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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben
Autoren: S Elkeles
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ihnen wird das Schuljahr doch sowieso abbrechen.«
    Mein Blick kreuzt sich kurz mit Alex’ und ein Schauer rinnt meinen Rücken hinunter.
    »Ich habe heute Morgen beinah Alex Fuentes’ Motorrad plattgemacht«, erzähle ich Colin, sobald Alex außer Hörweite ist.
    »Das hättest du mal tun sollen.«
    »Colin!«, protestiere ich.
    »Zumindest hätte es ausreichend Gesprächsstoff für den ersten Tag geliefert. Die Schule ist einfach scheißlangweilig.«
    Scheißlangweilig? Ich hätte beinah einen Autounfall gebaut, habe eine Kriegserklärung von einem Southside-Mädel erhalten und bin von einem gefährlichen Gangmitglied direkt vor der Schule bedroht worden. Wenn das ein Vorgeschmack auf den Rest des Schuljahres gewesen sein soll, wird es alles Mögliche werden, aber auf keinen Fall scheißlangweilig .

4
    Alex
    Ich war mir darüber im Klaren, dass ich irgendwann im Laufe des Schuljahres im Büro des Direktors landen würde, aber ich hatte nicht damit gerechnet, dass es mich schon am ersten Schultag erwischt. Ich habe gehört, Dr. Aguirre wurde eingestellt, weil er in irgendeiner Highschool in Milwaukee knallhart durchgegriffen hat. Jemand muss ihm den Tipp gegeben haben, dass ich ein führender Kopf der Latino Blood bin, sonst hätte er nicht ausgerechnet meinen Arsch herzitiert, sondern den eines anderen Blutsbruders.
    Hier sitze ich also, man hat mich aus dem Sportunterricht geholt, damit Aguirre mit stolzgeschwellter Brust etwas über härtere Schulregeln schwafeln kann. Ich spüre, dass er versucht, mich einzuschätzen. Er fragt sich, wie ich auf seine Drohung reagieren werde. »… und für dieses Jahr habe ich zwei Vollzeit-Securityleute engagiert, die eine Waffe tragen, Alejandro.«
    Sein Blick konzentriert sich ganz auf mich, versucht, mich einzuschüchtern. Alles klar. Ich sehe sofort, dass Aguirre zwar Latino sein mag, aber keine Ahnung davon hat, was auf unseren Straßen so abgeht. Als Nächstes wird er mir bestimmt erzählen, dass er in bescheidenen Verhältnissen aufgewachsen ist, genau wie ich. Dabei ist er bis heute wahrscheinlich noch nicht einmal mit dem Auto durch mein Viertel gefahren. Vielleicht sollte ich anbieten, den Touristguide für ihn zu machen.

    Er baut sich vor mir auf. »Ich habe dem Schulinspektor und der Schulbehörde versprochen, die Gewaltexzesse zu unterbinden, die diese Schule seit Jahren sukzessive zugrunde richten. Ich werde nicht zögern, jeden vom Unterricht zu suspendieren, der sich nicht an die Regeln hält.«
    Ich habe nichts weiter verbrochen, als ein bisschen Spaß mit der Pompon-Queen zu haben und der Typ redet schon von Suspendierung. Vielleicht weiß er von meiner Suspendierung im letzten Jahr. Wegen eines kleinen Vorfalls hat man mich für drei Tage auf die Bank geschickt. Es war nicht meine Schuld … zumindest nicht ganz. Paco hatte diese verrückte Theorie, dass kaltes Wasser sich auf Latinoschwänze anders auswirken würde als auf die der Gringos. Ich führte gerade eine hitzige Diskussion mit ihm im Heizungsraum, wo er den Heißwasserboiler abgestellt hatte, als wir entdeckt wurden.
    Ich hatte nichts damit zu tun, wurde aber dennoch dafür bestraft. Paco versuchte, alles richtigzustellen, aber unser alter Direx wollte nichts davon wissen. Vielleicht hätte er mich angehört, wenn ich mich mehr ins Zeug gelegt hätte. Aber warum soll man seine Energie auf etwas verschwenden, das sowieso nicht eintreten wird?
    Brittany Ellis ist ganz klar der Grund, warum ich heute hier stehe. Ihr Arsch von einem Freund wird sicher nie in Aguirres Büro landen. Die Lusche ist ein Footballcrack. Er kann den Unterricht schwänzen und Streit vom Zaun brechen und Aguirre wird ihm wahrscheinlich trotzdem den Hintern küssen. Colin Adams liebt es, mich herauszufordern, weil er weiß, dass er locker damit davonkommt. Er ist bisher noch jedes Mal, wenn ich es ihm heimzahlen wollte, entwischt, oder hat sich schnell in die Nähe eines Lehrers gestellt … eines Lehrers, der nur darauf wartete, dass ich mich so richtig in die Scheiße reite.
    Eines Tages …

    Ich sehe Aguirre in die Augen. »Ich breche keinen Streit vom Zaun.« Was nicht heißen soll, dass ich nicht ordentlich mitmische.
    »Gut zu wissen«, sagt Aguirre. »Doch mir ist zu Ohren gekommen, dass du heute eine Schülerin auf dem Parkplatz belästigt hast.«
    Dass ich beinah von Brittany Ellis’ schickem neuem Schlitten zu Kompost verarbeitet worden bin, ist also meine Schuld? In den letzten drei Jahren habe ich es geschafft,
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