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Dunkle Schatten (German Edition)

Dunkle Schatten (German Edition)

Titel: Dunkle Schatten (German Edition)
Autoren: Günther Zäuner
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seinen Hintern.
    »Ich muss jetzt ein paar Mal fest zusammendrücken«, erklärt die Ärztin,
»um alles herauszubekommen. Gleich ist es überstanden.«
    Mann, dieses zarte Persönchen hat einen Griff wie ein Jahrmarktcatcher!
Kokoschansky treibt es das Wasser in die Augen, und er versucht, nicht daran zu
denken, wie es da unten jetzt wohl aussieht.
    »So, erledigt«, lächelt die Ärztin erstmals. »Sie halten wirklich einiges
aus. Ich denke, ich konnte alles herauspressen. Die Schwester wird die Wunde
noch desinfizieren. Dann bekommen Sie eine Einlage, bevor Sie verpflastert
werden. Morgen Vormittag dann zur Kontrolle in die Ambulanz, aber das Procedere
kennen Sie inzwischen.«
    »Vielen Dank.«
    Während ihm noch ein Rezept für seine Medikamente ausgestellt wird, zieht
Kokoschansky sich wieder an und stellt fest, dass er doch etwas wackelig auf
den Beinen ist. Jetzt nur nichts anmerken lassen, sonst halten sie ihn wegen
der Kreislaufstabilisierung noch länger fest. Noch ist alles taub. Wenigstens
ist der unangenehme, schmerzhafte Druck des Furunkels weg.
    Kokoschansky schnappt sich seine Jacke, bedankt sich und verschwindet.
Glück gehabt, denkt er, als er die vielen Leute sieht, die in der Zwischenzeit
die Notfallambulanz aufgesucht haben. Für ein paar Augenblicke hält er sich am
Handlauf an der Wand fest. Ihm ist weder schlecht, noch fühlt er sich schwach,
doch ganz koscher ist ihm nicht.
    Schwere Bauchkrämpfe soll der Typ haben, erzählte Lena ihm.
    Wenn dem tatsächlich so ist, werden sie ihn nicht so schnell wieder
entlassen. Daher verzieht sich Kokoschansky auf einen Kaffee und eine
Zigarettenlänge in die Cafeteria des SMZ Ost, um nachzudenken. Das
Sozialmedizinische Zentrum im 22. Bezirk ist ein riesiger Komplex, in dem man
sich leicht verlaufen kann. Nach reiflicher Überlegung kommt der Journalist zu
dem Schluss, für sein Objekt der Begierde mit diesem Symptom kommen nur zwei
Abteilungen infrage: die Chirurgische und eventuell die Urologie.
    Kokoschansky bezahlt seine Zeche, besorgt sich im Blumenladen im Foyer
ein kleines Sträußchen, um sich als Besucher zu tarnen, und beginnt die Suche.
Seine Vermutung mit der Chirurgischen Abteilung trifft genau ins Schwarze.
Langsam machen sich erste Anzeichen von Schmerzen bemerkbar, doch er will es unbedingt
wissen.
    Am Ende des Flurs sieht er vor einem Krankenzimmer einen Polizisten
stehen. Fieberhaft sucht Kokoschansky nach einem Vorwand, wie er den Polizisten
ablenken könnte, um in das Zimmer zu huschen, doch ihm fällt nichts Plausibles
ein. Außerdem wäre es zu riskant. Auf der Station herrscht Hochbetrieb, die
Besuchszeit beginnt, und deshalb fällt der Journalist nicht auf. In seinem Kopf
spielt er einige Szenarien durch. Er könnte sich irgendwo einen Arztkittel
klauen und sich in dieser Verkleidung Zutritt verschaffen. Aber als
Zwei-Meter-Mann würde er kaum etwas Passendes finden. Selbstverständlich wäre
es illegal, doch investigativer Journalismus verlangt manchmal einen gewagten
Schritt über Grenzen.
    Während Kokoschansky sich bemüht, so gut wie möglich unauffällig zu
bleiben, fallen ihm plötzlich zwei Ärzte auf, die wahrlich nicht aussehen, als
hätten sie den Hippokratischen Eid geleistet. Gesichter wie Galgenvögel;
massive, gedrungene, durchtrainierte Körper. Wohl verbringen sie die meiste Zeit
eher in Fitnesscentern als in OPs und Krankenstationen. Ihre weißen Kittel
spannen über Brustkörben und Armen.
    Kokoschanskys feine Nase signalisiert ihm, hier ist etwas im Busch und
oberfaul. So leicht lässt der Profi sich nicht täuschen. Zielstrebig steuern
die beiden vermeintlichen Ärzte direkt auf das bewachte Krankenzimmer zu,
selbst auf die um die Hälse hängenden Stethoskope haben sie nicht vergessen.
Wieder einmal ist Kokoschanskys Körpergröße von unbezahlbarem Vorteil. Er
braucht sich überhaupt nicht anzustrengen, um von seiner Position aus das
Geschehen beobachten zu können, ohne sich verdächtig zu machen. Der bewachende
Polizist macht bereitwillig Platz, und die Ärzte betreten das Zimmer. Nach ein
paar Minuten kommt einer der falschen Ärzte wieder heraus und deutet dem
Beamten, den bereitgestellten Rollstuhl hereinzuschieben, was dieser auch
prompt erfüllt. Wieder schließt die Türe sich, und nach einer Weile erscheint
der andere Doktor und winkt eine Krankenschwester herein. In Kokoschanskys
Gehirn läuten sämtliche Alarmglocken. Langsam geht er in Richtung
Krankenzimmer, kommt aber nicht weit, da die Türe
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