Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles
Autoren: Robert Sheckley
Vom Netzwerk:
dazu?«
    »Das weiß ich nicht, Herr. Da müssen Sie Max fragen.«
    Dramokles suchte nach ihm und erfuhr, daß sein PR-Mann geflohen war. Er hatte ein Raumschiff gestohlen, um sein Heil bei den Barbaren von Vanir zu suchen. Dramokles saß da, dachte nach und rauchte kette. Schließlich kam er zu einem Schluß. Er wußte jetzt, wo die endgültige Aufklärung zu finden war. Er ließ sofort sein Schiff startklar machen.
    Dramokles’ Computer, der wie stets einen schwarzen Mantel, eine weiße Perücke und chinesische Hausschuhe trug, hielt sich in seinen Räumen auf Schloß Ultragnolle auf. Er blickte auf, als Dramokles eintrat.
    »Schon so früh von der Feier zurück, Herr?«
    »Wie du siehst.«
    »Und, war es schön?«
    »Erhellend, würde ich sagen.«
    »Ihre Worte klingen gereizt, Sire. Beunruhigt Sie am Ende etwas?«
    »Nun«, sagte Dramokles, »ich bin wohl ein wenig irritiert durch meine jüngste Erkenntnis, daß, seit damals Clara mit jenem verfluchten Hinweis auf meine Bestimmung in meine Audienz kam, mein Leben von einer mysteriösen Figur im Hintergrund beeinflußt, nein, gelenkt wird.«
    »Aber das wußten Sie doch bereits, Sire. Sie meinen doch gewiß die Einflüsse von Otho dem Sonderbaren.«
    »Nein. Ich bin der festen Überzeugung, daß Otho, oder wer immer diese Person war, von jemand anderem gelenkt wurde.«
    »Aber wer könnte das sein?«
    »Niemand anderes als du selbst, mein cleverer mechanischer Freund.«
    Der Computer rückte sich mit bedächtiger Geste die Perücke zurecht, so als wolle er einen Augenblick Zeit zum Nachdenken gewinnen. Die Geste war jedoch rein theatralisch, ein Versuch, sich »menschlich« zu benehmen. Der Computer hatte diesen Augenblick lange vorausgesehen und wußte längst, wie er darauf reagieren würde.
    »Wie kommen Sie darauf, Herr?«
    »Ganz einfach«, sagte Dramokles. »Du bist der größte Intellekt auf Glorm oder der Erde. Du hast außerdem geschworen, mir zu dienen. Wenn diese Verschwörung gegen mich also von jemand anderem ausgeheckt worden wäre, hättest du mich gewarnt.«
    »Nicht schlecht«, sagte der Computer. »Nicht völlig narrensicher, aber nicht schlecht, wirklich.«
    »Streitest du meine Vorwürfe ab?«
    »Keineswegs. Sie haben völlig recht, mein König. Wer anders als ich, der ich Sir Isaac Newtons Freund war und Ihr treuer Diener bin, hätte diese komplizierte und geheimnisvolle Sache arrangieren können? Ich bin nur überrascht, daß Sie nicht viel eher dahintergekommen sind. Aber, wie die Taoisten zu sagen pflegen, der Weise bleibt unbemerkt zwischen den Reihen der Menschen.«
    »Verflucht!« rief Dramokles.
    »Ich sollte meinen Werkzeugkasten holen und dich auseinandernehmen.«
    »Der simple Befehl, daß ich mich zerlegen soll, würde genügen«, sagte der Computer.
    Diese Äußerung besänftigte den Zorn des Königs. »Oh, Computer«, rief er, »warum hast du das getan?«
    »Ich hatte meine Gründe«, sagte der Computer.
    »Zweifellos«, sagte Dramokles und mußte sich zusammennehmen, um nicht wieder wütend zu werden. »Dürfte ich diese Gründe vielleicht erfahren?«
    »Ja, Herr. Sehen Sie, Ihnen fehlt noch immer der letzte Schlüssel. Das letzte Schlüsselwort, daß Ihnen den Zugang zu Ihren sämtlichen Erinnerungen ermöglicht. Dann wird sich alles aufklären, und Sie werden verstehen, warum Ihnen bestimmte Dinge bis zu diesem Augenblick nicht enthüllt werden durften. Soll ich Ihnen den Schlüssel geben, Sire?«
    »Aber ich bitte dich, das eilt wirklich nicht«, sagte Dramokles. »Laß uns lieber weiter Spitzfindigkeiten austauschen. Idiot, gib ihn mir auf der Stelle!«
    Der Computer holte ein Briefkuvert aus einer Tasche seines Mantels und gab es dem König.
    Dramokles öffnete es. Ein Zettel befand sich darin.
    Darauf standen die Worte Elektrifizierte Petersilie.
    Das letzte Schlüsselwort! In den Tiefen von Dramokles’ Verstand öffnete sich eine vergessene Tür.

    Der junge Dramokles, zwanzig Jahre älter, von allen Augen bewunderter Herrscher über einen ganzen Planeten, langweilte sich. Obwohl er noch nicht einmal ein volles Jahr König war, hatte er bereits alles satt, worüber er verfügte. Dramokles wollte, was er nicht haben konnte – Krieg, Intrigen, Liebe, Haß, Schicksal und, vor allem, Überraschungen. Aber genau das war unmöglich. Zwischen den Hiesigen Planeten existierte ein unsicherer Frieden. Um ihn zu bewahren, mußte der Herrscher von Glorm gerecht, friedliebend, fleißig, berechenbar und prinzipientreu sein. Er mußte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher