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Double Cross. Falsches Spiel

Double Cross. Falsches Spiel

Titel: Double Cross. Falsches Spiel
Autoren: Daniel Silva
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niemals in See stach. Einmal hatte sich einer der Angestellten ein Herz gefaßt und Mrs. Lauterbach auf die Unsinnigkeit des täglichen Rituals hingewiesen. Mrs. Lauterbach hatte ihn angefaucht, und seitdem war an dem Brauch nie wieder gerüttelt worden. Das Sportgerät wurde jeden Morgen aufgestellt und stand dann traurig herum wie eine Weihnachtsdekoration im Mai, bis es am Abend wieder feierlich abgebaut und für die Nacht weggeräumt wurde.
    Im Erdgeschoß des Hauses befanden sich auf der Seeseite das Sonnenzimmer, das Wohnzimmer, das Speisezimmer und schließlich das Floridazimmer, auch wenn keiner der anderen Lauterbachs begriff, warum Dorothy darauf bestand, es so zu nennen, wo doch die Sonne hier an der Nordküste im Sommer bisweilen ebenso kräftig schien wie in Florida.
    Die Lauterbachs hatten das Haus fünfunddreißig Jahre zuvor in der Erwartung gekauft, eine Schar munterer Kinder in die Welt zu setzen. Doch sie bekamen nur zwei Töchter, von denen sich keine sonderlich viel aus der Gesellschaft der anderen machte - die schöne und äußerst beliebte Margaret, die gern in der Schickeria verkehrte, und Jane. Und so wurde das Haus ein friedvoller Ort des warmen Sonnenscheins und der weichen Farben, dessen Ruhe allenfalls durch das Knattern weißer Vorhänge im feuchten Wind und Dorothy Lauterbachs rastlose Bemühungen gestört wurde, in allen Dingen Perfektion zu demonstrieren.
    An diesem Morgen, dem Morgen nach der Abschlußparty der Lauterbachs, hingen die Vorhänge schlaff in den offenen Fenstern und warteten auf eine Brise, die nicht kam. Die Sonne brannte, und schimmernder Dunst lag über der Bucht. Es war drückend schwül.
    In ihrem Schlafzimmer im ersten Stock streifte sich Margaret Lauterbach-Jordan das Nachthemd über den Kopf, setzte sich vor die Frisierkommode und bürstete eilig ihr Haar. Es war aschblond, von gelblichen Strähnen durchzogen und auf eine etwas altmodische Weise kurz geschnitten. Doch es war praktisch und leicht zu pflegen, und sie mochte die Art, wie es ihr Gesicht umrahmte und die lange, anmutige Linie ihres Nackens betonte.
    Sie betrachtete ihren Körper im Spiegel. Sie hatte die letzten hartnäckigen Pfunde verloren, die sie während ihrer ersten Schwangerschaft zugelegt hatte. Die Schwangerschaftsstreifen waren verschwunden, und ihr Bauch war braungebrannt. In diesem Sommer waren zweiteilige Kleider in Mode, welche die Taille freiließen, und es schmeichelte ihr, daß alle an der Nordküste über ihre gute Figur gestaunt hatten. Nur ihre Brüste waren jetzt etwas üppiger, und darüber freute sich Margaret, denn früher hatte sie immer darunter gelitten, daß sie kaum vorhanden waren. Die neuen BHs in diesem Sommer waren kleiner und steifer und hoben die Brüste an. Margaret mochte sie, denn Peter fand, daß sie ihr gut standen.
    Sie schlüpfte in eine weiße Baumwollhose, eine ärmellose Bluse, die sie unter dem Busen verknotete, und flache Sandalen.
    Sie warf einen letzten Blick in den Spiegel. Sie war schön - das wußte sie -, aber nicht so aufreizend schön, daß sich auf den Straßen von Anhatten die Köpfe nach ihr umdrehten. Ihre Schönheit war zeitlos und dezent, gerade richtig für die Gesellschaftsschicht, in die sie hineingeboren worden war.
    Sie dachte: Und jetzt wirst du bald wieder wie eine fette Kuh aussehen!
    Sie wandte sich vom Spiegel ab und zog die Vorhänge auf.
    Auf dem Rasen herrschte ein großes Durcheinander. Gerade wurde das Zelt abgerissen, und die Lieferanten packten Tische und Stühle zusammen. Der Tanzboden wurde abgebaut, und Brett um Brett wurde fortgetragen. Das Gras, gestern noch saftig und grün, war niedergetrampelt. Sie öffnete das Fenster, und der unangenehm süßliche Geruch von verschüttetem Champagner stieg ihr in die Nase. Irgend etwas daran deprimierte sie. Hitler mag die Eroberung Polens vorbereiten, doch wer am Samstag der alljährlich im August stattfindenden Gala von Bratton und Dorothy Lauterbach beiwohnte, erlebte einen glanzvollen...
    Margaret konnte die Artikel in den Gesellschaftsspalten mittlerweile fast selber schreiben.
    Sie drehte das Radio auf dem Nachttisch an und stellte WNYC ein. I'll Never Smile Again ertönte leise. Peter rührte sich im Schlaf. Im hellen Sonnenlicht hob sich seine porzellanfarbene Haut kaum von den weißen Satinlaken ab.
    Früher hatte sie gedacht, alle Ingenieure seien Männer mit Bürstenschnitt, dicker dunkler Brille und zahlreichen Stiften in der Brusttasche. Peter war ganz anders. Er
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