Soldaten nach mir suchen.
    Unwillkürlich fragte ich mich, ob meine Freiheit auch im Feuer enden würde.

Erstes Kapitel
 
    V erantwortungsbewusstsein ist völlig überbewertet. Klar, es klingt gut - nimm die Kontrolle über dein Leben in die Hand, triff deine eigene Wahl -, aber es bedeutet auch, für seine Fehler bezahlen zu müssen. Und wenn dein Leben nicht so läuft, wie du geplant hast; naja, dann reißen deine Fehler tiefere Löcher in die Taschen als du es dir leisten kannst.
    Ich hoffte, meine Taschen waren groß genug für den Mist, den ich gebaut hatte.
    »Ist Aylin zurück?«, fragte mich Tali leise von der Schwelle zum Sonnenraum. Hinter ihr kauerten einige Mädchen; ein paar Schmerzlöser, die wir letzte Woche gerettet hatten und bis jetzt nicht von den Inseln hatten schmuggeln können.
    »Nein«, antwortete ich. »Sie ist immer noch auf der Suche.« Ebenso Danello, aber nach ihm hatte sich Tali nicht erkundigt.
    »Ist es so schlimm?«
    »Keine Ahnung. Es hängt von den Anwerbern ab.«
    Die Löser hinter Tali wurden blass und wichen
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