Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rachewahn: Thriller

Rachewahn: Thriller

Titel: Rachewahn: Thriller
Autoren: Michael Linnemann
Vom Netzwerk:
1
    Samstag, 8. Juni 2013
    Anna.
    Ihr Name gefiel ihr zwar nicht besonders, aber in diesem Fall erfüllte er zumindest seinen Zweck: Er war kurz und prägnant. Leicht zu merken. Selbst für die einfältigen Bullen. Zugegeben, Nora Feldt und Thomas Korn hatten sich im vergangenen Jahr einen Namen als hervorragendes Ermittlerduo gemacht. Doch wenn man es genau betrachtete, dann waren sie nicht besonders intelligent, sondern die Verbrecher sehr leichtsinnig gewesen.
    Das wird mir nicht passieren.
    Anna war fest entschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen. Sollte sich ihr jemand in den Weg stellen, dann würde sie diese Person ins Jenseits befördern. Mit ihrer Pistole oder ihrem Sprengstoff. Ganz egal.
    Allerdings war Annanicht darauf fixiert, einen Menschen zu töten. Tief in ihrem Inneren hoffte sie, dass die abschreckende Wirkung ihrer Bewaffnung bereits ausreichte, um leichtes Spiel zu haben. Solange sich die Menschen ruhig verhielten, würde ihnen nichts passieren.
    Das habe ich mir geschworen.
    „Können Sie mir sagen, wie spät es ist?“, wurde sie plötzlich von der Seite angesprochen. „Ich habe meine Uhr vergessen. Das passiert mir in letzter Zeit ständig. Offenbar werde ich langsam senil. Daran kann man nichts ändern. Es ist der Lauf der Zeit. Mein Mann behauptet immer, dass ich eines Tages mit meiner -“
    „Es ist genau zwei Uhr“, fiel Anna der alten Dame mit den weißen Haaren ins Wort. Sie hasste es, wenn ältere Menschen die Dreistigkeit besaßen, sie in ein Gespräch zu verwickeln. Was für diese Leute ‚offenherzig’ war, wirkte auf Anna schlichtweg ‚penetrant’. Das konnte sie gar nicht leiden. Sie hasste es auf den Tod.
    Die ältere Dame nickte. „Vielen Dank für die Information, junge Frau. Ich habe schon befürchtet, dass der Bus Verspätung haben könnte. Das wäre nichts Neues. Aber ausgerechnet heute wäre es ein Problem für mich. Ich muss nämlich in einer halben Stunde bei meiner Bekannten Elisabeth sein. Dort findet heute ein Kaffeeklatsch statt. Ihr Enkel hat -“
    „Dort kommt der Bus schon“, stieß Anna aus, wobei sie in die südliche Richtung zeigte.
    Die ältere Dame drehte sich um und lächelte erleichtert. „Tatsächlich! Na, welch ein Glück. Dann werde ich rechtzeitig zu Lisbeth kommen. Jetzt kann nichts mehr passieren.“
    „Abwarten“, murmelte Anna, während der Bus seine Geschwindigkeit drosselte und nah an den Bürgersteig heranfuhr. Es war ein gewöhnlicher Bus der Linie 5, der vom Nikolausberg im Norden Göttingens über das Zentrum bis nach Knutbühren im Westen und wieder zurück fuhr. Auf diesem Weg durchstreifte er unter anderem die Stadtteile Weende, Groß Ellershausen und Hetjershausen .
    Momentan befand er sich einige hundert Meter westlich vom Zentrum an der Groner-Straße . In Kürze würde er direkt in die Innenstadt fahren, um anschließend seinen Weg Richtung Norden fortzusetzen.
    Weit wird er diesmal aber nicht kommen. Das weiß ich genau. Schließlich werde ich persönlich dafür sorgen.
    Der Bus hielt an. Die Türen öffneten sich und die ältere Dame stieg vor Anna ein.
    „Wohin?“, fragte der Busfahrer sie. Er trug ein weißes T-Shirt zu einer blauen Jeans. Wie gewöhnlich saß er gelangweilt in dem Fahrersitz und blickte überaus mürrisch drein.
    „Oh, ich muss nur drei Haltestellen weit fahren. Das ist zwar keine besonders lange Strecke, aber in meinem Alter ist man über jeden -“
    „Das macht einen Euro und zwanzig Cent“, unterbrach der Busfahrer die ältere Dame. Genau wie Anna schien er es nicht zu mögen, wenn ältere Menschen unaufgefordert zu einer längeren Geschichte ansetzten.
    „Ein Euro zwanzig?“, fragte die Dame entsetzt. „Mein Gott, das ist doch Wucher! Vor sechs Wochen war es noch genau ein Euro. Ich habe nur eine kleine Rente, von der ich leben muss. Wie soll ich das alles noch bezahlen?“
    „Das ist nicht mein Problem“, knurrte der Busfahrer. „Ich bekomme selbst nur einen Hungerlohn und muss sehen, wo ich bleibe. Die Welt ist von Grund auf schlecht. In Ihrem Alter sollten Sie sich doch schon daran gewöhnt haben, oder?“
    Die ältere Dame kramte in ihrem Geldbeutel, sah dann auf und erwiderte erbost: „Was fällt Ihnen ein? Ich bin gerade einmal 73 Jahre jung. Denken Sie etwa, dass ich alt bin? Das ist eine Unverschämtheit! Die Jugend von heute! Kein Respekt mehr! Mit 80 ist man vielleicht alt! Aber doch noch nicht mit 73! Ich fühle mich wie 40!“
    „Wollen Sie jetzt mitfahren oder nicht? Hinter
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher