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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben
Autoren: S Elkeles
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kleines Einschüchterungsspielchen gewinnt. Selbst wenn mein Magen sich anfühlt, als hätte ich hundert Flickflacks hintereinander geschlagen. Ich drücke die Schulterblätter durch und lächle ihn spöttisch an. Mit diesem Lächeln halte ich mir die Leute vom Hals. »Danke für den Tipp.«
    »Falls du je’nen richtigen Mann brauchst, der dir das Fahren beibringt, gebe ich dir gern’ne Stunde.«
    Die Rufe und Pfiffe seiner Kumpels bringen mein Blut zum Kochen.
    »Wenn du ein richtiger Mann wärst, würdest du mir die Tür aufhalten, statt mir im Weg zu stehen«, sage ich und gratuliere mir insgeheim zu meiner Schlagfertigkeit, auch wenn meine Knie nachzugeben drohen.
    Alex tritt zurück, öffnet die Tür und verbeugt sich tief vor mir, als wäre er mein Butler. Er zieht mich so was von auf, er
weiß es und ich weiß es auch. Alle wissen es. Ich erhasche einen Blick auf Sierra, die immer noch verzweifelt nach nichts in ihrer Tasche sucht. Sie ist vollkommen fertig.
    »Träum weiter, Junge«, sage ich provozierend.
    » Cabróna , ich erzähl dir mal was«, erwidert Alex grob. » Du bist die Träumerin – dein Leben hat doch nichts mit der Realität zu tun, es ist total gefaket. Genau wie du.«
    »Das ist auf jeden Fall besser, als sein Leben lang ein Loser zu sein«, fauche ich ihn an und hoffe, ihn damit ebenso zu treffen wie er mich gerade getroffen hat. »Ein Loser, so wie du.«
    Ich schnappe mir Sierras Arm und zerre sie mit mir durch die offene Tür. Von Pfiffen und Buhrufen begleitet, betreten wir die Schule.
    Als wir drinnen sind, atme ich erleichtert aus. Ich schätze, ich habe die ganze Zeit über den Atem angehalten, denn es klingt verdächtig nach einem Stoßseufzer. Dann wende ich mich Sierra zu.
    Meine beste Freundin starrt mich entgeistert an. »Scheiße noch mal, Brit! Hast du Todessehnsucht, oder was?«
    »Was gibt Alex Fuentes das Recht, jeden fertigzumachen, der ihm über den Weg läuft?«
    »Och, ich weiß nicht. Vielleicht die Waffe, die er in seiner Hose versteckt, oder das Bandana, das er trägt«, sagt Sierra. Jedes ihrer Worte trieft vor Sarkasmus.
    »Er ist nicht so blöd, eine Waffe mit in die Schule zu bringen«, argumentiere ich. »Und ich lasse mich nicht herumschubsen, weder von ihm, noch von sonst irgendwem.« Zumindest nicht hier. Die Schule ist der einzige Ort, an dem meine perfekte Fassade keine Risse zeigt. Jeder in der Schule kauft sie mir ab. Plötzlich bin ich ganz aufgekratzt bei dem Gedanken, mein letztes Jahr an der Fairfield zu beginnen. Ich packe Sierra an den Schultern und schüttle sie. »Wir gehören endlich zu den
Seniors«, sage ich mit derselben übertriebenen Begeisterung, die ich mir für die Cheerleadingauftritte antrainiert habe.
    »Und?«
    »Und deshalb wird von jetzt an alles p-e-r-f-e-k-t laufen.«
    Es läutet, auch wenn es eigentlich kein Läuten ist, weil die Schüler letztes Jahr entschieden haben, das Läuten zwischen den Unterrichtsstunden durch das Einspielen von Musik zu ersetzen. Gerade spielen sie Summer Lovin’ aus Grease. Sierra setzt sich wieder in Bewegung. Sie geht den Gang entlang. »Ich werde dafür sorgen, dass deine Beerdigung p-e-r-f-e-k-t wird. Mit Blumen und allem Drum und Dran.«
    »Wer ist gestorben?«, fragt eine Stimme hinter mir.
    Ich drehe mich um. Es ist Colin, das blonde Haar von der Sommersonne gebleicht und mit einem Grinsen, so breit, dass es beinah sein gesamtes Gesicht einnimmt. Ich wünschte, ich hätte einen Spiegel, um zu prüfen, ob mein Make-up verschmiert ist. Aber Colin wäre selbst dann noch mein Freund, oder? Ich renne zu ihm und werfe mich in seine Arme.
    Er drückt mich fest, küsst mich sanft auf die Lippen und hält mich auf Armeslänge Abstand. »Wer ist gestorben?«, fragt er ein zweites Mal.
    »Niemand«, erwidere ich. »Vergiss es. Vergiss alles, außer, dass du mit mir zusammen bist.«
    »Das ist leicht, wenn du so verdammt heiß aussiehst.« Colin küsst mich erneut. »Tut mir leid, dass ich dich nicht angerufen habe. Ich war voll mit Auspacken beschäftigt und so.«
    Ich lächle zu ihm auf, froh, dass die lange Trennung nichts an unseren Gefühlen füreinander geändert hat. Die Welt ist in den Fugen, für den Moment zumindest.
    Colin legt gerade den Arm um meine Schulter, als die Eingangstüren aufschlagen. Alex und seine Freunde stürmen herein, als planten sie eine Geiselnahme.

    »Warum kommen die überhaupt noch zur Schule?«, murmelt Colin so leise, dass nur ich ihn hören kann. »Die Hälfte von
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