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Dramocles

Dramocles

Titel: Dramocles
Autoren: Robert Sheckley
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lebten und sich mit Fingermalen und Serienmusik beschäftigten. Und noch viele andere lebten dort. Diese verwirrende Rassenvielfalt hatte Clovis den Titel »Los Angeles des Hiesigen Systems« eingebracht.
    Vitello und Hulga hatten Mühe, sich in Clovis zurechtzufinden. Fufnir war der einzige Freund des Paares. An den meisten Abenden kam der Dämonengnom zu ihnen, und die drei guckten Fernsehen, rauchten Joints und beklagten sich. Auch Fufnir hatte Sorgen. Jobs für Dämonengnome waren in diesen Zeiten rar.
    Dann waren eines Tages Vitellos goldene Hexennüsse ausgegeben. Ohne Arbeit, gebrochen, heimatlos zog das Trio durch die Straßen. So war es unvermeidlich, daß sie schließlich zu dem berüchtigten Hof der Wunder kamen, wo alles geschehen konnte, wenn es nur unerfreulich genug war.
    Als sie sich durch die Menge bewegten, glaubte Vitello, eine vertraute Stimme zu hören. Sie kam aus einer Bude zu seiner Rechten. Ein braungebrannter junger Mann erzählte fünf oder sechs gelangweilten Passanten von einer Kommune namens Syncope auf einem der Monde von Lekk. Eine schlanke junge Frau mit einem hübschen Gesicht begleitete ihn dazu auf einem tragbaren Harmonium.
    Es dauerte einen Moment, bis Vitello den Mann erkannte. Doch dessen Levi’s-Jeans und Fruit of the Loom-T-Shirt halfen ihm, und schließlich rief er aus: »Prinz Chuch, sind Sie’s wirklich?«
    »Vitello!« rief Chuch, lief herbei und umarmte seinen ehemaligen Diener. »Doris!« rief er der Harmoniumspielerin zu, »schau, wen uns das Universale Prinzip geschickt hat!«

    Chuch war an vielen seltsamen Orten gewesen, von Zorn und Depressionen gepeinigt. Dann, eines Tages, waren er und die treue Doris in den Sardapianischen Alpen einem hochgewachsenen alten Mann begegnet, der nur mit einem gelben Lendenschurz bekleidet mit gekreuzten Beinen unter einem Baum saß.
    »Ich grüße dich, Prinz Chuch«, sagte der alte Mann.
    Chuch war sehr verwundert, denn er hatte den alten Mann noch nie zuvor gesehen. »Sir«, sagte er, »wer sind Sie?«
    »Das ist unwichtig. Du kannst mich Chang nennen.«
    »Woher kommst du?«
    »In meiner letzten Inkarnation befand ich mich auf der Erde.«
    »Und woher kennst du meinen Namen?«
    »Es wurde mir prophezeit, daß wir uns an diesem Ort begegnen würden und zu dieser Stunde.«
    »Von wem?«
    Chang lächelte. »Die Beantwortung dieser Frage hätte wenig Sinn.« Der alte Mann stand auf. »Prinz Chuch, ich gehe jetzt zu einem Ort, der Syncope genannt wird. Dort will ich ein Kloster gründen, um das Buddhadharma zu lehren und zu verbreiten. Willst du mit mir kommen?«
    »Ja, ich will«, sagte Chuch ohne zu zögern. »Was immer dieses Buddhadharma sein mag, ich fühle, daß es genau das ist, wonach ich gesucht habe.«
    Und so reisten Chang, Chuch und Doris nach Syncope. Dort bauten sie ein Kloster und widmeten sich bei harter Arbeit und einfachem Essen der Meditation und dem Studium der Sutras. Andere Pilgerer kamen, einige, um ebenfalls asketisch zu leben, andere, um im benachbarten Dorf Heim Kurse in Gefühlstraining, Astralprojektion, seelischer Massage und ähnlichem zu veranstalten. Von Zeit zu Zeit wurde Chuch zurück in die Zivilisation geschickt, um die Worte des Meisters zu verbreiten. Nun kehrte er nach Syncope zurück. Vitello und Doris begleiteten ihn. Fufnir dagegen mußte bedauernd ablehnen, da das Kloster von Syncope kein Ort für einen Dämonengnom war.
    Chuch und Doris, Vitello und Hulga hatten den Versöhnungball ursprünglich besuchen wollen, sich dann aber doch dazu entschieden, diesen weltlichen Freuden zu entsagen. So schickten sie den Boten-Mönch, um bekanntzugeben, was ihnen widerfahren war: sie hatten sich dem Noblen Achtfachen Pfad zugewandt; sie waren Schüler des alten kahlköpfigen Chang mit dem langen Fu Manchu-Schnurrbart.

    Das Fest war in vollem Gange. Dramokles hatte eine wunderbare Zeit verbracht, getrunken, getanzt und Drogen genommen, die so selten, kostbar und stark waren, daß sie allein Königen vorbehalten blieben. Seine Begegnung mit Lyrae, von der er jetzt durch ein Königliches Expreßdekret geschieden war, verlief freundschaftlich. Als der Abend vorrückte und die Gäste betrunkener wurden, zogen sich Lyrae und Chemise in ein ruhiges Zimmer zurück, um über Fragen zu sprechen, die junge schöne Frauen beschäftigten, die mit Königen in mittleren Jahren verheiratet waren. Dramokles feierte allein weiter.
    Schließlich fand er sich in einem Teil des Asteroiden wieder, den er nie zuvor betreten
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