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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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übrig. Sie reiten nicht nur gern, sie pflegen die Tiere auch gern.«
    »Und welche Erklärung hatte Mrs. Ellerbee dafür?«
    »Wenn du willst, suche ich meine Notizen raus. Soweit ich mich erinnere, kam sehr oft Freud vor und auch sonst noch dies und das.«
    »Mach dir nicht die Mühe. Aber sag mal, was für einen Eindruck hattest du von ihr?«
    »Sehr gescheit, eine gute Rednerin. Außerdem eine Schönheit.«
    »Das meint Ivar auch.«
    Sie schwiegen ein Weilchen und nuckelten an ihren Gläsern.
    »Tust du Ivar den Gefallen?« fragte sie dann.
    »Tja, zunächst mal muss ich mit Suarez sprechen. Falls wir gut miteinander auskommen, und falls es sich machen lässt, dass ich so was Ähnliches wie eine beratende Funktion bekomme, dann wohl. Es könnte interessant sein, meinst du nicht?«
    Sie wandte sich ihm zu. »Sag mal, Edward, würden Ivar und das Präsidium sich auch so große Mühe geben, wenn es sich bei dem Ermordeten um einen Niemand handelte?«
    »Wohl kaum«, gestand er. »Das Opfer ist in diesem Fall ein wohlhabender, gesellschaftlich prominenter Weißer, seine Witwe gibt keine Ruhe, und sein Schwiegervater — ein sehr einflussreicher Millionär — schreit Zeter und Mordio. Deshalb mobilisiert die Behörde alle Kräfte.«
    »Und findest du das richtig?«
    Er erklärte ihr geduldig: »Angenommen, ein Junkie, voll bis obenhin, wird ermordet auf einem Schutthaufen gefunden. Er ist polizeibekannt, weil er schon eine Menge Vorstrafen hat, dazu verdächtigt man ihn, an Raubüberfällen, Vergewaltigungen und ähnlichem Zeitvertreib beteiligt gewesen zu sein. Soll die Behörde dann große Anstrengungen machen, seinen Mörder zu finden? Also komm! Sie ist froh und dankbar, dass er die Straßen nicht mehr unsicher macht.«
    »Tja…, das ist wohl so…, aber richtig finde ich es trotzdem nicht, dass ihr euch bloß um die Reichen kümmert.«
    »Willst du die Welt verändern? Das ist doch immer schon so gewesen, und das bleibt auch so. Im Übrigen, mal abgesehen von arm und reich, du meinst, alle Menschen sind gleich, und das sind sie ja möglicherweise auch — vor Gott. Aber du musst bedenken, dass es Menschen gibt, die sich bemühen, ein anständiges Leben zu führen, und andererseits solche, die alles andere tun als das. Für die Polizei, die ja mit beschränkten Geldern und einem festgelegten Personalbestand auskommen muss, gibt es da gar keine Frage. Dass die lieber die Engel schützt als die Teufel, das sollte dir doch einleuchten.«
    »Ich weiß nicht, ich weiß nicht, das klingt irgendwie elitär… Woher willst du außerdem wissen, dass dieser Ellerbee zu den Engeln gehört hat?«
    »Das weiß ich selbstverständlich nicht, nur klingt es vorerst mal danach.«
    »Gib zu, dass du jetzt schon ganz wild darauf bist, den Fall zu übernehmen.«
    »Mmm — es wäre mal was anderes«, tat er lässig.
    »Ich wüsste auch was anderes«, gurrte sie undklapperte mit den Augendeckeln.
    »Von mir aus jederzeit.«

3
    Das schmalbrüstige Reihenhaus in der 84. Straße zwischen der York Avenue und der East End Avenue war gemeinsames Eigentum von Diane und Simon Ellerbee. 1976 hatten sie es erworben und mehr als 100000 Dollar in die Renovierung gesteckt, vor allem die wunderbare hölzerne Treppe von unzähligen Farbanstrichen befreien und die Stockwerke gänzlich umgestalten lassen. Es gab hier jetzt vier abgeschlossene Wohnungen.
    Das Erdgeschoß, zu dem vom Bürgersteig drei Stufen führten, nahm die Galerie Piedmont ein, die frühe amerikanische Töpfer-, Web- und ähnliche Arbeiten ausstellte. Profitabel war dieses Unternehmen gewiss nicht, doch die beiden altjüngferlichen Inhaberinnen betrieben es wohl mehr zu ihrem Spaß, waren jedenfalls finanziell unabhängig und auf Gewinn nicht angewiesen.
    Im ersten Stock befand sich die Praxis von Dr. Diane Ellerbee, die ihres Mannes im zweiten. Im ersten Stock gab es überdies Wohn-, Speisezimmer und Küche, zwei Schlafzimmer im Stockwerk darüber und auch einen kleinen Salon. Jedes Stockwerk hatte zwei Badezimmer. Die Praxisräume im ersten und zweiten Stock waren nahezu identisch: ein kleines Empfangszimmer für die Sprechstundenhilfe, anschließend ein großes Sprechzimmer für den Therapeuten. Die Sprechzimmer waren ihrerseits durch eine Gegensprechanlage miteinander verbunden. Das dritte Stockwerk, das oberste also, diente einem Filmproduzenten als ›pied-à-terre‹, der normalerweise in Kalifornien wohnte und es nur selten benutzte.
    Abgesehen von diesem Stadthaus besaß
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