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Feuer und Glas - Der Pakt

Feuer und Glas - Der Pakt

Titel: Feuer und Glas - Der Pakt
Autoren: Brigitte Riebe
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Prolog
    Er hörte Schritte hinter sich und ging schneller.
    Konnten sie ihn aufgespürt haben?
    Auf der nächtlichen Piazetta war er allein gewesen, hatte sich immer wieder nach allen Seiten umgeschaut, froh darüber, dass seine Hände trotz der inneren Anspannung ruhig blieben. Trotzdem war er erleichtert, als die Arbeit schließlich beendet war. Schon halb im Gehen, hatte er sich noch einmal umgedreht. Alles wie gewohnt. Niemand würde bemerken, was er getan hatte.
    Sie kamen näher.
    Er konnte sich nicht länger einreden, dass es Zufall war. Zu viel stand für alle auf dem Spiel.
    Sein Blick flog zu den nachtdunklen Fassaden entlang der schmalen Calle, die er gewählt hatte, weil sie ihm am sichersten erschienen war. Alle Läden waren geschlossen, keine Menschenseele schien mehr wach zu sein. Genau aus diesem Grund hatte er bis nach Mitternacht gewartet, was er nun bedauerte. Selbst wenn er jetzt laut um Hilfe schrie – niemand würde ihn hören.
    Er lief los.
    Seine Verfolger taten es ihm nach.
    Er hörte das Klacken genagelter Stiefel in seinem Rücken. Hier, in der Nähe des Arsenals, wo die meisten Arbeiter lebten, hatten sie unlängst damit begonnen, den unebenen Boden mit länglichen Steinen zu pflastern. Eines Tages würde ganz Venedig damit bedeckt sein.
    Es mussten drei sein oder vier. Einer zog das Bein nach, was seine Ohren störte. Das Fauchen des Feuers, denen sie seit Kindheitstagen ausgesetzt gewesen waren, hatte sie nicht abgehärtet, sondern nur noch empfindlicher gemacht.
    Was hatte man ihnen in Aussicht gestellt, wenn sie ihn lebend in die Hände bekamen?
    Er dachte an das Mädchen, sein Mädchen, das nun die ganze Last tragen musste. Jetzt lag alles in ihrer Hand. Dazu musste sie allerdings erst erfahren, wozu sie auserwählt war – und wenn es das Letzte war, was er zustande brächte.
    Sollte er ins Wasser springen?
    Auch so würde er sein Boot nicht mehr erreichen, das fest vertäut am Kai auf ihn wartete. Die Feuerinsel und ihre Bewohner warteten umsonst auf ihn.
    Das Keuchen hinter ihm kam näher.
    Er würde keine Gelegenheit mehr bekommen, seinen Leuten alles zu erklären. Ab jetzt war er ausgestoßen, jemand, den man ungestraft Verräter schimpfen konnte.
    Als er den ersten harten Schlag spürte, flog er nach vorn und gewann dabei noch einmal an Geschwindigkeit, dann aber zog einer der Verfolger an ihm vorbei und versperrte ihm den Weg. Ein zweiter tat es ihm nach.
    Er saß in der Falle.
    Zwei vor ihm, zwei hinter ihm – die Schläge und Stöße kamen nun von allen Seiten, auf die Brust, in den Bauch, auf den Rücken. Den Kopf. Ihre Gesichter waren vermummt, aber er wusste, wer sie waren.
    Irgendwann fiel er zu Boden.
    Sie rissen ihm die Hände nach hinten und banden sie zusammen. Danach verschnürten sie seine Beine. Ein stinkender Knebel erstickte seine Flüche.
    »Du wirst reden«, hörte er jemanden bellen. »Und wenn wir dir dafür bei lebendigem Leib die Haut abziehen müssen!«
    Sie schleiften ihn weg wie einen nassen Sack, stießen ihn die Stufen nach unten in einen modrigen Schiffsbauch.
    Gnädige Benommenheit umhüllte ihn.
    Als er wieder zu sich kam, hörte er neben sich das Fiepen von Ratten. Er versuchte sich zu bewegen, doch es gelang ihm nur mühsam. Die Seile schnitten tief in sein Fleisch, die Haut brannte.
    Füße und Beine waren wie taub.
    In der Dunkelheit konnte er nichts als vage Umrisse ausmachen. Kisten, Seile, seltsame Leinwandrollen.
    Alles Rüstzeug für eine weite Reise?
    Dann näherten sich Schritte. Der Schein einer Kerze, die ihm überhell erschien.
    Jemand riss seinen Knebel heraus.
    »Wo ist sie? Wo hast du sie versteckt?« Wieder jene Stimme!
    Er schüttelte den Kopf, unfähig, mit diesem ausgedörrten Mund auch nur einen Satz hervorzubringen. Und selbst wenn er hätte reden können – von ihm würden sie nichts erfahren.
    Er erhielt eine Ohrfeige, die seine Ohren dröhnen ließ.
    »Wir haben Zeit«, sagte sein Peiniger. »Und unzählige Möglichkeiten, deinen Willen zu brechen. Du ahnst nicht, wie einfallsreich wir sein können!«
    Erneut zwängte der Knebel ihm grob die Zunge zurück. Dann war er wieder allein.
    Nach einer Weile spürte er, wie seine Beine klamm wurden. Auch Hände und Unterarme waren nicht mehr trocken.
    Spätestens da wusste er, dass das Wasser stieg.

Erstes Kapitel
    Millas Herz schlug hart gegen die Rippen, und in ihren Augen brannten Tränen – Tränen der Wut. Natürlich hatten sie wieder gestritten. Sie stritten jedes Mal,
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