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Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi

Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi

Titel: Westfalenbraeu - Ostwestfalen-Krimi
Autoren: Jobst Schlennstedt
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Prolog
    Tief im Innern hatte sie geahnt, dass es nicht gut gehen würde. Vom ersten Moment an hatte sie ein schlechtes Gefühl bei der Sache gehabt. Damals, als er sie mit der Wahrheit konfrontiert hatte, war trotzdem eine Welt für sie zusammengebrochen. Alles war so erniedrigend gewesen, dass sie ihn am liebsten …
    Sie brach in Tränen aus und trommelte mit beiden Fäusten auf den teuren Wohnzimmertisch. Das, was sie vorhatten, war doch der absolute Irrsinn!
    Sie ging zum Kühlschrank und nahm eine Kühlmanschette aus dem Eisfach. Der leichte Kopfschmerz, den sie verspürte, als sie den kalten Kunststoff auf ihre Stirn legte, war angenehm und verdrängte einen Moment lang den großen Schmerz, der sie seit Monaten lähmte.
    Niemandem hatten sie etwas von ihren Problemen erzählt. Kein Sterbenswort hatten sie gesagt, nicht einmal ihren Familien. Hätten sie ihren Geschwistern oder gar ihren Vätern sagen sollen, in welcher Situation sie sich befanden?
    Am schlimmsten war die Ungewissheit. Stündlich warteten sie darauf, dass es passierte. Dass ihr Plan endlich aufging. Der perfide Denkzettel, den sie ihm verpassen wollten. Der Moment, der ihn hoffentlich zur Besinnung bringen würde.
    Dass sie überhaupt so weit gehen mussten, erschien ihr surreal. Menschen Schaden zuzufügen lag jenseits ihres Vorstellungsvermögens.
    Es war nicht ihre Entscheidung gewesen, diesen Schritt zu gehen. Doch durch ihr Schweigen hatte sie ihr stilles Einverständnis gegeben, obwohl sie insgeheim gehofft hatte, dass er vorher einlenken würde.
    Sie hatte sich geirrt. Es hatte kein Einlenken gegeben. Nicht einmal ein weiteres Gespräch. Seit Tagen schon herrschte Funkstille. Er hatte offen zum Ausdruck gebracht, dass er sich nicht unter Druck setzen lassen würde.
    Sie spürte, dass sich unter ihrem Top Schweißperlen bildeten. Müde ließ sie sich zurück auf das edle Sofa fallen, das sie noch vor ein paar Wochen gekauft hatten. Ihr Körper war schlapp, erschöpft von der Hitze des Sommers und den allgegenwärtigen Gedanken an das, was kurz bevorstand.
    Das Klingeln ihres Handys ließ sie hochschrecken. Sie beruhigte sich wieder, als sie auf dem Display erkannte, wer der Anrufer war.
    »Endlich«, sagte sie ohne Begrüßung. »Wo steckst du denn? Es ist gleich zwölf.«
    »Schalt das Radio ein!«, sagte er aufgeregt. »Sie bringen es in den Nachrichten!«
    »Was …?« Sie brach ab.
    »Es ist schiefgegangen«, redete er weiter. Seine Stimme klang plötzlich seltsam monoton. »Wir hätten ihm nicht trauen sollen.«
    »Wovon sprichst du? Was ist denn passiert?«
    »Die Grenze ist endgültig überschritten. Wir haben ein Menschenleben auf dem Gewissen.«
    Das Telefon glitt ihr aus der Hand und zersprang auf dem Parkettboden in Stücke. Sie hatte geglaubt, es könne nicht schlimmer kommen. Doch sie hatte sich erneut geirrt.

1
    Die drückende Schwüle der vergangenen Tage hatte die Luft aufgeheizt. Selbst zu später Stunde hing sie noch wie eine Dunstglocke über der Stadt. Verschwitzte Menschenmassen drängten sich durch den historischen Altstadtkern in Richtung der Fixpunkte, der drei großen Marktplätze. Seit Tagen befand sich Herford nun schon im Ausnahmezustand.
    Heute war Samstag. Das Hoeker-Fest – das große Bürgerfest – hatte seinen Höhepunkt erreicht: Musiker, Tanzgruppen, Gaukler und Magier, an jeder Ecke kulinarische Spezialitäten und fröhliche Gesichter. Die Menschen der Stadt genossen ihr Fest und feierten sich selbst.
    Kai Stahlhut war kein Mensch, der solchen Trubel schätzte. Er bevorzugte die bodenständige Variante, um ein paar Stunden auf dem Fest zu verbringen. In der linken Hand ein Bier, rechts eine Bratwurst. Fertig. Ein gelungener Abend konnte so einfach sein.
    Stahlhut war Kriminalkommissar der Herforder Polizeiinspektion. Obwohl gerade einmal fünfunddreißig Jahre alt, gehörte er unter den Kollegen schon zu den alten Hasen. Seine manchmal sehr direkte Art hatte ihm allerdings schon ein ums andere Mal Ärger mit seinen Vorgesetzten eingehandelt. Offenbar besaßen seine Mitmenschen einfach eine andere Art von Humor als er.
    Das Hoeker-Fest hatte Stahlhut wie schon in den letzten Jahren auch dieses Mal alles abverlangt. Diebstähle, Körperverletzungen und ein schwerer Fall von Brandstiftung hatten ihn und seine Kollegen auf Trab gehalten. Umso glücklicher war er, dass er an diesem Abend keinen Dienst hatte.
    Am späten Nachmittag hatte er seinen Kumpel Jens anrufen und fragen wollen, ob er Lust auf einen
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