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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug
Autoren: David Christie Murray
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zwei oder drei andre Gegenstände, die aus dem allerbesten Stahl und genau nach seinen Angaben hergestellt werden mußten. Er war sehr offen und gesprächig und erzählte mir, wie große Freude er an Drechsler- und Schreinerarbeiten habe. ›Ich habe drei Jahre gebraucht, bis mein Haus fertig war, aber jetzt enthält es auch vom Keller bis zum Dach nichts, was ich nicht selbst gemacht hätte.‹ Dies ist natürlich nichts Ungewöhnliches, denn es gibt viele Leute, die Langeweile haben und sich die Zeit auf diese Weise vertreiben, trotzdem wunderte ich mich, wozu er wohl alle die Brecheisen brauche und warum er sie alle mit Leder bedeckt haben wollte gleich diesem hier. Doch mich ging dies ja nichts an; ich nahm die Bestellung entgegen und er gab mir zwei Pfund als Vorschuß und ging, und seither habe ich nichts mehr von ihm gehört.«
    »Er hat die Werkzeuge nie abgeholt?« fragte Esden.
    »Nie, Herr Esden. Dies ist eines davon, und wenn in ganz London überhaupt ein Einbruchswerkzeug zu finden ist, so ist es dies. Und es ist vorzüglich gearbeitet! wäre nicht der Lederbezug, so machte ich jede Wette, daß niemand, selbst Sie nicht, Herr Esden, den Ansatz finden könnte – da, sehen Sie her!« Mit der sicheren Gewandtheit des geübten Mechanikers schraubte er die Brechstange so rasch auseinander, daß es aussah, als ob sie ihm in der Hand auseinanderfalle. »Sehen Sie her,« fuhr er fort und wies dem Advokaten die Schraube; »das greift ineinander wie ein Uhrwerk, und dünn wie es ist, gibt es doch in ganz London keine Thüre, die nicht auffahren würde, sobald Sie einen Spalt entdeckten, der groß genug wäre, um die Spitze dieses Hakens einführen zu können.«
    Herr Gale hatte sich über der Bewunderung des Werkes seiner Hände etwas ins Feuer geredet und seine Finger, die für einen so mageren Mann außerordentlich schwielig und kräftig waren, schlossen sich unwillkürlich mit festem Griff um die Brechstange, während er deren Anwendung erläuterte. Fast im nämlichen Augenblick gewahrte er aber das verständnisinnige Lächeln, das um Esdens Lippen zuckte, und hielt inne.
    »S' ist für einen des Einbruches verdächtigen Menschen eine häßliche Sache, etwas Derartiges im Hause zu haben, nicht wahr?« fragte Esden.
    »Nun ja, Herr Esden,« sagte Gate mit etwas übermachter Aufrichtigkeit; »eine sehr häßliche Sache, aber das merkwürdigste dabei ist, daß die Polizei dies Werkzeug nicht gefunden hat, trotz der Haussuchungen, die sie bei meiner Verhaftung und später wiederholt angestellt hat. Guter Gott, wenn sie es gefunden hätten!«
    Sein plötzliches Erschrecken bei dieser Vorstellung war echt genug und wieder wischte er seine Stirne mit dem Taschentuch ab. »Die Vorsehung steht dem Unschuldigen bei, Herr Esden. Dies Werkzeug lag unter den andern Vorräten und hätte leicht genug gefunden werden können, und doch ist es ihnen entgangen. Das war der FingerGottes, Herr Esden, ja, ja, der Finger Gottes, sage ich Ihnen!«
    Noch immer schmunzelnd, drehte Esden die beiden Hälften hin und her, untersuchte sie mit höchstem Interesse und schraubte sie dann zusammen.
    »Ja,« meinte er, »das ist sehr hübsch gearbeitet.«
    »Da kommt mir ein Gedanke, Herr Esden,« sagte Gale und beugte sich mit überzeugendem Lächeln über den Pult. »Sie haben das Geld nicht genommen – entschuldigen Sie, daß ich meine Ungeschicklichkeit überhaupt noch einmal erwähne – wollen Sie nicht dies Werkzeug zur Erinnerung an einen dankbaren Klienten annehmen?«
    »Dies?« fragte Esden und hielt die Brechstange mit komischem Erstaunen in die Höhe.
    »Warum nicht? Ich würde es nicht dem ersten Besten anbieten, aber in den Händen eines Gentleman wie Sie – und es hat gar keinen Wert, wenigstens keinen von Belang, so brauchen Sie sich also nicht zu schämen, es aus den Händen eines armen Mannes, der eine große Verpflichtung gegen Sie hat, anzunehmen.«
    »Aber was soll ich denn damit thun?« fragte Esden.
    »Natürlich nützt es Sie nichts, aber es ist doch interessant, interessant durch den Zusammenhang könnte man sagen. Und es ist gutes Material und ein wahres Meisterstück, wenn man dies von seiner eignen Arbeit sagen darf. Nehmen Sie es, Herr Esden, ich kann es zu nichts gebrauchen, ja, es ist sogar gefährlich für mich, und es können viele Jahre vergehen, bis ein Käufer kommt, der etwas Derartiges sucht. Sie können es ganz leicht in der Brusttasche tragen – so.« Er schraubte es auseinander und hielt dem Anwalt
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