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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug
Autoren: David Christie Murray
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des Mannes, aber noch immer in verächtlichem Ton, »ich habe meine Pflicht erfüllt und bin dafür bezahlt worden.«
    »Ach, Herr Esden,« sagte der andre wieder, der mit Begierde dies erste Zeichen von Entgegenkommen erfaßte, »wie viele der Herren hätten denn mit dem besten Willen das thun können, was Sie fertig gebracht haben? Natürlich,ganz natürlicherweise wünscht ein Gentleman seine Pflicht zu erfüllen, denn davon, wie er dies thut, hängt sein Name, sein Ruf und sein Glück ab. Allein man muß auch wissen, wie man sie erfüllen kann – daran hängt's. Vielleicht möchten Sie wissen, warum ich meinen Sachwalter veranlaßt habe, Sie zu wählen? Ich habe Sie vor etwa einem Jahr, als ich zufällig einmal in Old Bailey war, einen Menschen verteidigen hören, der wegen eines Juwelendiebstahles angeklagt war, Sie haben ihn nicht freibekommen, aber wenn dies irgend einem Sterblichen möglich gewesen wäre, so hätten Sie es fertig gebracht. Herr Esden, sagte ich zu meinem Sachwalter, hat eine so ruhige, sichere Art; er hat die Geschwornen anderthalb Stunden lang im Zweifel gehalten, während sie auf die Beweise hin bei jedem andern sofort auf ›Schuldig‹ erkannt hätten.«
    Nun war Esden zwar ein sehr kluger Mann, aber wie andre kluge Männer vor ihm war er ausnehmend empfänglich für Lob. Wohl war er in seinem Innersten überzeugt, daß Herr Gale ein abgefeimter Schurke sei, allein selbst ein Advokat kann sich nicht für einen Nebenmenschen bemühen, ohne ein gewisses parteiisches Interesse an ihm zu nehmen, und Herrn Esden ging es wie Milch und Honig ein, daß Gale sich zur Wahl seines Verteidigers so sehr beglückwünschte.
    Es war Nacht geworden und es schien gänzlich unwahrscheinlich, daß er von irgend einem Freund oder Bekannten im Gespräch mit seinem Klienten gesehen würde, und selbst dann wäre es nicht unangenehm gewesen, zu erzählen, wie sich der Mann in seiner überfließenden Dankbarkeit durchaus nicht habe abschütteln lassen.
    »So, so,« antwortete Esden, der anfing, ein humoristisches Interesse an dem Mann zu nehmen, »dann dachten Sie also bei sich, wenn ich einmal in der Patsche sitze, ist dies der richtige Mann für mein Geld?«
    »Ja, aber damals hatte ich mir nie träumen lassen, daß mir so etwas geschehen könnte.«
    »Natürlich nicht,« bestätigte Esden; »aber immerhin ist es kurios, daß Herr Prickett seinen ungerechten Verdacht schon fünf Jahre lang genährt hat.«
    »Kurios, Herr Esden!« rief Gale traurig. »Entschuldigen Sie gütigst, aber blutdürstig ist das richtige Wort dafür!«
    Esden hatte seine Schritte immer mehr verlangsamt, seit er sich entschlossen hatte, den Mann anzuhören; nun waren sie in die Nähe von Holborn gelangt und er blieb stehen.
    »Ich bin Ihnen über die Maßen verbunden, Herr Gale,« sagte er mit gelinder Ironie, »für den Ausdruck Ihrer Zufriedenheit mit meinen Leistungen in einer, wie ich Ihnen gern zugebe, schwierigen und heiklen Sache. Es ist mir nicht unwahrscheinlich, daß Ihnen meine Dienste, obgleich sie Ihnen stets zur Verfügung stehen, bei der nächsten Gelegenheit von geringerem Nutzen sein werden. Wir stehen jetzt am Beginn der langen Ferien und in den nächsten drei Monaten darf ich Sie wohl kaum zu sehen hoffen. Nochmals guten Abend!«
    »Bitte vielmals um Entschuldigung,« antwortete Gale. »Ein Mann in meiner Stellung versteht es nicht recht, mit einem Gentleman zu reden – er kann nicht gut ausdrücken, was er sagen will; aber wenn Sie mir die Ehre erweisen wollten, in mein Geschäftslokal zu treten – es ist hier ganz in der Nähe –, so würde ich Ihnen gerne einen geschäftlichen Vorschlag machen.«
    Schon vor einer Weile hatte er seinen Hut wieder aufgesetzt und nun stand er da und rieb sich in größter Verlegenheit die Hände.
    »Sie möchten mir gerne einen geschäftlichen Vorschlag machen?« wiederholte Esden im Ton äußerster Ueberraschung.
    »Ich würde es als eine große Gunst betrachten, wenn Sie mich anhören wollten. Erweisen Sie mir die Ehre, in mein Geschäft zu treten –«
    » Dit l'araignée à la mouche ,« sagte Esden mit einem heitern Blick auf seine eigenen und seines Gefährten Körperverhältnisse. »Das wäre eine neue Art, seine Dankbarkeit auszudrücken,« setzte er innerlich hinzu.
    »Bitte um Entschuldigung,« sagte Gale, »ich habe Ihre Bemerkung nicht ganz verstanden. Wenn Sie mir die Ehreerzeigen wollen, einzutreten, so werde ich es als eine große Gunst betrachten.«
    »Mein guter
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