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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch
Autoren: Danijela Pilic
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    »Ich wusste immer schon, was ich wollte,
und das war Schönheit …
in jeder erdenklichen Form.«
    Joan Crawford
    Es ist einer dieser noch warmen Abende im September, an denen der Abschied vom Sommer besonders schmerzt. In einer schicken, aber nicht zu schicken Altbauwohnung in Berlin-Mitte, kurz nach Anbruch der Dunkelheit, fegt eine Gastgeberin hektisch durch die Räume, denn bald werden vier Freundinnen auftauchen, um einen als wöchentlich anberaumten, doch sich ständig verschiebenden Weiberabend zu begehen. (Abende wie diese sind gar nicht so leicht zu arrangieren, denn je mehr Kommunikationskanäle einem zur Verfügung stehen, umso leichtsinniger und öfter wird abgesagt und verschoben, und wir schreiben das Jahr 2010.) Doch an diesem Abend treffen sich wieder: Sophie, Alev, Rosa, Polly und die Gastgeberin. (Die Gastgeberin bin ich.) Es ist aus mehreren Gründen ein besonderer Abend. Polly ist nach ihrer abgeschlossenen Ausbildung zur Yoga-Lehrerin in LA wieder zurück in der Heimat. Wir alle wollen wissen, ob sie wirklich so gaga geworden ist, wie sie sich zuletzt in ihren E-Mails angehört hat. Und: Wir wollen in natura sehen, wie ihr die neue Nase steht. Außerdem hat Alev eine wichtige Neuigkeit angekündigt.
    Die Wohnung ist blitzblank gewischt; es riecht nach Essigreiniger, in den Vasen stehen frische Blumen, auf den Tischen leuchten Duftkerzen von Diptyque. (Die 17 Kilo Schrott, die bis vor fünf Minuten in der Wohnung herumlagen – Klamotten, Schmuck, Zeitschriften, Schuhe und allerlei Zeug, das sich nicht kategorisieren lässt –, habe ich in eine blaue Ikea-Tüte geschmissen. Die habe ich in den Schrank gepackt. Den Schrank habe ich geschlossen.) Es ist genügend Schaumwein und Wodka für eine mittelgroße russische Hochzeit kühl gestellt, und es gibt Roastbeef und Würstchen (keine Kohlenhydrate!), Börek (glykämischer Index höchst bedenklich, hat aber diese Eben-schnell-um-die-Ecke-geholt-Qualität) und Salat mit Edamame-Bohnen, dem gar nicht mehr so neuen Superfood. Im Ofen backen Brownies ohne Weißmehl, Zucker und Mononatriumglutamat, denn Polly hat uns via E-Mail mitgeteilt, dass sie all diesen Dingen unter der heißen, neurotischen Sonne Kaliforniens abgeschworen hat.
    Es klingelt. Vor der Tür steht Rosa, die nach zwei Wochen auf einer Yacht im Mittelmeer noch besser aussieht als sonst, sofern das überhaupt möglich ist: Ihre Gisele-langen Haare haben nun honigblonde Spitzen und ihre langen, schlanken Gliedmaßen glänzen noch güldener. Rosa hat ihre genetische Sechs mit Superzahl (schwedischer Vater, argentinische Mutter, eine deutsche und eine russische Großmutter) eine Zeit lang zu Geld gemacht und gemodelt, doch sie war, wie sie selbst sagt, immer »zu klein und zu fett«. Rosa ist 173 Zentimeter groß und wiegt 55 Kilo. Wenn sie nicht so charmant und herzlich wäre, müsste man sie hassen. Ich umarme Rosa und nehme ihr die Jacke ab. Sie trägt ein ärmelloses Seidentop und ihre Arme sind weich wie Kaschmir.
    »Wahnsinn, oder? Ich habe gestern ein Schoko-Peeling machen lassen, nach der Radiofrequenzbehandlung. War ziemlich teuer, weißt du ja, aber es hat sich gelohnt. Ich habe sogar am Abend mit meinem Mann gepoppt, damit es nicht umsonst war«, grinst sie und streicht sich über ihren yogagestählten Trizeps. (Rosas Mann ist einer dieser Hedgefonds-Manager, und nicht mal sie kann erklären, was er genau macht. Irgendetwas macht er aber richtig, denn er ist seit »der Kriiiiiiise« noch reicher geworden.)
    »Na, Gott sei Dank kannst du das jetzt alles selbst bezahlen. Weiß dein Mann eigentlich, was das alles gekostet hat?«, frage ich sie, während wir anstoßen, und dann: »Gott, leben wir in den 50ern? Wie retro hört sich denn das an?
    »Ich stehe auf retro, weißt du doch«, grinst Rosa. »Außerdem zahlt er immer noch für alles. Nur weil ich jetzt Geld verdiene, heißt das nicht, dass sich mein Taschengeld verringert hat. Was glaubst du eigentlich, was Alev uns sagen will?«
    »Keine Ahnung, aber ich hoffe, es ist was Gutes. Die Arme hätte mal eine gute Nachricht verdient.«
    »Ich hab’ auch keine Ahnung, was es ist. Wir haben sicher seit zwei Wochen nicht miteinander gesprochen. Ich glaube, sie ist sauer auf mich …«
    »Wieso denn?«
    »Ich habe ihr Botox vorgeschlagen.«
    Und wie auf Kommando klingelt es: Alev und Sophie sind da. Es folgt – denn der Informationsaustausch in dieser Runde funktioniert am besten schnell, durcheinander und unterbrochen – eine
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