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Die Winde von Darkover - 13

Die Winde von Darkover - 13

Titel: Die Winde von Darkover - 13
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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dahinter lag das Koordinationszentrum. Dieses Gebäude bestand aus durchscheinendem, alabasterweißem Darkovaner-Stein und hatte riesige Glasfenster. Durch sie sah man die grellblauen Raumhafenlichter, die Umrisse der Bodenfahrzeuge und der auf der Rampe liegenden Schiffe, und weit hinter den blauen Lichtern das blaßgrüne Mondlicht. Noch eine halbe Stunde bis zur Morgendämmerung. Er ließ seinen Seesack neben einem Lift stehen, stieg ein und fuhr hinauf in das Stockwerk, in dem die Abfertigung untergebracht war. Im Penthaus darüber befand sich des Koordinators Büro. Es war sein Ziel.
    *
    Aber dann stand er ohne jede Vorwarnung auf einer hohen Brüstung, und eisiger Wind pfiff ihm um die Ohren, zerrte an seinen Kleidern und schnitt schmerzhaft ins Gesicht. Unter ihm schrien und stöhnten Männer. Irgendwo prasselten Steine, schlugen krachend auf und rumpelten weiter. Es war wie ein Weltuntergang. Er sah nichts. Er klammerte sich an den Stein, und seine Hände waren froststarr. Ihm war übel vor Leid, und seine Kehle war wie zugeschnürt.
So viele Männer. So viele Tote. Alle sind meine Freunde und gehören meinem Volk an. Er ließ den Stein los. Er zog sein im Winde flatterndes Gewand um sich und fühlte tröstend den weichen Pelz an seinen kalten Fingern. Schnell lief er durch die Dunkelheit. Es war wie ein Traum; er wußte, wohin er ging, aber nicht warum. Seine Füße bewegten sich von Stein auf Parkett, dann über einen dicken Teppich, schließlich eine lange Treppenflucht abwärts, dann noch eine, bis der Kampflärm für ihn verstummte. Er weinte, als er ging. Automatisch duckte er sich unter einen Steinbogen, den er nie gesehen hatte. Er tastete in der Dunkelheit nach einem federigen Gewebe, zog es herunter und stülpte die Federkapuze über seinen Kopf. Erst fühlte er sich zurückfallen, dann stieg er und glitt auf Federschwingen hinaus in die Weite. Die Dunkelheit wurde dünner und löste sich auf. Licht hüllte ihn ein. Gewichtslos, von seinem Federkleid in die Luft gehoben, schwebte er hinaus und durch den plötzlichen Glanz des Sonnenaufgangs.
Er hatte sich schnell an das Vogelkleid gewöhnt und hielt sich nur mit einer Schwinge im Gleichgewicht. Er blickte nach unten.
Es waren seltsame Farben, flache und erhabene, verzerrte Umrisse. Er sah sie nicht mit seinen Menschenaugen. Weit unter ihm drängten sich Männer in dunklen Kleidern um einen Turm. Pfeile schwirrten, Männer schrien. Ein Mann stürzte mit schrillem Schrei von einer Mauer. Er schlug heftig mit den Flügeln, um sich dann nach unten gleiten zu lassen…
Er stand auf festem Boden und wischte sich den Angstschweiß von der Stirn. Er war Dan Barron und stand hier. Er flog nicht über eine spukhaft sich hebende und senkende Landschaft, und er kämpfte nicht gegen den beißenden Wind. Aber dann starrte er seine Finger an und schob einen in den Mund. Er war gefühllos vor Kälte. Der Stein war kalt gewesen.
Also war es wieder geschehen. Es war so verdammt wirklich. Seine Augen tränten noch vom scharfen Wind. Guter Gott, dachte er fröstelnd. Hat mir da jemand halluzinogene Drogen verpaßt? Warum sollte das jemand tun? Feinde hatte er nicht. Auch keine richtigen Freunde. Er tat seine Arbeit, kümmerte sich um seine Angelegenheiten, und niemand beneidete ihn um seine spärlichen Besitztümer oder um den schlechtbezahlten Job.
Es gab nur eine Erklärung: Er mußte wahnsinnig sein, einer Psychose unterliegen. In diesem spukhaften Traum - oder war es eine Halluzination? - hatte er die darkovanische Sprache gesprochen, einen harten Bergdialekt, den er wohl verstand, von dem er aber nur die paar Worte sagen konnte, die für die Bestellung einer Mahlzeit oder den Kauf eines Kinkerlitzchens in der Handelsstadt ausreichten. Wieder wischte er über sein Gesicht. Er stand nun vor dem Büro des Koordinators, aber er mußte erst wieder zu Atem kommen und seine fünf Sinne sammeln. Fünfmal war es bisher geschehen. Die ersten dreimal waren es ungewöhnlich lebhafte Tagträume gewesen, geboren aus Langeweile und einem Kater, der von einem seiner seltenen, jedoch recht interessanten Ausflüge in die Altstadt stammte. Er hatte sie mit einem Achselzucken abgetan, obwohl das Gefühl von Furcht und Haß aus diesen Träumen in die Realität hinübergeglitten war. Der vierte Traum hätte dann fast diese Katastrophe mit dem Raumschiff ausgelöst. Barron hatte wenig Phantasie, und so glaubte er an einen Nervenzusammenbruch. Oder jemand könnte sich den schlechten
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