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Hilfe! Gaby in Gefahr!

Hilfe! Gaby in Gefahr!

Titel: Hilfe! Gaby in Gefahr!
Autoren: Stefan Wolf
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1. Phantombild
     
    Zehn Minuten nachdem der Typ
ins Abteil gekommen war, gab es Ärger.
    Tim, früher Tarzan genannt,
hatte einen Fensterplatz. Außerdem saß eine ältere Dame an der Tür. Es war ein
Montag im Spätsommer. Der Intercity zischte durch die Landschaft.
    Ein langes Wochenende lag
hinter Tim. Er war zu Hause gewesen bei seiner Mutter. Heute war schulfrei. Der
TKKG-Häuptling befand sich auf der Rückfahrt. Zur Internatsschule. Zu seinen
Freunden.
    Auf der Gepäckablage über ihm
stand seine Reisetasche. Er hatte die Beine ausgestreckt und döste hinaus in
die sonnige Landschaft.
    Die alte Dame war nicht
gesprächig. Sie hatte drei Zeitungen mitgebracht und raschelte sich durch die
Seiten.
    Der Zug hielt in einer großen
Stadt. Reisende stiegen aus. Umarmungen auf dem Bahnsteig. Dann wurde die
Abteiltür aufgestoßen, und der Typ walzte herein.
    Offenbar trat er der alten Dame
auf die Füße. Rasch zog sie die ein. Ein strafender Blick, aber das bewirkte
nichts — am wenigsten eine Entschuldigung.
    Schnaufend ließ der Kerl sich
auf einen Mittelplatz nieder. Die alte Dame schloß die Tür.
    Der Typ war feist, hatte ein
rotes, schwitzendes Gesicht und Glubschaugen. Stöhnend rückte er seinen Bauch
zurecht, musterte Tim und dann die Dame hinter ihrer Zeitung.
    Tim drehte seinen Blick weg,
ohne sich anmerken zu lassen, daß er angewidert war, und sah wieder hinaus.
    Der IC sauste los. Zehn Minuten
vergingen, hörbar untermalt vom schnaufenden Atem der alten Dame.
    Dann kramte der Mann in den
Taschen seiner Leinenjacke, holte eine Zigarettenpackung hervor und sein
Feuerzeug.
    Nanana! dachte Tim. Hier ist
Nichtraucher. Steht doch groß und deutlich über der Tür.
    Schon wollte er mahnend auf das
Schild weisen, aber die Dame kam ihm zuvor.
    „Nichtraucher, mein Herr!“
sagte sie forsch, doch nicht unfreundlich.
    Der Feiste glotzte sie an. „Ich
bin Raucher.“
     
    „Aber bitte nicht hier. Dies
ist ein Nichtraucher-Abteil.“
    „Ja? Tatsächlich. Die
Raucherabteile sind alle voll. Bis auf den letzten Platz. Habe mich umgesehen.
Tut mir leid.“
    Er nahm eine Zigarette aus dem
Päckchen.
    „Ich muß Sie bitten, nicht zu
rauchen“, sagte die Dame. „Ich leide an Asthma und vertrage den Rauch nicht.“

    „Keine Sorge! Ich blase ihn
nicht in Ihre Richtung.“
    Er grinste. Das Feuerzeug
schnippte auf. Er zündete den Glimmstengel an und inhalierte (einatmen) tief.
    Tim beugte sich vor. Ein
blitzschneller Griff — und Tim hatte den Sargnagel. Ebenso rasch drückte der
TKKG-Häuptling die Glut aus, und zwar auf dem linken Schuh des Feisten.
    Für einen Moment roch die Luft
nach verbranntem Leder, aber das war vergleichsweise angenehm. Der kalte
Glimmstengel flog dem Typ in den Schoß.
    „Wenn Sie rauchen wollen“,
sagte Tim ruhig, „gehen Sie bitte raus auf den Gang. Wenn Sie hier nochmal eine
Zigarette anzündem, fliegen Sie durch die Tür. Klar?“
    Das rote Gesicht wurde noch
röter. „Bist du...“, begann er brüllend.
    „Keine Beleidigung!“ fuhr Tim
ihm dazwischen. „Die Dame und ich sind im Recht. Außerdem ist eben ein Platz
freigeworden, am Ende des Waggons im Raucherabteil. Also Abmarsch,
Verehrtester!“
    Beängstigend, wie das Gesicht
anschwoll. Er schluckte. Er starrte auf seinen Schuh. Blicke sollten Tim
durchbohren, aber der lächelte ihn an, mit gebremster Drohung in seiner
Haltung.
    „Unverschämtheit!“ stieß der
Typ hervor, stand auf, nahm seine Tasche und stampfte hinaus.
    Rechtzeitig brachte die Dame
ihre Füße in Sicherheit, mußte aber wieder die Tür schließen.
    Sie lächelten sich an.
    „Schlechte Manieren“, sagte
sie, „sind schrecklich. Die Menschen werden immer rücksichtsloser. Jeder denkt
nur an sich. Das macht die Welt ärmer.“
    „Nicht alle sind so“, erwiderte
Tim. „Bei uns im Internat wird Wert gelegt auf gute Umgangsformen, auf faires
Verhalten, auf Ideale. Wer mitdenkt, lernt beizeiten, wofür Einsatz sich lohnt,
was man fördern und erhalten muß — und was man bekämpfen sollte. Ein starker
Raucher, der keine Rücksicht nimmt auf seine Mitmenschen und auf die Umwelt,
wie dieser Mann eben, der ist für mich ein Umweltverschmutzer im Kleinformat.
Er verpestet die Luft. Es ist seine Sache, sich einen Lungenkrebs anzurauchen.
Aber keiner hat das Recht, andere zum passiven Mitrauchen zu zwingen. Zumal man
heutzutage genau weiß, daß Raucher-Luft schlimme Schadstoffe enthält.“ Die Dame
nickte. „Du hast völlig recht. Und vielen Dank auch für
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