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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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Karten, wenn du sie schreibst.«
    »Willst du erst duschen?«
    »Geh du nur.«
    »Massierst du mir den Rücken?«
    »Nachher. Lass mir ein trockenes Handtuch übrig.«
    Nur die Nachttischlampe brannte. Ihr seidener Schirm verbreitete ein rosiges Licht. Delaney beobachtete das wechselnde Spiel des Lichtes auf den Armen und dem Rücken seiner Frau, während sie unbeirrt ihre hundert Striche mit der Haarbürste vollführte. Sie war eine stattliche Person und versuchte nicht, das zu verbergen: Schultern und Hüften ausladend, die Brüste voll, die Taille keineswegs wespenhaft. Die muskulösen Beine endeten in schlanken Fesseln. Alles in allem wirkte sie warm und verlässlich, und das war Delaney gerade recht. Nicht zum ersten Mal empfand er, dass er mit seinen beiden Ehen das große Los gezogen hatte. Erst Barbara, nun Monica — wirklich, er hatte Glück gehabt.
    Sie legte den Morgenmantel um die Schultern, ging zur Tür des Badezimmers und warf ihm einen Blick über die Schulter zu. Als er hörte, dass sie die Dusche anstellte, begann auch er, sich langsam auszukleiden. Er schnürte die Stiefel auf, streifte die weißen Baumwollsocken ab. Dann löste er die goldene Uhrkette, die seinem Großvater gehört hatte, von der Weste. Die Uhr selbst stammte von seinem Vater und war vor etwa fünfzig Jahren stehengeblieben. Delaney dachte gar nicht daran, sie reparieren zu lassen.
    Dann entledigte er sich des Anzugs aus solidem Cheviot, des weißen Hemdes mit dem gestärkten Kragen. Sein Schlips war von einem stumpfen Rot, das an farbige Kirchenfenster erinnerte. Im Unterhemd und seinen großzügig geschnittenen Boxershorts stapfte er gemächlich im Schlafzimmer umher und hängte alles sorgfältig weg.
    Monica nannte ihn gelegentlich »Mein Mammut«, und das war wohl nicht ganz verkehrt. Über den Bauchmuskeln hatte er Fett angesetzt, das war nicht zu leugnen, aber die Beine waren noch gut in Form, Schultern und Arme steckten voller Kraft und hätten ihm jederzeit erlaubt — wäre es notwendig —, sogar einen tödlichen Schlag zu führen.
    Er haderte nicht mit dem Alter. Auf seinen Verstand wirkte es sich jedenfalls nicht nachteilig aus, der war beweglich wie eh und je, eher noch schärfer. Dafür sorgten Erfahrung und ständiges Training. Der Körper hingegen, das war unbestreitbar, verfiel. Aber warum der Zeit nachweinen, da er als junger Streifenpolizist mühelos Feuerleitern erklettert und Lüftungsschächte übersprungen hatte, in Raufereien mit Kriminellen Sieger geblieben war?
    Das Gesicht wirkte nun härter, wie mit stumpfem Beil aus einem Holzklotz herausgehackt, die Poren vergrößert, voller Falten und Runzeln. Doch das ›en brosse‹ geschnittene eisengraue Haar war noch voll, und sein Hausarzt versicherte ihm einmal jährlich, dass die alte Pumpe unermüdlich weitermache.
    Monica kam aus dem Bad, setzte sich im Morgenrock auf die Bettkante und kremte ihr Gesicht ein. Nun ging er ins Bad und berührte im Vorübergehen ihre Schulter mit einem Finger. Nichts als ein winziges Streicheln.
    Er trödelte nicht herum, unterließ es aber nicht, die Haare zu waschen, stieg in seinen altmodischen Schlafanzug, verknotete das Band um den Bauch und knöpfte die bequeme Jacke zu. Monica war bereits im Bett, als er zurückkam, sie hatte ein Kissen im Rücken und saß aufrecht. Neben ihr auf dem Nachttisch stand eine Flasche Remy Martin, aus der sie für ihn und für sich einen Cognac in kleine Kristallgläser füllte.
    »Glänzender Einfall«, lobte er.
    »Du riechst gut.«
    »Bloß nach Seife.«
    Er stellte den Thermostat herunter und öffnete das Fenster einen Spalt weit. Dann kroch auch er ins Bett und setzte sich aufrecht, wie sie.
    »Nun erzähl mal«, verlangte sie.
    »Was soll ich erzählen?« Er riss in gespieltem Erstaunen die Augen auf.
    »Tu nicht so, du Lump. Du weißt genau, was ich meine. Was wollte Ivar von dir?«
    Er berichtete, und sie hörte aufmerksam zu.
    »Ich habe Ivar viel zu verdanken«, Schloss er.
    »Er dir aber auch.«
    »Ach was, wozu eine Rechnung aufmachen? Wir sind Freunde.«
    »Diese Diane Ellerbee, ich meine die Frau von dem Mann, der ermordet wurde, die kenne ich.«
    Er war baff. »Was denn? Du kennst sie?«
    »Na ja, kennen ist vielleicht zu viel gesagt, aber sie hat mal vor einer unserer Frauengruppen einen Vortrag gehalten. Und zwar darüber, dass junge Mädchen sich zu Pferden hingezogen fühlen.«
    »Zu Pferden?«
    »Das ist kein Witz, Edward. Junge Mädchen haben wirklich was für Pferde
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