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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel
Autoren: Daniel Silva
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Körper zuckte, während der Mörder die Heckklappe des Lieferwagens öffnete.
    Der Mörder hatte Mühe, das Opfer in den Wagen zu heben, aber einen Moment später war es vollbracht. Nach einigen vergeblichen Startversuchen sprang der Motor endlich an.
    Wenig später raste der Lieferwagen durch das Dorf und bog auf die leere Fernstraße ein.
    Der Mörder, trotz der Gegenwart seines Opfers gelassen, stimmte ein Lied aus der Kindheit an, um sich die Zeit zu verkürzen. Es war eine lange Fahrt, mindestens vier Stunden.
    Bei den Vorbereitungen für den heutigen Abend hatte der Mörder die Strecke bereits einmal mit dem Motorrad zurückgelegt, demselben Motorrad, das jetzt neben Beatrice Pymm lag. Mit dem Lieferwagen würde die Fahrt länger dauern.
    Der Motor war schwach, die Bremsen funktionierten nicht richtig, und die Lenkung zog stark nach rechts.
    Der Mörder schwor sich, beim nächsten Mal ein besseres Auto zu stehlen.
    Ein Messerstich ins Herz führt im allgemeinen nicht sofort zum Tod. Selbst wenn die Klinge eine Kammer durchdringt, schlägt das Herz gewöhnlich noch einige Zeit weiter, bis das Opfer verblutet.
    Während der Lieferwagen die Straße entlang tuckerte, füllte sich Beatrice Pymms Brusthöhle rasch mit Blut. Sie glitt langsam in einen komaähnlichen Zustand. Sie fühlte vage, daß sie im Sterben lag.
    Sie erinnerte sich an die Warnungen ihrer Mutter, sich spät am Abend nicht allein draußen aufzuhalten. Sie fühlte, wie das Blut feucht und klebrig aus ihrem Bauch sickerte und ihr Hemd tränkte. Sie fragte sich, ob ihr Gemälde Schaden genommen hatte.
    Sie hörte den Gesang. Einen schönen Gesang. Es dauerte eine Weile, bis sie bemerkte, daß der Fahrer nicht englisch sang. Er sang ein deutsches Lied, und die Stimme gehörte einer Frau.
    Dann starb Beatrice Pymm.
    Zehn Minuten später hielt der Wagen zum ersten Mal am Ufer des Orwell, an derselben Stelle, wo Beatrice Pymm an diesem Tag gemalt hatte. Die Mörderin sprang bei laufendem Motor aus dem Wagen. Sie ging zur Beifahrertür, öffnete sie und nahm die Staffelei, die Leinwand und den Rucksack heraus.
    Sie baute die Staffelei dicht neben dem träge dahinfließenden Wasser auf und stellte die Leinwand darauf. Dann öffnete sie den Rucksack, entnahm ihm die Farben und die Palette und legte sie auf den feuchten Boden. Sie warf einen kurzen Blick auf das unfertige Bild. Es gefiel ihr recht gut. Eine Schande, daß sie nicht jemanden hatte umbringen können, der weniger Talent besaß.
    Als nächstes zog sie die halbleere Flasche Ciaret hervor, goß den Rest des Rotweins in den Fluß und warf die Flasche vor der Staffelei auf den Boden. Arme Beatrice. Zuviel Wein, ein unachtsamer Schritt, ein Sturz in das kalte Wasser, eine langsame Reise hinaus aufs offene Meer.
    Vermutliche Todesursache: Ertrinken infolge eines Unfalls.
    Sechs Stunden später fuhr der Lieferwagen durch das Dorf Whitchurch in der Grafschaft West Midlands und bog auf einen Feldweg ein, der einen kahlen Acker säumte. Das Grab war bereits am Vortag ausgehoben worden. Es war tief genug, um die Leiche zu verbergen, aber nicht so tief, daß sie niemals gefunden werden konnte.
    Die Mörderin zerrte Beatrice Pymms Leiche von der Ladefläche und zog ihr die blutigen Kleider aus. Sie faßte die nackte Leiche bei den Füßen und schleifte sie näher ans Grab.
    Sie ließ sie dort liegen, ging zurück zum Heck des Wagens und entnahm ihm drei Gegenstände - einen Eisenschlegel, einen roten Ziegelstein und einen kleinen Spaten.
    Jetzt kam der Teil, vor dem ihr am meisten graute, mehr als vor dem Mord selbst. Sie legte die drei Gegenstände neben die Leiche und faßte sich. Gegen eine neue Welle der Übelkeit ankämpfend, nahm sie den Schlegel in die Hand, holte aus und ließ ihn auf Beatrice Pymms Nase niedersausen.
    Hinterher konnte sie das, was von Beatrice Pymms Gesicht noch übrig war, kaum ansehen. Mit dem Schlegel, dann mit dem Ziegelstein hatte sie es zu einem blutigen Brei aus Fleisch, Knochen und Zähnen zermalmt.
    Sie hatte die erwünschte Wirkung erzielt - das Gesicht war nicht wiederzuerkennen.
    Sie hatte alles getan, was man ihr befohlen hatte. Sie sollte eine andere werden. Zu diesem Zweck war sie viele Monate lang in einem Speziallager ausgebildet worden, weit länger als die anderen Agenten. Mit ihr hatte man Größeres vor. Aus diesem Grund hatte sie Beatrice Pymm umgebracht. Sie sollte ihre Zeit nicht mit Aufgaben verschwenden, die auch weniger begabte Agenten erledigen konnten.
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