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DS030 - Hannah,die Hexe

DS030 - Hannah,die Hexe

Titel: DS030 - Hannah,die Hexe
Autoren: Kenneth Robeson
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1.
     
    Miles Billings konnte nicht ahnen, was auf ihn zukommen würde, als er auf der Landstraße südlich von Salem in New England stehenblieb und einen Zweig Spanischen Flieder abbrach; dabei hätte ihn beinahe jedermann in der näheren Umgebung aufklären können: Wer Spanischen Flieder pflückt, erregt den Unmut der Hexen.
    Aber vermutlich hätte Miles Billings solches Geschwätz als finsteren Aberglauben abgetan. Er war Ingenieur und hielt sich an Tatsachen oder an Dinge, die er für Tatsachen ansah. In seinem ganzen Leben war ihm noch keine Hexe begegnet, und er hielt es für ausgeschlossen, daß derlei Kreaturen existierten. Er war sogar ein ausgezeichneter Ingenieur; deswegen hatte seine Gesellschaft ihn beauftragt, die Möglichkeiten für den Bau einer Autostraße durch diesen Teil des Landes zu untersuchen. Die Gesellschaft wollte mehrere Millionen Dollar in das Projekt investieren und bezahlte Miles Billings trotz seiner Jugend ein beachtliches Gehalt.
    An diesem Morgen hatte er im Wagen einen Abstecher zu den Hügeln ringsum unternommen, später hatte er zu Fuß die Stadt verlassen, um die Bodenbeschaffenheit zu prüfen.
    Diese ›Stadt‹ war ein wenig lächerlich. Sie bestand aus zwei Reihen verödeter Häuser mit sackenden Fundamenten und einem Fabrikgebäude, das schon vor zehn Jahren teilweise zerfallen war. Ein Mann, den Billings am Vormittag auf der leeren Hauptstraße getroffen hatte, erzählte ihm, daß die Stadt einmal eine Blütezeit erlebt und daß es hier eine Getreidemühle gegeben hatte. Miles war skeptisch. Die Stadt sah nicht so aus, als wäre sie je etwas anderes gewesen als eine Geistersiedlung.
    »Sie ist verhext«, hatte der Mann verkündet.
    Der Mann war einsachtzig groß und knochig und schien vor nichts Angst zu haben. Als er Miles Billings entdeckte, stieg er aus seinem verbeulten Vehikel und begrüßte ihn.
    »Suchen Sie was, Mister?« wollte er wissen.
    »Nein«, sagte Billings. »Ich sehe mich nur ein bißchen um.«
    »Weshalb?«
    »Naja, ich mache eine Untersuchung. Wohnen Sie hier?«
    Der knochige Mensch starrte ihn fassungslos an.
    »Hier wohnen?« Er hatte sich heftig geschüttelt und auf sein Vehikel gezeigt. »Ich bin unterwegs nach Salem. Ich will mir Arbeit suchen. Hier wohnen ...! Nein, die Gegend ist mir zu ungesund.«
    Miles Billings atmete tief ein. Die Luft war sauber und angenehm mild, und er begriff nicht, wieso sie nicht gesund sein sollte. Er blickte zu den Vögeln, die in den alten Ulmen am Straßenrand zwitscherten.
    »Ungesund?«
    »So ist es.«
    Der knochige Mann wirkte ein wenig verängstigt, und Billings wunderte sich. Er hatte sich bisher nicht gefürchtet, obwohl er kleiner war als der andere. Billings war gerade mittelgroß und wirkte trotz seiner Aufmachung – er trug Reitstiefel und Breeches – nicht wie ein Held. Er hatte dichte rote Haare und intelligente blaue Augen. Sein kariertes Flanellhemd war weit aufgeknöpft und gab den Blick auf seine Brust frei, auf der noch mehr rote Haare wucherten. Er musterte den knochigen Mann von oben bis unten.
    »Sie scheinen sich unbehaglich zu fühlen, Bruder«, stellte er sachlich fest.
    »Ja«, sagte der Mann freimütig.
    Miles Billings runzelte die Stirn.
    »Hören Sie mal«, sagte er. »Sie suchen doch Arbeit, hab ich Sie da richtig verstanden?«
    »Ja.«
    »Gut. In zwei Wochen wird’s hier mehr Arbeit geben, als Sie haben wollen. Wir brauchen Leute, die mit einer Schaufel umgehen können, wir brauchen Lastwagenfahrer und Männer, die einen Bagger bedienen.« Billings zuckte mit den Schultern. »Sie haben die Wahl. Sie brauchen nicht nach Salem zu fahren.«
    Der knochige Mann hatte ihn bestürzt angesehen.
    »So viele Leute kommen hierher?«
    Billings nickte.
    »Die Schnellstraße«, sagte er und deutete nach vorn, »wird direkt hier durchführen, durch diese Straße und durch die Mulde da hinten. Wir stellen die kürzeste Verbindung her und ...«
    Billings verstummte, weil dem knochigen Mann beinahe die Augen aus dem Kopfe quollen.
    »Die Mulde«, sagte der Mann entgeistert, »heißt
Witches’ Hollow
. Da wollen Sie hin?«
    Miles Billings grinste.
    »Sicher«, sagte er. »Wenn Sie die Mulde vor der Mühle meinen – da wollen wir hin.«
    Der Mann kletterte hastig in seinen Wagen, schlug die Tür zu und spähte aus dem Fenster.
    »Mister«, sagte er, »Sie sollten vorher wenigstens mit Cotton Mather Brown reden. Ich verschwinde!«
    »Aber ...!«
    »Fragen Sie ihn!« sagte der knochige Mann schrill.
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