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Ein gefährliches Werkzeug

Titel: Ein gefährliches Werkzeug
Autoren: David Christie Murray
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die beiden Stücke hin. »Bitte, bewahren Sie es zum Andenken.«
    »Nun, warum auch nicht?« sagte Esden lachend.

Zweites Kapitel.
    Am Nachmittag des folgenden Tages saß Esden hemdärmelig in seiner Wohnung und unterzog seine persönlichen Verhältnisse einer unbefriedigenden Betrachtung. Wenn die Sachen schief gingen, so versuchte er sie nicht zu beachten. Er war ein junger Mann, der es liebte, alles in rosigem Lichte zu sehen und etwaige Schattenseiten als nicht vorhanden anzunehmen. Die Aussicht, die sich im Augenblick vor ihm eröffnete, war äußerst trüb und er wurde ihrer rasch überdrüssig.
    »Ich werde melancholisch werden, wenn ich mich nicht herausreiße,« sagte er laut, »ich muß ausgehen und mit jemand sprechen.«
    Er erhob sich, schlenderte mißmutig in sein Schlafzimmer, ergriff eine Kleiderbürste und begann den Rock, den er am Abend vorher getragen hatte, zerstreut und nachlässig auszubürsten. Plötzlich schreckte er aus seinem wachen Traum empor, denn die Kleiderbürste war auf etwas Hartes gestoßen. Nun fiel ihm Herrn Gales merkwürdiges Andenken ein; er zog es aus der Tasche und begann die einzelnen Stücke des Einbruchswerkzeuges zusammenzuschrauben. Einem müßigen und unglücklichen jungen Mann kommt jede Ablenkung seiner Gedanken gelegen und Esden ließ sich durch diese Kleinigkeit zerstreuen.
    »Ich möchte doch wissen, wo hier der Zauber sitzen soll,« sagte er. »Der Kerl behauptete, jede Thüre springe auf vor diesem Instrument, wenn man nur die Spitze ansetzen könne. Die Kraft des Hebels ist ja gewaltig, allein man sollte doch denken, ein Instrument von dieser Größe müsse von großer Muskelkraft unterstützt werden.«
    Er beschloß, die Kraft des Werkzeuges an einer der Thüren seines Schlafzimmers zu erproben. Zu diesem Zweck begab er sich in das Wohnzimmer zurück und schloß die Thüre ab; dann schob er den Haken der kleinen Brechstange dicht neben dem Schloß in den Spalt zwischen Thüre und Thürpfosten und gab der Stange einen, wie er glaubte,angemessenen Stoß. Einige Augenblicke lang war er nicht einmal im stande über das Ergebnis in Staunen zu geraten, denn die Thüre fuhr mit einem leicht knirschenden Ton auf und schlug ihn so heftig seitwärts gegen den Kopf, daß ihm alle weiteren Betrachtungen über die Kraft des Hebels vergingen.
    »Zum Kuckuck,« sagte er ärgerlich, die betreffende Seite seines Kopfes reibend, »ich hätte ebensogut einen Sovereign zum Fenster hinauswerfen können – so viel wird die Herstellung der beschädigten Thür mindestens kosten. Zum Henker mit Gale und seinem Andenken!«
    Aufs Geratewohl warf er das Instrument beiseite, so daß es in einer geraden Linie auf das Kopfkissen siel, über die Bettdecke hinabrollte und so verborgen liegen blieb.
    »In diesem Werkzeug ruht eine dämonische Geschicklichkeit,« sagte Esden, noch immer die beschädigte Stelle reibend. »Es versteckt sich, als ob es begriffe, daß die Arbeit gethan sei und es nicht gesehen zu werden brauche.«
    Mit einem gelegentlichen Blick auf das erbrochene Schloß und allerlei Verwünschungen über seine Ungeschicklichkeit und Dummheit kleidete er sich zum Ausgehen an. Unter der Haarbürste stöhnte er ein wenig und bei der Entdeckung, daß ihm sein Hut ein gut Teil zu eng geworden war, fing er an zu fluchen.
    »So kann ich doch nicht ausgehen,« sagte er verdrießlich, als er einen Blick in den Spiegel warf. »Der Hut sitzt mir auf einem Ohr wie einem jüdischen Ladenschwengel am Sonntag! Es ist ein Glück, daß die Beule unter dem Haar ist! Wahrhaftig, ich bin der reine Philosoph, daß ich unter solchen Umständen überhaupt noch van Glück spreche, aber ich glaube, ich muß froh sein, daß ich noch mit einem blauen Auge davongekommen bin.«
    Während er so vor sich hinbrummte und, jeder Dankbarkeitsempfindung bar, von der Betrachtung kleiner Widerwärtigkeiten zu der von ernsten Sorgen überging, klopfte es an der äußeren Thür. Mit tragischer Miene schritt er hin, um zu öffnen. Kaum hatte er dies gethan und einen Blick auf den Mann geworfen, der draußen stand, so strahlte ervor Vergnügen und schüttelte ihm herzlich die Hand. Der Ankömmling trug das Gewand eines Geistlichen, aber davon abgesehen, machte er einen völlig unkirchlichen Eindruck. Er war etwa sechs Fuß hoch, breitschulterig und breitbrüstig und hielt sich so gut, als ob er eben vom Exerzierplatz käme. Seine Gesichtsfarbe war blühend und rosig und er trug einen so großen, dragonermäßigen
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