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Dunkler Sturm - Roman

Titel: Dunkler Sturm - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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wird.« Sie klopfte mit dem Knöchel leicht gegen seine Stirn. Er sah sie immer noch mit diesem unschuldigen Blick an, also gab sie es auf. »Wie ich gerade sagte, ich weiß, dass nur ein Wunder mich durch die Abschlussprüfung in Professor Garlands Geschichtskurs bringen kann.«
    »Dann solltest du in die Kirche gehen und anfangen zu beten«, erwiderte Gabriel und ging weiter.
    »Moment, Gabe.« Sie holte ihn rasch ein. »Ich hatte eigentlich gehofft …«
    »Nein, Katie«, unterbrach er sie.
    »Du hast mich noch nicht einmal aussprechen lassen.«
    »Das macht nichts, die Antwort ist trotzdem nein.«
    »Gabe, ich brauche nur ein bisschen Hilfe.« Sie streichelte seineWange.
    Die Hitze ihres Körpers und der Duft ihres Parfüms lösten ein Kribbeln unterhalb seiner Gürtellinie aus. Katie war ein wunderschönes Mädchen. Sie war knapp eins sechzig und hatte rotblondes Haar. Gabriel hatte sich oft vorgestellt, wie es wäre, mit ihr zusammen zu sein, nur ein einziges Mal, aber er wusste, dass sie beide nie mehr sein würden als Freunde.
    »Nichts zu machen, Katie.« Er schüttelte den Kopf, um den Nebel aus seinemVerstand zu vertreiben. »Als ich dir das letzte Mal bei etwas geholfen habe, habe ich deine Arbeit geschrieben, während du telefoniert hast.«
    »Das ist nicht wahr. Ich habe geholfen.«
    »Katie, wenn du mir ein Lehrbuch reichst, zählt das nicht als Hilfe«, erklärte er ihr.
    »Gabriel, ich brauche diese Prüfung. Wenn ich die Klasse nicht schaffe, muss ich den Sommer über hierbleiben und sie wiederholen. Meine Eltern wollen mich mit nach Rio nehmen, und das will ich nicht verpassen. Bitte!«
    Gabriel sah in ihre flehenden blauen Augen, und sein Herz flatterte. Katie war ein verwöhntes, reiches Mädchen aus Howard Beach, dem vornehmen Teil von Queens. Als Tochter zweier bekannter Chirurgen konnte sie sich das Beste leisten, was das Leben zu bieten hatte. Die meisten Studenten lehnten sie und die anderen Mädchen in ihrem privilegierten Zirkel ab, aber in seinen zwei Jahren an der Universität hatte Gabriel eine andere Seite von ihr kennen gelernt. Katie war einfach nur ein Mädchen, das versuchte, aus dem Schatten seiner Eltern herauszutreten und seinen Platz in der Welt zu finden. Es war diese kindliche Unschuld unter dem oberflächlichen Äußeren, die Gabriel angezogen und das Band zwischen ihnen geschmiedet hatte.
    »Also gut«, lenkte er ein. »Ich helfe dir dieses eine letzte Mal, Katie.«
    »Oh, ich danke dir!«, quietschte sie und küsste ihn auf dieWange. »Du bist der Beste, Gabe.«
    »Ja, ja.« Er errötete. »Ich muss in der Bibliothek noch etwas recherchieren, also treffen wir uns da um zehn.«
    »Heute Abend? Gabe, es ist Freitag. Können wir uns nicht früher treffen?«
    »Nein, können wir nicht. Wie ich schon sagte, ich muss noch recherchieren.«
    »Du und deine Recherchen.« Sie schmollte. »Ich verstehe einfach nicht, warum jemand sich für Sprachen interessiert, die sowieso keiner mehr spricht.«
    »Ich interessiere mich eben dafür. Du kennst meine Bedingungen, Katie. Du kannst kommen oder auch nicht, das liegt ganz bei dir.«
    »Also gut, du Spielverderber. Aber du bist trotzdem der beste Freund, den ein Mädchen haben kann!«
    »Wie du meinst«, erwiderte er und versuchte ein Grinsen zu unterdrücken. Dann sah er sich um, ob sie jemand beobachtete, und als er sich überzeugt hatte, dass sie allein waren, beschloss er, Katie endlich zu fragen. »Hör mal, ich hab mir überlegt, ob du …« Katies BlackBerry klingelte und unterbrach ihn. Sie nahm das Gespräch an und vertiefte sich sofort in das, was die Person am anderen Ende der Leitung zu sagen hatte. Sie winkte Gabriel mit den Fingern einen Abschiedsgruß zu und ging durch den Flur, während sie eifrig ins Telefon sprach.
    »… vielleicht dieses Wochenende ins Kino gehen möchtest«, sprach Gabriel in den leeren Raum, wo Katie eben noch gestanden hatte.

3. Kapitel
    Tagsüber wimmelte es in der riesigen Bibliothek des Hunter College normalerweise von Studenten, aber abends war es wie in einer Geisterstadt. Nach Einbruch der Dunkelheit hielten sich nur selten Studenten in dem Gebäude auf, und schon gar nicht am Freitagabend. Das galt allerdings nicht für Gabriel Redfeather. Die Bibliothek war einer seiner Lieblingsorte, vor allem am Abend. Er hatte mit dem Nachtwächter eine Abmachung getroffen: Er gab seiner Tochter kostenlos Nachhilfe und durfte dafür die Bibliothek auch nach Ende der Öffnungszeiten benutzen. In diesen
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