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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben
Autoren: S Elkeles
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einen großen Bogen um die reiche Tussi zu machen. Ich habe gehört, letztes Jahr hatte sie ein C auf ihrem Zeugnis, aber ein kurzer Anruf ihrer Eltern hat genügt und die Note verwandelte sich – Abrakadabra – in ein A.
    Ihre Chance auf ein gutes College wäre doch sonst ruiniert gewesen!
    Scheiß drauf. Wenn ich ein C hätte, würde mi’amá mir eine Kopfnuss verpassen, die sich gewaschen hat und mich an den Haaren an meinen Schreibtisch zerren, damit ich doppelt so viel lerne. Ich habe mir den Arsch aufgerissen, um gute Noten zu bekommen, obwohl ich mich ständig rechtfertigen musste, woher ich die Antworten wusste. Als ob ich betrügen würde. Mir geht’s doch nicht darum, aufs College zu kommen. Es geht darum, zu beweisen, dass ich aufs College gehen könnte … wenn mein Leben ein anderes wäre.
    Die von der Southside werden oft für dümmer gehalten als die von der Northside, aber das ist kompletter Unsinn. Wir sind eben nicht so reich oder besessen von materiellen Dingen oder davon, auf die teuerste und angesehenste Uni zu gehen. Die meiste Zeit kämpfen wir ums Überleben, müssen ständig auf der Hut sein.
    Das Schwierigste in Brittany Ellis’ Leben ist wahrscheinlich, jeden Abend aufs Neue entscheiden zu müssen, in welches
Restaurant sie heute essen geht. Dieses Mädchen benutzt ihren heißen Körper, um jeden zu manipulieren, der in ihren Bannkreis gerät.
    »Willst du mir erzählen, was auf dem Parkplatz geschehen ist? Ich würde gern deine Seite der Geschichte hören«, sagt Aguirre.
    Von wegen. Ich habe schon vor langer Zeit gelernt, dass meine Seite keinen interessiert. »Das heute Morgen war ein totales Missverständnis«, erkläre ich. Brittany Ellis’ Missverständnis darüber, dass zwei Fahrzeuge auf denselben Parkplatz passen.
    Aguirre beugt sich im Stehen über seine blitzblank polierte Schreibtischplatte. »Versuch, Missverständnisse nicht zur Gewohnheit werden zu lassen, Alejandro, okay?«
    »Alex.«
    »Hä?«
    »Ich werde Alex genannt«, sage ich. Was er über mich weiß, steht in meiner Schulakte, einer Akte, die so akribisch geführt wurde, dass sie wahrscheinlich fünfundzwanzig Zentimeter dick ist.
    Aguirre nickt mir zu. »Gut, Alex. Ich entlasse dich in die sechste Stunde. Aber ich habe meine Augen überall und werde dich genau beobachten. Ich will dich nicht noch einmal in meinem Büro sehen.« Als ich aufstehe, legt er mir eine Hand auf die Schulter. »Nur damit du es weißt, mein Ziel ist, dass jeder Schüler dieser Schule etwas aus sich macht. Jeder Schüler, Alex, du eingeschlossen. Welche Vorurteile du auch über mich haben magst, verabschiede dich von ihnen. ¿Me entiendes? «
    » Sí. Entiendo «, sage ich und frage mich gleichzeitig, ob ich ihm vertrauen kann. Im Gang beeilen sich Horden von Schülern, zu ihrer nächsten Stunde zu kommen. Ich habe keinen Schimmer, wo ich als Nächstes sein soll und trage immer noch meine Sportklamotten.

    In der Umkleide scheppert ein Song aus dem Lautsprecher, der anzeigt, dass jetzt die sechste Stunde beginnt. Ich ziehe den Stundenplan aus der Gesäßtasche meiner Jeans. Chemie mit Mrs Peterson. Na toll, der nächste Henker reibt sich schon die Hände.

5
    Brittany
    Ich schalte mein Handy ein und rufe zu Hause an, bevor Chemie beginnt, um zu hören, wie es meiner Schwester geht. Baghda ist ziemlich angefressen, weil Shelley ihr Mittagessen nicht mochte. Anscheinend hat sie die Schüssel mit Joghurt aus Protest vom Tisch gefegt.
    War es wirklich so vermessen, zu hoffen, meine Mutter würde sich einen Tag Zeit nehmen, um Baghda einzuarbeiten, anstatt wie jeden Tag im Country-Club rumzuhängen? Die Sommerferien sind jetzt vorbei und ich kann die Pflegerinnen nicht mehr ablösen, wenn sie nach Hause gehen.
    Außerdem sollte ich mich auf die Schule konzentrieren. Mein Hauptziel ist, von der Northwestern aufgenommen zu werden, der Uni, an der schon mein Vater war. Auf diese Weise könnte ich studieren und wäre trotzdem in der Nähe, um für meine Schwester da zu sein. Nachdem ich Baghda ein paar Ratschläge gegeben habe, atme ich tief durch, zaubere ein Lächeln auf mein Gesicht und betrete das Klassenzimmer.
    »Hey Baby, ich habe dir einen Platz frei gehalten.« Colin zeigt auf den Stuhl neben sich.
    Der Raum ist mit Labortischen ausgestattet, an denen jeweils zwei Schüler Platz haben. Das heißt, dass ich den Rest des Jahres neben Colin sitzen werde und wir die gefürchtete Facharbeit in Chemie zusammen schreiben können. Ich gleite auf
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