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Die vierte Todsuende

Die vierte Todsuende

Titel: Die vierte Todsuende
Autoren: Lawrence Sanders
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werden.«
    »Freut mich zu hören. Ich mag ihn gut leiden. Ich wünsche Ihnen ein gutes Neues Jahr, Ivar.«
    »Ihnen und Monica auch. Geben Sie ihr einen Kuss von mir. Ihre Kiste Whisky trudelt demnächst ein, aber das ist längst kein Äquivalent für den Dank, den ich Ihnen schulde.«
    »Dann schicken Sie eben zwei!« schlug Delaney vor.
    Einer Eingebung folgend, rief er bei Doktor Samuelson an. Der war nicht in seiner Praxis. Im Gedanken, Samuelson könnte sich noch um Diane Ellerbee bemühen, rief er dort an, entschlossen, sogleich aufzulegen, sollte sie selbst sich melden, doch war der Anschluss besetzt. Er versuchte es mehrmals, kam aber nicht durch. Womöglich hatte sie den Hörer abgenommen. Aber endlich hatte er doch Glück.
    »Ja? Wer spricht?« hörte er die bekannt quiekende Stimme.
    »Doktor Samuelson? Hier Delaney.«
    »Ach.«
    »Wie geht es Mrs. Ellerbee?«
    »Im Moment schläft sie. Ich habe ihr was gegeben. Das alles hat sie total vernichtet.«
    »Kann ich mir vorstellen, Doktor. Eines möchte ich Sie noch fragen. Sie dürfen mich zum Teufel wünschen, wenn Sie nicht antworten wollen: Wussten Sie, was sie getan hat?«
    »Scheren Sie sich zum Teufel«, quiekte der kleine Mann und legte auf.
    Die vier Delaneys nahmen ein aus Resten bestehendes Abendbrot ein, dekorierten das Wohnzimmer und rollten den Teppich auf. Dann wachsten und bohnerten Sie den Fußboden und bereiteten den mitternächtlichen Imbiss vor. Anschließend gingen sie hinauf, sich umzukleiden.
    »Das Luder hat mich ziemlich drangekriegt«, bemerkte Delaney vor dem Badezimmerspiegel, »rasieren ist die reinste Qual.«
    »Soll ich dir das Gesicht verpflastern?«
    »Nein, an der Luft heilen die Kratzer am schnellsten. Hast du den Mädchen erklärt, weshalb ich so aussehe?«
    »Bloß, dass du bei der Festnahme eines Handtaschendiebes geholfen hast. Damit gaben sie sich zufrieden.«
    »Wann kommt die Jugend?«
    » Gegen neun wollten sie da sein.«
    »Was ziehst du an?«
    »Was würde dir denn gefallen, Edward?« fragte sie kokett.
    »Das kurze Schwarze mit dem bloßen Rücken«, sagte er prompt, »darin siehst du aus wie ein modischer Springinsfeld aus den zwanziger Jahren.«
    »Nun, dann ziehe ich es an, mein armer verwundeter Held.« Sie strich zärtlich über seine Wange.
    Während sie sich ankleideten, fragte sie, ohne ihn anzusehen: »Du bist deiner Sache absolut sicher, Edward, sie war es?«
    »Absolut sicher. Du hast Zweifel?«
    »Es ist doch schwer zu glauben - eine so schöne, so gescheite Person.«
    »Loeb und Leopold waren Genies. Intelligenz schließt Töten wollen nicht aus.«
    »Wenn sie wirklich schuldig ist, wie du behauptest, dann verstehe ich nicht, weshalb sie nicht vor Gericht kommt.«
    »Das Gericht verlangt dafür mehr Beweise, als wir haben«, sagte er knapp. »Aber bezahlen wird sie.«
    »Und das findest du genug?«
    »Es ist ein Kompromiss. Ich gebe dir recht — eine lange Gefängnisstrafe wäre angemessener. Aber weil das ausgeschlossen ist, habe ich getan, was in dieser Situation möglich ist. Jeder muss Kompromisse machen, so oder so. Wer bekommt schon, was er sich erträumt? Wir gehen durchs Leben, hoffen das Beste und wissen doch, dass wir uns bescheiden müssen. Schön ist das nicht, aber so geht es nun mal. Ich denke gern, das Plus überwiegt das Minus, so wie hier heute Abend. Du siehst hinreißend aus.«
    Peter und Jeffrey erschienen pünktlich und brachten eine Flasche ›Dom Perignon‹ mit, die nach allgemeiner Ansicht erst Schlag Mitternacht geöffnet werden sollte. Bis dahin gab es Delaneys ›Korbel brut‹, und damit kam die Party rasch in Schwung.
    Delaney allerdings ließ sich erst nach dem dritten Glas Champagner dazu erweichen, mit seiner Gattin und den Stieftöchtern zu tanzen. Er rutsche vorsichtig über den glatten Fußboden, anmutig wie ein Gorilla auf Stelzen, aber nach je einem Tanz durfte - Durfte? Musste! — er sich ausruhen, zusehen und für neue Getränke sorgen.
    Um 23 Uhr 30 wurde die Tanzerei vorübergehend unterbrochen, und sie genossen das Mitternachtssouper: Kaviarbrötchen mit gehackten Zwiebeln und hartgekochten Eiern, saurer Sahne, Kapern, Zitrone — alles gefällig auf Salatblättern angerichtet.
    Monica und Delaney balancierten die Teller auf den Knien, die jungen Leute hingegen ließen sich auf dem Fußboden nieder. Im Fernsehen wurde das mörderische Gedränge auf dem Times Square übertragen.
    Um zehn vor zwölf klingelte das Telefon. Delaneys sahen einander fragend an.
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