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Auf dem Weg nach Santiago

Auf dem Weg nach Santiago

Titel: Auf dem Weg nach Santiago
Autoren: Jean-Noel Pierre / Gurgand Barret
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VORWORT
     
     
     
    Wer war der heilige Jakobus?
    Und warum Compostela?
     
    J akobus, der ältere Bruder des Apostels
Johannes — daher Jakobus der Ältere erlebte ein seltsames Geschick. Obwohl
einer der ersten Apostel (und später Märtyrer), gab Jesus ihm den Beinamen
»Donnersohn«: Er hatte ein ganzes Dorf vernichten wollen,
weil es sich weigerte, Christus gastfreundlich aufzunehmen. Vor allem aber
gehörte Jakobus zu den wenigen Auserwählten, die der Verklärung auf dem Berg
Tabor beiwohnen durften. Er stand Jesus sehr nahe, begleitete ihn auf allen
seinen Wanderwegen und war Zeuge seiner gesamten Lehrtätigkeit.
    Wirklich berühmt machte ihn jedoch erst
die glühende Verehrung der Spanier. Eine im 7. Jahrhundert entstandene Legende
erzählt, Jakobus der Ältere habe in Spanien gepredigt. So dachte man zu einer
Zeit, als alle europäischen Länder sich einen Apostel anzueignen suchten. Zwei
Jahrhunderte später wußte diese selbe Legende, er sei dort auch gestorben. Hier
hegt der Ursprung der großen Pilgerbewegung nach Santiago de Compostela und der
zahlreichen Pilgerberichte, einer merkwürdiger als der andere.
    Im Jahre 830 entdeckten zwei von einem
Stern geführte Hirten auf einem Feld einen Steinsarg mit Reliquien. Der
Volksglaube der Spanier erkannte in ihnen die Reste Jakobus’ des Älteren. In
Kürze verbreitete sich die Neuigkeit in der ganzen christlichen Welt. Das Feld,
auf dem das Grab entdeckt worden war, bekam folgerichtig den Namen campus
stellae, Sternenfeld. Alfons III., der König von Asturien, ließ die
Basilika von Compostela für die nun einsetzende Pilgerbewegung vergrößern.
     
     
    Godescalc, Bischof von Le Puy
     
    Ein Jahrhundert später, nämlich im
Jahre 950, begab sich Godescalc, der Bischof des südfranzösischen Puy-en-Velay,
mit seinem Gefolge nach Santiago de Compostela. Den Weg, den er einschlug,
kennt man nicht in allen seinen Einzelheiten; sicher aber handelte es sich um
die via podiensis. Der Bischof zog mit einem Gefolge von Baronen,
Männern der Kirche, Troubadouren, Pferden und Maultieren des Weges — alles
unter dem Schutz einer Militäreskorte.
    Wir besitzen darüber den Bericht eines
Mönchs aus dem Kloster Sankt Martin d’Abbeda bei Logroño: »Bischof Godescalc
hat unter offenbar frommem Antrieb sein Land Aquitanien verlassen und sich in
Begleitung eines großen Gefolges auf den Weg in die fernsten Gegenden von
Galicien gemacht, um in aller Demut den Schutz des heiligen Apostels Jakobus zu
erflehen und so die Barmherzigkeit Gottes zu erlangen.«
    Somit war Bischof Godescalc der erste
wahre »französische« Pilger, den wir kennen. Etwas später, im Jahr 1063, machte
sich Petrus II. von Mercceur, auch er Bischof von Le Puy, seinerseits auf den
Weg nach Spanien. Diese ersten Pilgerreisen hoher geistlicher Würdenträger
eröffneten offiziell den Weg nach Compostela und machten ihn dadurch in ganz
Europa bekannt.
     
     
    Der Pilgerführer von Aymeri Picaud
    aus dem 12. Jahrhundert
     
    Der Höhepunkt dieser Wallfahrt in das
ferne Galicien liegt zwischen 1110 und 1140. Tausende von Pilgern aus ganz
Europa verließen ihre Strohhütten, ihre Familien, ihr ganzes Hab und Gut, und
machten sich auf den Weg zum heiligen Jakobus. Viele von ihnen kamen, durch
diese Initiation neu belebt und gestärkt, in ihre Heimat zurück; viele andere
starben unterwegs, denn die Reise war lang und gefährlich.
    Diese hohe Zeit des Pilgerns fand ihren
Abschluß mit der Niederschrift des berühmten »Pilgerführers« (Guide du
pèlerin de Saint-Jacques de Compostelle ); er wird einem Kleriker aus dem
Poitou, Aymeri Picaud, zugeschrieben. Von diesem Werk, dem Vorläufer unserer
Reiseführer, sind zwei Handschriften auf uns gekommen; die eine wird in der
Kathedrale von Santiago de Compostela aufbewahrt, die andere liegt im
katalanischen Kloster Ripoll. Es handelt sich um eine allgemeine Beschreibung
der Pilgerwege durch F rankreich und Nordspanien nach Compostela, mit den
Etappenstädten auf diesen Wegen und Informationen über die Bevölkerung in den
durchquerten Gegenden.
    Der Ort Compostela wird ausgiebig
beschrieben, ebenso seine Kathedrale Sankt Jakob. Aymeri Picaud schließt seinen
Pilgerführer mit einer Menge interessanter Beobachtungen, »wie die
Santiago-Pilger gastlich aufzunehmen seien«.
    Leider enthält der Führer nur wenige
Angaben über den Süden Frankreichs. Er begnügt sich mit der Feststellung: »Vier
Wege führen nach Santiago, die sich in Puente la Reina auf
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