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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug
Autoren: David Christie Murray
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Mann,« erwidert der Anwalt, »Sie können mir hier alles sagen, was Sie zu sagen haben.«
    »Nein, offen gestanden, das kann ich gerade nicht,« gab Gale zurück, »aber wenn Sie nur die Freundlichkeit haben wollten, ein paar Schritte mit um die Ecke zu gehen, so würde ich Sie nicht eine Minute aufhalten, und es würde sich, glaube ich, auch lohnen.«
    Esden starrte ihn immer verwunderter an.
    »In meinem ganzen Leben bin ich noch nicht so neugierig gewesen,« sprach er zu sich selbst. »Zeigen Sie mir den Weg!« sagte er dann laut.
    »Danke,« antwortete Gate, »ich bin Ihnen sehr verbunden.«
    Esden folgte ihm, faßte seinen Spazierstock in der Mitte und wog ihn vorsichtig in der Hand. Sein Gefährte schritt rasch voran, zog einen Bund Schlüssel aus der Tasche und klimperte im Gehen damit. Nach etwa hundert Schritten hielt er vor einem kleinen, niederen Laden an, den er wie gewohnheitsgemäß rasch aufschloß. Der Raum gähnte schwarz hinter der Thüröffnung, der Kaufmann trat zur Seite und forderte seinen Gefährten durch eine Handbewegung auf, näher zu treten.
    »Nach Ihnen,« sagte Esden, noch immer den Stock in der rechten Hand wiegend.
    »Sehr wohl, Herr Esden,« erwiderte Gale, trat ein und zündete einen Gasarm an, der pfiff und zischte, als er das Streichholz daran hielt. Esden folgte ihm und befand sich plötzlich in einer nach Packpapier, Oel und moderigem Holz riechenden Atmosphäre, An drei Seiten waren vom Boden bis zur Decke Fächer angebracht, die mit gleichmäßig in Packpapier gewickelten, sorgfältig zugebundenen, schwer aussehenden Paketen angefüllt waren. Auf einer großen Wage auf dem Ladentisch lagen fünf oder sechs Pfund schwere Nägel, die die eine Schale herabgedrückt hatten, während die leere Schale sich in ihre Kette verwickelt hatte. Auf dem Fußboden und dem Ladentisch lagen pünktlich geordnet Eisenstangen in denverschiedensten Größen, Meißel, Hämmer, Sägen, Bohrer – kurz all das Zubehör einer Eisenhandlung. In einer Ecke hinter dem Ladentisch stand ein grün angestrichener Kassenschrank in die Mauer eingelassen.
    Gale schloß die Thüre und der Anwalt beobachtete ihn, an den Ladentisch gelehnt, mit ruhigem, klugem Blick, da er nicht wußte, was kommen sollte, und einigermaßen erstaunt war, sich allein in solcher Gesellschaft zu befinden. Ohne auch nur einen Blick auf ihn zu werfen, schritt sein Gefährte um den Ladentisch herum, nahm seinen Schlüsselbund wieder zur Hand und schloß den Kassenschrank auf, aus dem er einen Geldkasten nahm, den er auf den Ladentisch setzte. Mit wachsender Aengstlichkeit und Verlegenheit öffnete er nun auch die Kassette und entnahm ihr fünf schmutzige Zehnpfundnoten.
    »Ich weiß nicht, wie ich es vorbringen soll, Herr Esden,« sagte er aufblickend, »aber die Dankbarkeit eines gewöhnlichen Mannes darf sich vielleicht in dieser Form ausdrücken –« und er hielt ihm die Scheine mit seiner harten, schwieligen Hand entgegen.
    »Nun, wahrhaftig, Sie sind in Ihrer Art gar kein so übler Bursche, Gale,« erwiderte Esden.
    »Ich bin Ihnen sehr dankbar, denn wissen Sie, ich habe Angst gehabt, Sie könnten es für beleidigend halten, wenn ich so spreche,« sagte Gale, der ihm die Noten noch immer hinhielt.
    Der Anwalt wischte eine dicke Schicht Staub weg, um für seine Ellbogen Platz zu machen, stützte diese auf den Ladentisch und sagte dann: »Na, wissen Sie, es ist beleidigend und ist es auch wieder nicht. Legen Sie die Noten weg, bitte. Legen Sie sie sofort weg,« wiederholte er scharf, als er sah, daß ihn Gale mit einem Ausdruck plötzlicher Enttäuschung anstarrte und ihm die Scheine noch immer entgegenhielt.
    »Ich dachte, Sie würden sie nehmen, Herr Esden,« sagte Gate.
    »So, dachten Sie dies?« fragte Esden zornig. Er hätte, wie er selbst am besten wußte, nicht nötig gehabt,ärgerlich zu sein, wäre es nicht um der Versuchung willen gewesen, die auf ihn einstürmte. Es war natürlich ganz unmöglich, das Geld anzunehmen, aber niemand hätte es je erfahren und er befand sich in so druckender Bedrängnis.
    »Bitte um Vergebung,« entschuldigte sich Gale, die Noten sofort zurückziehend, »aber ich wußte nicht, wie ein Gentleman darüber denken würde.«
    Mit einem Gefühl des Widerstrebens verfolgten Esdens Blicke die Scheine auf ihrem Rückweg in den Kassenschrank. Es reute ihn halb und halb, so entschieden gesprochen zu haben. Warum war er nur so ein Esel gewesen und hatte fünfzig Pfund weggeworfen?
    Gale that, als ob er
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