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Heiße Nacht, Sueßes Gestaendnis

Heiße Nacht, Sueßes Gestaendnis

Titel: Heiße Nacht, Sueßes Gestaendnis
Autoren: Heidi Rice
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1. KAPITEL
    Tess Tremaine tippte zum Refrain von Like A Virgin mit der Fußspitze auf den glänzenden Granitboden im Empfangsbereich von Graystone Enterprises. Sie saß im achtunddreißigsten Stock eines beeindruckenden Wolkenkratzers im Zentrum von San Francisco und starrte auf die Milchglastür zu Nathaniel Graystones heiligen Hallen .
    Die Anspannung lag ihr schwer wie Blei im Magen. Ähnlich wie an dem Tag vor mehr als zehn Jahren, als sie im Alter von nur fünfzehn mit grell lila gefärbten Haaren und Nasenring vor ihrem Vater stand, während dieser vor Wut kochte.
    Zumindest waren inzwischen die purpurnen Dreadlocks und auch der Nasenring verschwunden. Ihre Haare glänzten in einem honigblonden Farbton und waren zu einem eleganten Knoten hochgesteckt. Allerdings hatte sich der wilde Kern von Tess Tremaines Persönlichkeit nicht so einfach in Luft aufgelöst.
    Sie hatte sich zwar von schlechten Angewohnheiten und einer fragwürdigen Mode verabschiedet, aber im Innersten lauerte noch immer ein kleiner Wildfang auf der permanenten Suche nach Aufmerksamkeit. Eine radikal veränderte Garderobe und ein souveränes, seriöses Auftreten machten noch lange keinen vollkommen neuen Menschen aus ihr. Allerdings half es, wenn man eine Karriere als international gefragte freiberufliche Eventplanerin anstrebte.
    Tess schlug die Beine übereinander und glättete nervös den Saum ihres schwarzen Bleistiftrocks. Dann klopfte sie wieder mit einem der hohen Absätze auf den Granitboden, was ihr einen strengen Blick aus den Augen der perfekt gestylten Empfangsdame einbrachte.
    Das bleierne Gewicht in ihrer Magengegend wurde immer schwerer, während sie durch die Glaswand zu ihrer Rechten hinaus starrte, die einen schwindelerregenden Ausblick auf die berühmte Bay Bridge bot.
    Zum ersten Mal seit dem denkwürdigen Tag im Arbeitszimmer ihres Vaters hatte sie keinen Schimmer, was sie als Nächstes tun sollte. Eine scharfe Zunge, harte Arbeit, ein völlig neues Erscheinungsbild … dieses Mal konnte nichts von alledem wiedergutmachen, was vor sechs Wochen bei der Galloway-Feier passiert war. Sicher, sie war emotional ziemlich aufgewühlt gewesen, sonst hätte sie sich von Graystones Annäherungsversuchen nicht so leicht beeindrucken lassen.
    Unter normalen Umständen wäre sie von seinem offenkundigen Interesse zwar auch geschmeichelt gewesen, das hätte aber nichts an der kühlen, selbstbewussten Haltung geändert, mit der sie bei Anlässen wie diesem auftrat. Doch in jener Nacht war nichts normal gewesen.
    Dan hatte ihr nach nur dreizehn Monaten den Laufpass gegeben, womit Tess überhaupt nicht gerechnet hatte. Er warf ihr vor, frigide zu sein. Das war nicht weit hergeholt, denn Sex mit Dan war ungefähr so aufregend, wie Farbe beim Trocknen zuzusehen. Trotzdem war Tess verwirrt, gekränkt und wütend gewesen. Es ging doch wohl nicht ausschließlich um Sex? Zählten Freundschaft und Gemeinsamkeiten denn gar nichts mehr?
    Außerdem war Dans Timing denkbar ungünstig. Gleich, nachdem er die Bombe hatte platzen lassen, musste Tess abreisen, um eine der größten Bay Area-Veranstaltungen des Jahres mitzuorganisieren.
    Aber ihr desolater seelischer Zustand entschuldigte auf keinen Fall, dass sie sich gleich nach ihrer Ankunft ein paar Gläser Champagner auf nüchternen Magen gegönnt hatte. Am meisten war sie jedoch von Graystones Testosteron berauscht gewesen, das aus jeder Pore seines Körpers zu strömen schien.
    Sie hätte ihre Finger bei sich lassen und auf den anregenden Flirt mit ihm verzichten sollen, sie hätte ihn nicht noch ermutigen dürfen …
    Seit er in seinem makellosen Smoking auf der Bildfläche erschienen war, zusammen mit seiner Entourage – bestehend aus männlichen und weiblichen Bewunderern –, strahlte er Macht, Autorität und eine unübersehbare potenzielle Gefahr aus. Es war sofort klar, dass er vermeintlich frigide kleine Partyplanerinnen wie Tess zum Frühstück verspeiste!
    Leider hatte ihr rebellisches Ich zu schnell die Oberhand gewonnen. Sie hatte sich geradewegs herausgefordert gefühlt. Die wilde Seite ihrer Persönlichkeit, die sie seit ihrer Jugend mühsam unter Verschluss hielt, war plötzlich wieder zum Leben erwacht.
    Tess’ Absatz stockte abrupt auf dem glatten Granitboden, als sie sich in Erinnerung rief, wie Graystone sie im Vorratsraum der Skyline-Küche von innen gegen die Tür gedrückt hatte. Dann hatte er sie mit beiden Händen hochgehoben, als würde sie nichts wiegen und …
    Eine
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