Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hilfe! Gaby in Gefahr!

Hilfe! Gaby in Gefahr!

Titel: Hilfe! Gaby in Gefahr!
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
lächelte. Es war ein
sanftes Lächeln.
    „Entschuldigen Sie, daß ich Sie
so einfach anspreche. Aber ich bin in einer mißlichen Lage.“

    Sieht nicht aus wie ein
Bettler, dachte Julia. Will er Geld? Oder was?
    Der Mann wirkte ein bißchen
zerzaust. Als habe er eine Dusche nötig. Und an seinem Blazer fehlte mindestens
einer der goldfarbenen Knöpfe. Julia sah das sofort, obwohl sie kein
Hausmütterchen war, das sich nur mit Nähen und Flicken beschäftigte.
    „Ich war hier mit meiner Frau
verabredet“, sagte Manfred Diel. So hieß er. Nicht Beukert. Bei dem war er
eingebrochen, hatte ihn bestohlen und dabei auch den Reisepaß mitgehen lassen.
    „Aber wir haben uns verpaßt.“
Er lächelte. „Ein Mißverständnis. Ich hatte gesagt, wenn ich bis drei Uhr nicht
im Restaurant bin, soll sie — meine Frau — weiterfahren. Offenbar hat sie zwei
Uhr verstanden, ist schon vor einer Stunde aufgebrochen, wie mir die
Serviererin sagt. Inzwischen habe ich zu Hause angerufen und wenigstens meine
jüngste Tochter erreicht. Aber sie kann auch nichts machen. Dummerweise habe
ich nicht genügend Geld bei mir. Sonst könnte ich mit der Bahn... Es geht also
darum. Ich suche eine Mitfahr-Gelegenheit bis Tretzburg.“
    Er sagte nicht, daß er noch
viel weiter wollte.
    Julia hatte zugehört. Aber ihre
Miene verschloß sich.
    „Tja, ich weiß nicht...“
    „Mit 30 Mark“, sagte Diel
rasch, „könnte ich mich am Benzingeld beteiligen.“
    „Darum geht es nicht.“
    Sie warf ihre Tasche in den
Fond.
    „Nur bis zur Raststäte
Tretzburg“, sagte Diel.
    Es klang flehentlich. Er
spürte, wie er schwitzte. Er zwang sich, nicht zu der Zubringer-Straße zu
sehen. Jeden Moment konnte ein Streifenwagen auftauchen. Garantiert hatte der
verdammte Bengel die Bullen alarmiert.
    „Tut mir leid!“ sagte Julia.
    „Nein?“
    „Nein. Aus Prinzip nicht. Ich
nehme niemanden mit. Es passiert zuviel. Natürlich — Ihnen könnte ich
vertrauen. Davon bin ich überzeugt. Aber wenn ich einmal anfange, eine Ausnahme
zu machen, tue ich’s immer. Und irgendwann nehme ich den Falschen mit. Die
Zeitungen sind voll von Warnungen. Überfälle, Raub, Gewalt gegen Frauen. Tut
mir leid!“
    Ausdruckslos sah er sie an. Das
Lächeln war erloschen, auch der demütige Ausdruck.
    Julia fröstelte, stieg rasch in
den Wagen und fuhr aus der Parklücke.
    „So sind die Frauen“, sagte
eine tiefe Stimme.
    Diel wandte den Kopf.
    Neben einer ausladenden
Rostschüssel von einem Auto stand ein greisenhafter Mensch: zwei Meter groß,
Figur wie ein Sack, voller Knochen, Kahlkopf, Faltengesicht.
    Der Alte grinste und schlug auf
das Dach seines Wagens. Der war sicherlich 20 Jahre alt, ein amerikanisches
Fabrikat: Cadillac, Chevrolet oder so. Diel hatte keine Ahnung davon.
    Er erwiderte das Grinsen.
    „Naja, ich kann’s verstehen.“
    „Frauen sind ängstlich“,
erklärte der Alte. „Denken immer, ihr Mitfahrer fällt gleich über sie her.“
    „Die Zeitungen sind daran
schuld“, nickte Diel. „Da ist nur von Mord und Totschlag die Rede, und alle
Welt ist verunsichert.“
    „Als wäre jeder Anhalter ein
Unhold.“ Zum zweitenmal schlug der Alte aufs Autodach. „Sie können mit mir
fahren. Begleitung hält mich munter. Auf langen Strecken schlafe ich nämlich
manchmal ein. Kein Wunder, wenn man in die Jahre kommt. Nächste Woche werde ich
91. Eigentlich wollte ich mir einen neuen Wagen kaufen. Aber ich glaube, das
lohnt nicht mehr. Mit 92 will ich nämlich meinen Führerschein abgeben,
freiwillig.“

    „Vielen Dank für Ihr Angebot“,
erwiderte Diel. „Ich hoffe doch, Sie fahren vorsichtig.“
    „Und wie. Nie über 200 Sachen.
Nicht bei den Bremsen. Die müßten erneuert werden. Aber auch das, meine ich,
lohnt sich nicht mehr.“
    Diel wischte sich über die
schweißnasse Stirn. Hatte er eine Wahl? Er stieg ein.

4. Nichts Neues vom
Fensterbohrer
     
    Endlich am Ziel! Der Zug —
ebenfalls ein Intercity — lief in den Bahnhof der Großstadt ein.
    Tim wartete an der Waggontür.
Durch die ziemlich saubere Scheibe sah er das bekannte Bild: die Bahnsteige,
die riesige Stahlkuppel des Sackbahnhofs, zuckende Lichtreklame, das Gewusel
der Reisenden, der Herumlungernden, der Taschendiebe und Dealer.
    Draußen glitt eine Plakatwand
vorbei und dann ein Trio mit Hund, das aufmerksam in die Fenster starrte.
    Gaby sah ihn, riß winkend einen
Arm hoch, und die drei samt Oskar, dem Cocker-Spaniel, liefen mit dem Zug, bis
er hielt und Tim auf den Bahnsteig sprang.
    Gaby
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher